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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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wo die meisten und schwersten Lasten mit größter Schnelligkeit befördert werden sollen. Deshalb sieht man Eisenbahnen zuerst dort entstehen, wo Baumaterial und Bergwerksprodukte in großen Massen Beförderung verlangen. In England finden wir die ersten Anfänge des dortigen Eisenbahnnetzes in den Kohlendistrikten; in Deutschland (freilich noch als Pferdebahnen) in den Kohlengebieten der Ruhr- und Saargegend; in Österreich dient die erste Pferdebahn (Gmunden-Budweis) dem Salztransport. Seit aber die Lokomotive sich für rasche Beförderung geeignet zeigte, entstehen Bahnlinien auch zwischen nahe gelegenen belebten Städten für den Personenverkehr. So die ersten europäischen Personenbahnen: Liverpool-Manchester, Leipzig-Dresden, Berlin-Postdam, Nürnberg-Fürth, Paris-St. Germain. In dieser ersten Zeit spannen sich die Bahnlinien von Stadt zu Stadt, allenfalls vom Mittelpunkt eines Landes zur Hauptstadt des Nachbarlandes; aber auch mit vielfachen Krümmungen und Umwegen, um die dazwischen liegenden mittleren und kleinen Städte zu berücksichtigen. Mit der Entstehung der ersten Knotenpunkte zeigen sich auch die Anfänge von Eisenbahnnetzen. Aber lange Jahre begnügte man sich bloß mit der Ausfüllung der auffallendsten Lücken dieser Netze, ehe man daran ging, die großen Weltverkehrslinien zu bauen, die ohne Rücksicht auf die Nachbarschaft von Mittelstädten in möglichst geraden Linien die Zentralpunkte des Weltverkehrs zu berühren streben. Besonders wichtig sind die transkontinentalen Linien, die zwei Meere durch Ländermassen hindurch verbinden (z. B. die Sibirische Bahn, die Transandinische Bahn, die Pacific-Bahnen u. s. w.).

Literatur: Wiß, Das Ges. der Bevölkerung und die Eisenbahnen. Berlin 1867. - Neumann, Das Verkehrswesen der Welt. Wien 1869. - R. Andree, Handels- und Verkehrsgeographie. 1871. - Haushofer, Eisenbahngeographie. Stuttgart 1875. - K. Andree, Geographie des Welthandels. 1877. - v. Südenhorst, Die Eisenbahnverbindungen Zentraleuropas mit dem Orient. Wien 1878. - Neumann-Spallart, Übersichten der Weltwirtschaft. Berlin 1887. - Behm, Die Verkehrsmittel (19. Ergänzungsheft zu Petermanns Mitteilungen). Sehr wertvolles Material enthalten ferner die Eisenbahnkursbücher.


Eisenbahngerichtsstand (jurisdiction of railways; jurisdiction des chemins de fer). Ein besonderer Gerichtsstand für Streite in Eisenbahnangelegenheiten ist in der Regel nicht vorgesehen, vielmehr sind die Eisenbahnen als Kläger und Geklagte jenen Gerichten unterworfen, die nach den allgemeinen Gesetzen über Gerichtsstand vermöge der Person der Parteien oder des Streitgegenstandes zuständig sind; ausschließlich für Eisenbahnangelegenheiten bestehen, wenn man von ständigen Eisenbahnschiedsgerichten (s. d.) absieht, nur die als eine Art von Friedensgericht fungierende Railway and Canal Commission in England, sowie die Interstate Commerce Commission in den Vereinigten Staaten von Amerika, von denen die erstere über Verlangen einer Partei auch da fungieren soll, wo nicht ein anderes Schiedsgericht für Streitigkeiten zwischen Eisenbahngesellschaften vorgesehen ist.

Eisenbahnen sind, soweit nicht im einzelnen Falle ein besonderer Gerichtsstand (so jener der unbeweglichen Sache) zur Anwendung kommt, im allgemeinen bei dem Gerichte des Wohnsitzes zu belangen; als solcher gilt der Sitz der Verwaltung, und bei Staatsbahnen jener Ort, wo die zur Prozeßführung legitimierte Behörde ihren Sitz hat.

Der Umfang der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in Eisenbahnsachen richtet sich gewöhnlich nach den allgemeinen Gesetzen, doch kommt es auch vor, daß die Zuständigkeit gegenüber diesen Gesetzen beschränkt und die bezügliche Entscheidung den Verwaltungsbehörden überwiesen wird (s. beispielsweise § 13 des österr. Eisenbahnkonzessionsgesetzes vom Jahre 1854, ferner die seither aufgehobenen §§ 6 und 22 des preuß. Eisenbahngesetzes vom Jahre 1838).

Auch insoferne tritt eine Beschränkung der Gerichtsbarkeit der ordentlichen Gerichte in Eisenbahnsachen ein, als vielfach die Austragung von Rechtsstreitigkeiten mit Eisenbahnen gesetz- oder vertragsmäßig durch Schiedsgerichte vorgesehen ist (s. Eisenbahnschiedsgerichte).

Im außerstreitigen Verfahren obliegt den Gerichten insbesondere die Schätzung in Enteignungssachen, ferner die Führung des Eisenbahnbuches (s. Enteignung und Eisenbahnbücher).

Soweit Verwaltungsgerichte in einzelnen Staaten eingeführt sind, denen die Entscheidung in Verwaltungssachen, daher über Beschwerden gegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden zukommt, üben selbstverständlich auch diese eine, und zwar gewöhnlich sehr fruchtbare Tätigkeit in Eisenbahnsachen aus (Baurecht, Enteignung, Wege- und Wasserrecht u. s. w.).

In Deutschland gehören Streitsachen, bei denen eine Eisenbahn Prozeßpartei ist, soweit nicht durch die Reichs- oder Landesgesetzgebung die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist, vor die ordentlichen Gerichte (in erster Linie Amtsgerichte für Streitigkeiten bis zu 600 M., für sonstige Streitsachen die Zivil- bzw.

wo die meisten und schwersten Lasten mit größter Schnelligkeit befördert werden sollen. Deshalb sieht man Eisenbahnen zuerst dort entstehen, wo Baumaterial und Bergwerksprodukte in großen Massen Beförderung verlangen. In England finden wir die ersten Anfänge des dortigen Eisenbahnnetzes in den Kohlendistrikten; in Deutschland (freilich noch als Pferdebahnen) in den Kohlengebieten der Ruhr- und Saargegend; in Österreich dient die erste Pferdebahn (Gmunden-Budweis) dem Salztransport. Seit aber die Lokomotive sich für rasche Beförderung geeignet zeigte, entstehen Bahnlinien auch zwischen nahe gelegenen belebten Städten für den Personenverkehr. So die ersten europäischen Personenbahnen: Liverpool-Manchester, Leipzig-Dresden, Berlin-Postdam, Nürnberg-Fürth, Paris-St. Germain. In dieser ersten Zeit spannen sich die Bahnlinien von Stadt zu Stadt, allenfalls vom Mittelpunkt eines Landes zur Hauptstadt des Nachbarlandes; aber auch mit vielfachen Krümmungen und Umwegen, um die dazwischen liegenden mittleren und kleinen Städte zu berücksichtigen. Mit der Entstehung der ersten Knotenpunkte zeigen sich auch die Anfänge von Eisenbahnnetzen. Aber lange Jahre begnügte man sich bloß mit der Ausfüllung der auffallendsten Lücken dieser Netze, ehe man daran ging, die großen Weltverkehrslinien zu bauen, die ohne Rücksicht auf die Nachbarschaft von Mittelstädten in möglichst geraden Linien die Zentralpunkte des Weltverkehrs zu berühren streben. Besonders wichtig sind die transkontinentalen Linien, die zwei Meere durch Ländermassen hindurch verbinden (z. B. die Sibirische Bahn, die Transandinische Bahn, die Pacific-Bahnen u. s. w.).

Literatur: Wiß, Das Ges. der Bevölkerung und die Eisenbahnen. Berlin 1867. – Neumann, Das Verkehrswesen der Welt. Wien 1869. – R. Andree, Handels- und Verkehrsgeographie. 1871. – Haushofer, Eisenbahngeographie. Stuttgart 1875. – K. Andree, Geographie des Welthandels. 1877. – v. Südenhorst, Die Eisenbahnverbindungen Zentraleuropas mit dem Orient. Wien 1878. – Neumann-Spallart, Übersichten der Weltwirtschaft. Berlin 1887. – Behm, Die Verkehrsmittel (19. Ergänzungsheft zu Petermanns Mitteilungen). Sehr wertvolles Material enthalten ferner die Eisenbahnkursbücher.


Eisenbahngerichtsstand (jurisdiction of railways; jurisdiction des chemins de fer). Ein besonderer Gerichtsstand für Streite in Eisenbahnangelegenheiten ist in der Regel nicht vorgesehen, vielmehr sind die Eisenbahnen als Kläger und Geklagte jenen Gerichten unterworfen, die nach den allgemeinen Gesetzen über Gerichtsstand vermöge der Person der Parteien oder des Streitgegenstandes zuständig sind; ausschließlich für Eisenbahnangelegenheiten bestehen, wenn man von ständigen Eisenbahnschiedsgerichten (s. d.) absieht, nur die als eine Art von Friedensgericht fungierende Railway and Canal Commission in England, sowie die Interstate Commerce Commission in den Vereinigten Staaten von Amerika, von denen die erstere über Verlangen einer Partei auch da fungieren soll, wo nicht ein anderes Schiedsgericht für Streitigkeiten zwischen Eisenbahngesellschaften vorgesehen ist.

Eisenbahnen sind, soweit nicht im einzelnen Falle ein besonderer Gerichtsstand (so jener der unbeweglichen Sache) zur Anwendung kommt, im allgemeinen bei dem Gerichte des Wohnsitzes zu belangen; als solcher gilt der Sitz der Verwaltung, und bei Staatsbahnen jener Ort, wo die zur Prozeßführung legitimierte Behörde ihren Sitz hat.

Der Umfang der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in Eisenbahnsachen richtet sich gewöhnlich nach den allgemeinen Gesetzen, doch kommt es auch vor, daß die Zuständigkeit gegenüber diesen Gesetzen beschränkt und die bezügliche Entscheidung den Verwaltungsbehörden überwiesen wird (s. beispielsweise § 13 des österr. Eisenbahnkonzessionsgesetzes vom Jahre 1854, ferner die seither aufgehobenen §§ 6 und 22 des preuß. Eisenbahngesetzes vom Jahre 1838).

Auch insoferne tritt eine Beschränkung der Gerichtsbarkeit der ordentlichen Gerichte in Eisenbahnsachen ein, als vielfach die Austragung von Rechtsstreitigkeiten mit Eisenbahnen gesetz- oder vertragsmäßig durch Schiedsgerichte vorgesehen ist (s. Eisenbahnschiedsgerichte).

Im außerstreitigen Verfahren obliegt den Gerichten insbesondere die Schätzung in Enteignungssachen, ferner die Führung des Eisenbahnbuches (s. Enteignung und Eisenbahnbücher).

Soweit Verwaltungsgerichte in einzelnen Staaten eingeführt sind, denen die Entscheidung in Verwaltungssachen, daher über Beschwerden gegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden zukommt, üben selbstverständlich auch diese eine, und zwar gewöhnlich sehr fruchtbare Tätigkeit in Eisenbahnsachen aus (Baurecht, Enteignung, Wege- und Wasserrecht u. s. w.).

In Deutschland gehören Streitsachen, bei denen eine Eisenbahn Prozeßpartei ist, soweit nicht durch die Reichs- oder Landesgesetzgebung die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist, vor die ordentlichen Gerichte (in erster Linie Amtsgerichte für Streitigkeiten bis zu 600 M., für sonstige Streitsachen die Zivil- bzw.

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In dieser ersten Zeit spannen sich die Bahnlinien von Stadt zu Stadt, allenfalls vom Mittelpunkt eines Landes zur Hauptstadt des Nachbarlandes; aber auch mit vielfachen Krümmungen und Umwegen, um die dazwischen liegenden mittleren und kleinen Städte zu berücksichtigen. Mit der Entstehung der ersten Knotenpunkte zeigen sich auch die Anfänge von Eisenbahnnetzen. Aber lange Jahre begnügte man sich bloß mit der Ausfüllung der auffallendsten Lücken dieser Netze, ehe man daran ging, die großen Weltverkehrslinien zu bauen, die ohne Rücksicht auf die Nachbarschaft von Mittelstädten in möglichst geraden Linien die Zentralpunkte des Weltverkehrs zu berühren streben. Besonders wichtig sind die transkontinentalen Linien, die zwei Meere durch Ländermassen hindurch verbinden (z. B. die Sibirische Bahn, die Transandinische Bahn, die Pacific-Bahnen u. s. w.). Literatur: Wiß, Das Ges. der Bevölkerung und die Eisenbahnen. Berlin 1867. – Neumann, Das Verkehrswesen der Welt. Wien 1869. – R. Andree, Handels- und Verkehrsgeographie. 1871. – Haushofer, Eisenbahngeographie. Stuttgart 1875. – K. Andree, Geographie des Welthandels. 1877. – v. Südenhorst, Die Eisenbahnverbindungen Zentraleuropas mit dem Orient. Wien 1878. – Neumann-Spallart, Übersichten der Weltwirtschaft. Berlin 1887. – Behm, Die Verkehrsmittel (19. Ergänzungsheft zu Petermanns Mitteilungen). Sehr wertvolles Material enthalten ferner die Eisenbahnkursbücher. Eisenbahngerichtsstand (jurisdiction of railways; jurisdiction des chemins de fer). Ein besonderer Gerichtsstand für Streite in Eisenbahnangelegenheiten ist in der Regel nicht vorgesehen, vielmehr sind die Eisenbahnen als Kläger und Geklagte jenen Gerichten unterworfen, die nach den allgemeinen Gesetzen über Gerichtsstand vermöge der Person der Parteien oder des Streitgegenstandes zuständig sind; ausschließlich für Eisenbahnangelegenheiten bestehen, wenn man von ständigen Eisenbahnschiedsgerichten (s. d.) absieht, nur die als eine Art von Friedensgericht fungierende Railway and Canal Commission in England, sowie die Interstate Commerce Commission in den Vereinigten Staaten von Amerika, von denen die erstere über Verlangen einer Partei auch da fungieren soll, wo nicht ein anderes Schiedsgericht für Streitigkeiten zwischen Eisenbahngesellschaften vorgesehen ist. Eisenbahnen sind, soweit nicht im einzelnen Falle ein besonderer Gerichtsstand (so jener der unbeweglichen Sache) zur Anwendung kommt, im allgemeinen bei dem Gerichte des Wohnsitzes zu belangen; als solcher gilt der Sitz der Verwaltung, und bei Staatsbahnen jener Ort, wo die zur Prozeßführung legitimierte Behörde ihren Sitz hat. Der Umfang der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in Eisenbahnsachen richtet sich gewöhnlich nach den allgemeinen Gesetzen, doch kommt es auch vor, daß die Zuständigkeit gegenüber diesen Gesetzen beschränkt und die bezügliche Entscheidung den Verwaltungsbehörden überwiesen wird (s. beispielsweise § 13 des österr. Eisenbahnkonzessionsgesetzes vom Jahre 1854, ferner die seither aufgehobenen §§ 6 und 22 des preuß. Eisenbahngesetzes vom Jahre 1838). Auch insoferne tritt eine Beschränkung der Gerichtsbarkeit der ordentlichen Gerichte in Eisenbahnsachen ein, als vielfach die Austragung von Rechtsstreitigkeiten mit Eisenbahnen gesetz- oder vertragsmäßig durch Schiedsgerichte vorgesehen ist (s. Eisenbahnschiedsgerichte). Im außerstreitigen Verfahren obliegt den Gerichten insbesondere die Schätzung in Enteignungssachen, ferner die Führung des Eisenbahnbuches (s. Enteignung und Eisenbahnbücher). Soweit Verwaltungsgerichte in einzelnen Staaten eingeführt sind, denen die Entscheidung in Verwaltungssachen, daher über Beschwerden gegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden zukommt, üben selbstverständlich auch diese eine, und zwar gewöhnlich sehr fruchtbare Tätigkeit in Eisenbahnsachen aus (Baurecht, Enteignung, Wege- und Wasserrecht u. s. w.). In Deutschland gehören Streitsachen, bei denen eine Eisenbahn Prozeßpartei ist, soweit nicht durch die Reichs- oder Landesgesetzgebung die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist, vor die ordentlichen Gerichte (in erster Linie Amtsgerichte für Streitigkeiten bis zu 600 M., für sonstige Streitsachen die Zivil- bzw.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/69>, abgerufen am 28.11.2024.