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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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Stößt ein Bahnsteig unmittelbar an das E. und soll er überdacht werden, so werden die an den Bahnsteig angrenzenden Räume verdunkelt, selbst wenn man Oberlichter einlegt oder Gleise und E. durch eine gemeinsame hohe Bahnsteighalle überdacht. Es empfiehlt sich daher zwischen dem E. und dem zunächst gelegenen Bahnsteig oder der Bahnsteighalle einen offenen Hofraum herzustellen, besonders bei Hochlage der Gleise, weil die den Bahnkörper begrenzende Futtermauer andernfalls den Erdgeschoßräumen das Licht vollständig entzieht, und weil bei unmittelbarem Anbau des E. an den Bahnkörper die Erschütterungen auch auf das Gebäude übertragen werden.

4. Grundsätzliche Anforderungen an die Grundrißgestaltung.

Bei der Grundrißgestaltung, d. h. der gegenseitigen Anordnung der Räume ist besonders Rücksicht auf die Hast und Unruhe des Reisenden zu nehmen. Er soll sich in dem Bahnhof zurechtfinden, ohne erst eine Reihe von Schildern zu lesen, oder die Bahnbeamten zu fragen. Wichtig sind daher geradlinige Wege. Rechtwinklige Ablenkungen von der zuerst eingeschlagenen Richtung oder gar eine vollständige Umkehrung der Wegerichtung sind zu vermeiden. Der Abreisende muß die Räume, deren er bedarf, gleich beim Eintritt in das Gebäude mit einem Blick überschauen können. Sie sind daher in der Reihenfolge anzuordnen, in der sie gebraucht werden. Kreuzung von Verkehrsströmen sind zu vermeiden, ebenso ein Gegenströmen. Aus diesem Grunde hat man vielfach eine Trennung von Zu- und Abgang durchgeführt. Hierbei wird im Deutschen Reich der Grundsatz "Rechts gehen!", in Österreich der Grundsatz "Links gehen!" befolgt. Die Wege innerhalb des E. und von ihm bis zum Zuge sollen kurz sein. Es ist von Wichtigkeit, daß der Reisende nach der Fahrkartenlösung und Gepäckaufgabe oder nach einem Aufenthalt im Wartesaal die Abfahrstelle des Zuges schnell erreicht. Der Ankommende soll auf kürzestem Wege auf den Vorplatz geführt werden ohne andere Räume durchschreiten zu müssen, als für seine Zwecke, namentlich zur Inempfangnahme des Gepäcks und zur Abgabe von Handgepäck notwendig sind. Es ist zwecklos Türen anzulegen, wo einfache Durchgänge genügen. Eine Benutzung der Wartesäle als Durchgang soll grundsätzlich vermieden werden, sowohl bei der Abfahrt wie bei der Ankunft.

Auch der Weg des Gepäcks von der Gepäckabfertigung zum Zuge soll kurz sein, damit nicht die Abfahrt der Züge durch spät aufgeliefertes Gepäck oder die Heranschaffung des Handgepäcks verzögert werde. Bei großen Anlagen sollte jede Kreuzung oder Berührung der Wege von Reisenden und Gepäckkarren vermieden werden.

5. Erweiterungsfähigkeit, Provisorien.

Der Eisenbahnverkehr wächst von Jahr zu Jahr. Im Deutschen Reiche betrug die durchschnittliche, jährliche Steigerung des Personenverkehrs in den letzten Jahren je etwa 5%, so daß in nicht ganz 20 Jahren eine Verdoppelung des Verkehrs zu erwarten ist. Eine solche macht nun zwar keine Verdoppelung der Größe des E. notwendig, immerhin aber eine Vergrößerung der Zahl oder der Abmessungen verschiedener Räume, wie Vermehrung der Fahrkartenschalter, der Durchgänge durch die Bahnsteigsperre u. s. w. Es wäre falsch, die E. von vorneherein für den künftigen Verkehr zu bemessen; denn einmal erfordern die vorläufig noch nicht gebrauchten Räume Unterhaltungkosten und Zinsaufwendungen, anderseits werden durch unnötige Größenbemessung die Wege der Reisenden verlängert. Auch kann man sich in dem künftigen Wachstum des Verkehrs irren. Überdies ist die Linie der Verkehrszunahme keine asymtotische, so daß man nicht weiß, wo man die Grenze für die Raumgrößen zu ziehen hat. Daher sollte man die E. (wie überhaupt die Bahnhofsanlagen) nur für das nächste Bedürfnis (etwa für 10 Jahre) bemessen, jedoch so gestalten, daß sie leicht erweitert werden können, ohne an dem Bestehenden erhebliche bauliche Änderungen treffen zu müssen, und ohne daß sich die stückweise Entstehung der Anlage in der baulichen Erscheinung ausprägt. Insbesondere ist es wichtig, eine Verlegung von Treppen beim Umbau zu vermeiden, da hierbei die Eingriffe in den baulichen Zustand zu erheblich werden.

Kann man in besonderen Fällen sich von dem Umfang des zu erwartenden Verkehrs im voraus kein Bild machen, so ist es zweckmäßig, ein vorläufiges Bauwerk (Provisorium) zu schaffen und erst, sobald Erfahrungen über den Umfang des Verkehrs vorliegen, die endgültige Anlage herzustellen. Vorübergehende Anlagen müssen auch bei Bahnhofsumbauten errichtet werden, wenn sich die endgültige Anlage nicht von vorneherein schaffen läßt, weil an ihrer Stelle noch Baulichkeiten liegen, die erst entfernt werden müssen.

6. Anforderungen an den Hochbau.

Wie bei jedem Hochbau soll sich auch bei dem E. der Zweck in der äußeren Erscheinung

Stößt ein Bahnsteig unmittelbar an das E. und soll er überdacht werden, so werden die an den Bahnsteig angrenzenden Räume verdunkelt, selbst wenn man Oberlichter einlegt oder Gleise und E. durch eine gemeinsame hohe Bahnsteighalle überdacht. Es empfiehlt sich daher zwischen dem E. und dem zunächst gelegenen Bahnsteig oder der Bahnsteighalle einen offenen Hofraum herzustellen, besonders bei Hochlage der Gleise, weil die den Bahnkörper begrenzende Futtermauer andernfalls den Erdgeschoßräumen das Licht vollständig entzieht, und weil bei unmittelbarem Anbau des E. an den Bahnkörper die Erschütterungen auch auf das Gebäude übertragen werden.

4. Grundsätzliche Anforderungen an die Grundrißgestaltung.

Bei der Grundrißgestaltung, d. h. der gegenseitigen Anordnung der Räume ist besonders Rücksicht auf die Hast und Unruhe des Reisenden zu nehmen. Er soll sich in dem Bahnhof zurechtfinden, ohne erst eine Reihe von Schildern zu lesen, oder die Bahnbeamten zu fragen. Wichtig sind daher geradlinige Wege. Rechtwinklige Ablenkungen von der zuerst eingeschlagenen Richtung oder gar eine vollständige Umkehrung der Wegerichtung sind zu vermeiden. Der Abreisende muß die Räume, deren er bedarf, gleich beim Eintritt in das Gebäude mit einem Blick überschauen können. Sie sind daher in der Reihenfolge anzuordnen, in der sie gebraucht werden. Kreuzung von Verkehrsströmen sind zu vermeiden, ebenso ein Gegenströmen. Aus diesem Grunde hat man vielfach eine Trennung von Zu- und Abgang durchgeführt. Hierbei wird im Deutschen Reich der Grundsatz „Rechts gehen!“, in Österreich der Grundsatz „Links gehen!“ befolgt. Die Wege innerhalb des E. und von ihm bis zum Zuge sollen kurz sein. Es ist von Wichtigkeit, daß der Reisende nach der Fahrkartenlösung und Gepäckaufgabe oder nach einem Aufenthalt im Wartesaal die Abfahrstelle des Zuges schnell erreicht. Der Ankommende soll auf kürzestem Wege auf den Vorplatz geführt werden ohne andere Räume durchschreiten zu müssen, als für seine Zwecke, namentlich zur Inempfangnahme des Gepäcks und zur Abgabe von Handgepäck notwendig sind. Es ist zwecklos Türen anzulegen, wo einfache Durchgänge genügen. Eine Benutzung der Wartesäle als Durchgang soll grundsätzlich vermieden werden, sowohl bei der Abfahrt wie bei der Ankunft.

Auch der Weg des Gepäcks von der Gepäckabfertigung zum Zuge soll kurz sein, damit nicht die Abfahrt der Züge durch spät aufgeliefertes Gepäck oder die Heranschaffung des Handgepäcks verzögert werde. Bei großen Anlagen sollte jede Kreuzung oder Berührung der Wege von Reisenden und Gepäckkarren vermieden werden.

5. Erweiterungsfähigkeit, Provisorien.

Der Eisenbahnverkehr wächst von Jahr zu Jahr. Im Deutschen Reiche betrug die durchschnittliche, jährliche Steigerung des Personenverkehrs in den letzten Jahren je etwa 5%, so daß in nicht ganz 20 Jahren eine Verdoppelung des Verkehrs zu erwarten ist. Eine solche macht nun zwar keine Verdoppelung der Größe des E. notwendig, immerhin aber eine Vergrößerung der Zahl oder der Abmessungen verschiedener Räume, wie Vermehrung der Fahrkartenschalter, der Durchgänge durch die Bahnsteigsperre u. s. w. Es wäre falsch, die E. von vorneherein für den künftigen Verkehr zu bemessen; denn einmal erfordern die vorläufig noch nicht gebrauchten Räume Unterhaltungkosten und Zinsaufwendungen, anderseits werden durch unnötige Größenbemessung die Wege der Reisenden verlängert. Auch kann man sich in dem künftigen Wachstum des Verkehrs irren. Überdies ist die Linie der Verkehrszunahme keine asymtotische, so daß man nicht weiß, wo man die Grenze für die Raumgrößen zu ziehen hat. Daher sollte man die E. (wie überhaupt die Bahnhofsanlagen) nur für das nächste Bedürfnis (etwa für 10 Jahre) bemessen, jedoch so gestalten, daß sie leicht erweitert werden können, ohne an dem Bestehenden erhebliche bauliche Änderungen treffen zu müssen, und ohne daß sich die stückweise Entstehung der Anlage in der baulichen Erscheinung ausprägt. Insbesondere ist es wichtig, eine Verlegung von Treppen beim Umbau zu vermeiden, da hierbei die Eingriffe in den baulichen Zustand zu erheblich werden.

Kann man in besonderen Fällen sich von dem Umfang des zu erwartenden Verkehrs im voraus kein Bild machen, so ist es zweckmäßig, ein vorläufiges Bauwerk (Provisorium) zu schaffen und erst, sobald Erfahrungen über den Umfang des Verkehrs vorliegen, die endgültige Anlage herzustellen. Vorübergehende Anlagen müssen auch bei Bahnhofsumbauten errichtet werden, wenn sich die endgültige Anlage nicht von vorneherein schaffen läßt, weil an ihrer Stelle noch Baulichkeiten liegen, die erst entfernt werden müssen.

6. Anforderungen an den Hochbau.

Wie bei jedem Hochbau soll sich auch bei dem E. der Zweck in der äußeren Erscheinung

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[302/0315] Stößt ein Bahnsteig unmittelbar an das E. und soll er überdacht werden, so werden die an den Bahnsteig angrenzenden Räume verdunkelt, selbst wenn man Oberlichter einlegt oder Gleise und E. durch eine gemeinsame hohe Bahnsteighalle überdacht. Es empfiehlt sich daher zwischen dem E. und dem zunächst gelegenen Bahnsteig oder der Bahnsteighalle einen offenen Hofraum herzustellen, besonders bei Hochlage der Gleise, weil die den Bahnkörper begrenzende Futtermauer andernfalls den Erdgeschoßräumen das Licht vollständig entzieht, und weil bei unmittelbarem Anbau des E. an den Bahnkörper die Erschütterungen auch auf das Gebäude übertragen werden. 4. Grundsätzliche Anforderungen an die Grundrißgestaltung. Bei der Grundrißgestaltung, d. h. der gegenseitigen Anordnung der Räume ist besonders Rücksicht auf die Hast und Unruhe des Reisenden zu nehmen. Er soll sich in dem Bahnhof zurechtfinden, ohne erst eine Reihe von Schildern zu lesen, oder die Bahnbeamten zu fragen. Wichtig sind daher geradlinige Wege. Rechtwinklige Ablenkungen von der zuerst eingeschlagenen Richtung oder gar eine vollständige Umkehrung der Wegerichtung sind zu vermeiden. Der Abreisende muß die Räume, deren er bedarf, gleich beim Eintritt in das Gebäude mit einem Blick überschauen können. Sie sind daher in der Reihenfolge anzuordnen, in der sie gebraucht werden. Kreuzung von Verkehrsströmen sind zu vermeiden, ebenso ein Gegenströmen. Aus diesem Grunde hat man vielfach eine Trennung von Zu- und Abgang durchgeführt. Hierbei wird im Deutschen Reich der Grundsatz „Rechts gehen!“, in Österreich der Grundsatz „Links gehen!“ befolgt. Die Wege innerhalb des E. und von ihm bis zum Zuge sollen kurz sein. Es ist von Wichtigkeit, daß der Reisende nach der Fahrkartenlösung und Gepäckaufgabe oder nach einem Aufenthalt im Wartesaal die Abfahrstelle des Zuges schnell erreicht. Der Ankommende soll auf kürzestem Wege auf den Vorplatz geführt werden ohne andere Räume durchschreiten zu müssen, als für seine Zwecke, namentlich zur Inempfangnahme des Gepäcks und zur Abgabe von Handgepäck notwendig sind. Es ist zwecklos Türen anzulegen, wo einfache Durchgänge genügen. Eine Benutzung der Wartesäle als Durchgang soll grundsätzlich vermieden werden, sowohl bei der Abfahrt wie bei der Ankunft. Auch der Weg des Gepäcks von der Gepäckabfertigung zum Zuge soll kurz sein, damit nicht die Abfahrt der Züge durch spät aufgeliefertes Gepäck oder die Heranschaffung des Handgepäcks verzögert werde. Bei großen Anlagen sollte jede Kreuzung oder Berührung der Wege von Reisenden und Gepäckkarren vermieden werden. 5. Erweiterungsfähigkeit, Provisorien. Der Eisenbahnverkehr wächst von Jahr zu Jahr. Im Deutschen Reiche betrug die durchschnittliche, jährliche Steigerung des Personenverkehrs in den letzten Jahren je etwa 5%, so daß in nicht ganz 20 Jahren eine Verdoppelung des Verkehrs zu erwarten ist. Eine solche macht nun zwar keine Verdoppelung der Größe des E. notwendig, immerhin aber eine Vergrößerung der Zahl oder der Abmessungen verschiedener Räume, wie Vermehrung der Fahrkartenschalter, der Durchgänge durch die Bahnsteigsperre u. s. w. Es wäre falsch, die E. von vorneherein für den künftigen Verkehr zu bemessen; denn einmal erfordern die vorläufig noch nicht gebrauchten Räume Unterhaltungkosten und Zinsaufwendungen, anderseits werden durch unnötige Größenbemessung die Wege der Reisenden verlängert. Auch kann man sich in dem künftigen Wachstum des Verkehrs irren. Überdies ist die Linie der Verkehrszunahme keine asymtotische, so daß man nicht weiß, wo man die Grenze für die Raumgrößen zu ziehen hat. Daher sollte man die E. (wie überhaupt die Bahnhofsanlagen) nur für das nächste Bedürfnis (etwa für 10 Jahre) bemessen, jedoch so gestalten, daß sie leicht erweitert werden können, ohne an dem Bestehenden erhebliche bauliche Änderungen treffen zu müssen, und ohne daß sich die stückweise Entstehung der Anlage in der baulichen Erscheinung ausprägt. Insbesondere ist es wichtig, eine Verlegung von Treppen beim Umbau zu vermeiden, da hierbei die Eingriffe in den baulichen Zustand zu erheblich werden. Kann man in besonderen Fällen sich von dem Umfang des zu erwartenden Verkehrs im voraus kein Bild machen, so ist es zweckmäßig, ein vorläufiges Bauwerk (Provisorium) zu schaffen und erst, sobald Erfahrungen über den Umfang des Verkehrs vorliegen, die endgültige Anlage herzustellen. Vorübergehende Anlagen müssen auch bei Bahnhofsumbauten errichtet werden, wenn sich die endgültige Anlage nicht von vorneherein schaffen läßt, weil an ihrer Stelle noch Baulichkeiten liegen, die erst entfernt werden müssen. 6. Anforderungen an den Hochbau. Wie bei jedem Hochbau soll sich auch bei dem E. der Zweck in der äußeren Erscheinung

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/315>, abgerufen am 22.11.2024.