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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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ersten auf dem europäischen Festlande mit Lokomotiven betriebenen Bahnen.

Schon vor der Eröffnung hatte sich eine zweite Gesellschaft für den Bau und Betrieb einer Bahn von Straßburg nach Basel gebildet. Diese, von der französischen Regierung durch reiche Beihilfen unterstützt, konnte den Bau der gesamten Strecke im Jahr 1844 vollenden. Die dritte, ein Jahr darauf gebildete Gesellschaft der Paris-Straßburger Bahn nahm nach Verschmelzung mit dem letztgenannten Unternehmen die Firma "Compagnie des chemins de fer de l'Est" an, erwarb außer der Bahn Mülhausen-Thann die zum Netz einer inzwischen genehmigten vierten Gesellschaft, der "Societe des chemins de fer des Ardennes" gehörigen Bahnstrecken und besaß schließlich, abgesehen von der im Eigentum der Stadt Münster befindlichen Linie Colmar-Münster, die sämtlichen bei Ausbruch des Krieges in Elsaß-Lothringen dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnen, die nachstehend angeführt sind.

1. Straßburg-Mülhausen-schweizer. Grenze gegen Basel 138·93 km, 2. Straßburg-Vendenheim-Deutsch-Avricourt-Grenze gegen Nancy 90·97 km, 3. Straßburg-Hagenau-Weißenburg-Grenze gegen die bayrische Pfalz 57·34 km, 4. Preußische Grenze zwischen Saarbrücken und Forbach-Remilly-Metz-Noveant-Grenze gegen Nancy, mit Verbindungskurve bei Metz 89·02 km. 5. Metz-Diedenhofen-Grenze bei Bettemburg gegen Luxemburg 46·42 km, 6. Mülhausen- Grenze bei Altmünsterol gegen Belfort 34·75 km, sowie eine Reihe von Zweigbahnen im Gesamtumfange von 739·98 km.

Nachdem im Jahr 1870 die deutsche Armee Elsaß-Lothringen besetzt hatte, wurden die sämtlichen Bahnen des Lands so schnell als möglich wieder in betriebsfähigen Zustand gebracht und unter die Verwaltung von zwei Betriebskommissionen gestellt, von denen die eine in Straßburg, die andere in Saarbrücken ihren Sitz hatte und deren besondere Aufgabe es war, den Betrieb für militärische Zwecke einzurichten und auszuführen. Der Erwerb dieser Bahnen durch das Deutsche Reich vollzog sich auf Grund der Zusatzkonvention zu dem zwischen diesem und Frankreich am 10. Mai 1871 zu Frankfurt abgeschlossenen Friedensvertrag, in dem die französische Regierung von dem ihr zustehenden Recht des Rückkaufs der an die Ostbahngesellschaft erteilten Konzessionen Gebrauch machte und das Deutsche Reich in alle dadurch erlangten Rechte gegen Zahlung eines auf die Kriegskostenentschädigung anzurechnenden Betrags von 325 Mill. Frs. einsetzte. Der vom Deutschen Reich bei dieser Gelegenheit angestrebte Kauf der auf schweizerischem Gebiet belegenen Teilstrecke von der Grenze bei St. Ludwig bis nach Basel wurde nicht erreicht, doch übertrug die französische Ostbahn ihr Eigentum daran auf die schweizerische Zentralbahn, die die 3·49 km lange Strecke für einen jährlichen Zins von 105.000 Frs. an die Reichseisenbahnen verpachtete und ihnen das Mitbenutzungsrecht am Bahnhof Basel unter ähnlichen Bedingungen einräumte, wie es die französische Ostbahn besessen hatte. Endlich wurde unterm 12. Dezember 1871 mit der Stadt Münster ein Vertrag geschlossen, durch den auch die Eisenbahn Colmar-Münster für 2,700.000 Frs. Eigentum des Reichs wurde. Hiermit war der Erwerb aller beim Ausbruch des Kriegs im Betrieb befindlichen Bahnstrecken durchgeführt. Einige Lokalbahnen, zu deren Herstellung sich gegen Empfang bestimmter Beihilfe die "Societe beige des chemins de fer" in Brüssel verpflichtet hatte, befanden sich noch im Bau. Diese Bahnen, von denen die von Saarburg nach Saargemünd am 1. November 1872, die von Courcelles nach Bolchen am 15. Juni 1873 und die von Bolchen nach Teterchen am 15. Oktober 1876 eröffnet wurden, wurden nach einem mit der "Lothringischen Eisenbahngesellschaft" als Rechtsnachfolgerin des belgischen Unternehmens getroffenen Übereinkommen von der Reichseisenbahnverwaltung zunächst in Pacht genommen und durch Vertrag vom 23./25. Juni 1881 zum Eigentum erworben. Die derselben Gesellschaft gehörige, seit 21. Juni 1873 fertig gestellte Strecke Chateau-Salins-französische Grenze bei Chambrey mit Abzweigung von Burthecourt nach Vic ging auf Grund des Kaufvertrags vom 19./20. Oktober 1881 am 1. November desselben Jahrs in den Besitz und Betrieb des Reichs über. Der Gesamterwerbspreis aller dieser Bahnen (Reichsgesetz vom 24. Mai 1881) belief sich auf 9,907.564 M. Bei dem von der deutschen Verwaltung sofort in Angriff genommenen weiteren Ausbau des Netzes, kamen in erster Linie wichtige Interessen der Landesverteidigung und des großen Verkehrs in Frage, wobei es sich besonders darum handelte, neue Verbindungen mit Altdeutschland zu schaffen. Daneben galt es, einzelne von Eisenbahnen bisher nicht durchschnittene Teile des Lands an das bestehende Netz anzuschließen. Die Kosten der den ersteren Zwecken dienenden Neubauten hatte das Reich allein zu tragen, während für die mehr lokalen Interessen dienenden Nebenbahnen das Land Elsaß-Lothringen Zuschüsse leistete.

ersten auf dem europäischen Festlande mit Lokomotiven betriebenen Bahnen.

Schon vor der Eröffnung hatte sich eine zweite Gesellschaft für den Bau und Betrieb einer Bahn von Straßburg nach Basel gebildet. Diese, von der französischen Regierung durch reiche Beihilfen unterstützt, konnte den Bau der gesamten Strecke im Jahr 1844 vollenden. Die dritte, ein Jahr darauf gebildete Gesellschaft der Paris-Straßburger Bahn nahm nach Verschmelzung mit dem letztgenannten Unternehmen die Firma „Compagnie des chemins de fer de l'Est“ an, erwarb außer der Bahn Mülhausen-Thann die zum Netz einer inzwischen genehmigten vierten Gesellschaft, der „Société des chemins de fer des Ardennes“ gehörigen Bahnstrecken und besaß schließlich, abgesehen von der im Eigentum der Stadt Münster befindlichen Linie Colmar-Münster, die sämtlichen bei Ausbruch des Krieges in Elsaß-Lothringen dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnen, die nachstehend angeführt sind.

1. Straßburg-Mülhausen-schweizer. Grenze gegen Basel 138·93 km, 2. Straßburg-Vendenheim-Deutsch-Avricourt-Grenze gegen Nancy 90·97 km, 3. Straßburg-Hagenau-Weißenburg-Grenze gegen die bayrische Pfalz 57·34 km, 4. Preußische Grenze zwischen Saarbrücken und Forbach-Remilly-Metz-Novéant-Grenze gegen Nancy, mit Verbindungskurve bei Metz 89·02 km. 5. Metz-Diedenhofen-Grenze bei Bettemburg gegen Luxemburg 46·42 km, 6. Mülhausen- Grenze bei Altmünsterol gegen Belfort 34·75 km, sowie eine Reihe von Zweigbahnen im Gesamtumfange von 739·98 km.

Nachdem im Jahr 1870 die deutsche Armee Elsaß-Lothringen besetzt hatte, wurden die sämtlichen Bahnen des Lands so schnell als möglich wieder in betriebsfähigen Zustand gebracht und unter die Verwaltung von zwei Betriebskommissionen gestellt, von denen die eine in Straßburg, die andere in Saarbrücken ihren Sitz hatte und deren besondere Aufgabe es war, den Betrieb für militärische Zwecke einzurichten und auszuführen. Der Erwerb dieser Bahnen durch das Deutsche Reich vollzog sich auf Grund der Zusatzkonvention zu dem zwischen diesem und Frankreich am 10. Mai 1871 zu Frankfurt abgeschlossenen Friedensvertrag, in dem die französische Regierung von dem ihr zustehenden Recht des Rückkaufs der an die Ostbahngesellschaft erteilten Konzessionen Gebrauch machte und das Deutsche Reich in alle dadurch erlangten Rechte gegen Zahlung eines auf die Kriegskostenentschädigung anzurechnenden Betrags von 325 Mill. Frs. einsetzte. Der vom Deutschen Reich bei dieser Gelegenheit angestrebte Kauf der auf schweizerischem Gebiet belegenen Teilstrecke von der Grenze bei St. Ludwig bis nach Basel wurde nicht erreicht, doch übertrug die französische Ostbahn ihr Eigentum daran auf die schweizerische Zentralbahn, die die 3·49 km lange Strecke für einen jährlichen Zins von 105.000 Frs. an die Reichseisenbahnen verpachtete und ihnen das Mitbenutzungsrecht am Bahnhof Basel unter ähnlichen Bedingungen einräumte, wie es die französische Ostbahn besessen hatte. Endlich wurde unterm 12. Dezember 1871 mit der Stadt Münster ein Vertrag geschlossen, durch den auch die Eisenbahn Colmar-Münster für 2,700.000 Frs. Eigentum des Reichs wurde. Hiermit war der Erwerb aller beim Ausbruch des Kriegs im Betrieb befindlichen Bahnstrecken durchgeführt. Einige Lokalbahnen, zu deren Herstellung sich gegen Empfang bestimmter Beihilfe die „Société beige des chemins de fer“ in Brüssel verpflichtet hatte, befanden sich noch im Bau. Diese Bahnen, von denen die von Saarburg nach Saargemünd am 1. November 1872, die von Courcelles nach Bolchen am 15. Juni 1873 und die von Bolchen nach Teterchen am 15. Oktober 1876 eröffnet wurden, wurden nach einem mit der „Lothringischen Eisenbahngesellschaft“ als Rechtsnachfolgerin des belgischen Unternehmens getroffenen Übereinkommen von der Reichseisenbahnverwaltung zunächst in Pacht genommen und durch Vertrag vom 23./25. Juni 1881 zum Eigentum erworben. Die derselben Gesellschaft gehörige, seit 21. Juni 1873 fertig gestellte Strecke Château-Salins-französische Grenze bei Chambrey mit Abzweigung von Burthecourt nach Vic ging auf Grund des Kaufvertrags vom 19./20. Oktober 1881 am 1. November desselben Jahrs in den Besitz und Betrieb des Reichs über. Der Gesamterwerbspreis aller dieser Bahnen (Reichsgesetz vom 24. Mai 1881) belief sich auf 9,907.564 M. Bei dem von der deutschen Verwaltung sofort in Angriff genommenen weiteren Ausbau des Netzes, kamen in erster Linie wichtige Interessen der Landesverteidigung und des großen Verkehrs in Frage, wobei es sich besonders darum handelte, neue Verbindungen mit Altdeutschland zu schaffen. Daneben galt es, einzelne von Eisenbahnen bisher nicht durchschnittene Teile des Lands an das bestehende Netz anzuschließen. Die Kosten der den ersteren Zwecken dienenden Neubauten hatte das Reich allein zu tragen, während für die mehr lokalen Interessen dienenden Nebenbahnen das Land Elsaß-Lothringen Zuschüsse leistete.

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[292/0305] ersten auf dem europäischen Festlande mit Lokomotiven betriebenen Bahnen. Schon vor der Eröffnung hatte sich eine zweite Gesellschaft für den Bau und Betrieb einer Bahn von Straßburg nach Basel gebildet. Diese, von der französischen Regierung durch reiche Beihilfen unterstützt, konnte den Bau der gesamten Strecke im Jahr 1844 vollenden. Die dritte, ein Jahr darauf gebildete Gesellschaft der Paris-Straßburger Bahn nahm nach Verschmelzung mit dem letztgenannten Unternehmen die Firma „Compagnie des chemins de fer de l'Est“ an, erwarb außer der Bahn Mülhausen-Thann die zum Netz einer inzwischen genehmigten vierten Gesellschaft, der „Société des chemins de fer des Ardennes“ gehörigen Bahnstrecken und besaß schließlich, abgesehen von der im Eigentum der Stadt Münster befindlichen Linie Colmar-Münster, die sämtlichen bei Ausbruch des Krieges in Elsaß-Lothringen dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnen, die nachstehend angeführt sind. 1. Straßburg-Mülhausen-schweizer. Grenze gegen Basel 138·93 km, 2. Straßburg-Vendenheim-Deutsch-Avricourt-Grenze gegen Nancy 90·97 km, 3. Straßburg-Hagenau-Weißenburg-Grenze gegen die bayrische Pfalz 57·34 km, 4. Preußische Grenze zwischen Saarbrücken und Forbach-Remilly-Metz-Novéant-Grenze gegen Nancy, mit Verbindungskurve bei Metz 89·02 km. 5. Metz-Diedenhofen-Grenze bei Bettemburg gegen Luxemburg 46·42 km, 6. Mülhausen- Grenze bei Altmünsterol gegen Belfort 34·75 km, sowie eine Reihe von Zweigbahnen im Gesamtumfange von 739·98 km. Nachdem im Jahr 1870 die deutsche Armee Elsaß-Lothringen besetzt hatte, wurden die sämtlichen Bahnen des Lands so schnell als möglich wieder in betriebsfähigen Zustand gebracht und unter die Verwaltung von zwei Betriebskommissionen gestellt, von denen die eine in Straßburg, die andere in Saarbrücken ihren Sitz hatte und deren besondere Aufgabe es war, den Betrieb für militärische Zwecke einzurichten und auszuführen. Der Erwerb dieser Bahnen durch das Deutsche Reich vollzog sich auf Grund der Zusatzkonvention zu dem zwischen diesem und Frankreich am 10. Mai 1871 zu Frankfurt abgeschlossenen Friedensvertrag, in dem die französische Regierung von dem ihr zustehenden Recht des Rückkaufs der an die Ostbahngesellschaft erteilten Konzessionen Gebrauch machte und das Deutsche Reich in alle dadurch erlangten Rechte gegen Zahlung eines auf die Kriegskostenentschädigung anzurechnenden Betrags von 325 Mill. Frs. einsetzte. Der vom Deutschen Reich bei dieser Gelegenheit angestrebte Kauf der auf schweizerischem Gebiet belegenen Teilstrecke von der Grenze bei St. Ludwig bis nach Basel wurde nicht erreicht, doch übertrug die französische Ostbahn ihr Eigentum daran auf die schweizerische Zentralbahn, die die 3·49 km lange Strecke für einen jährlichen Zins von 105.000 Frs. an die Reichseisenbahnen verpachtete und ihnen das Mitbenutzungsrecht am Bahnhof Basel unter ähnlichen Bedingungen einräumte, wie es die französische Ostbahn besessen hatte. Endlich wurde unterm 12. Dezember 1871 mit der Stadt Münster ein Vertrag geschlossen, durch den auch die Eisenbahn Colmar-Münster für 2,700.000 Frs. Eigentum des Reichs wurde. Hiermit war der Erwerb aller beim Ausbruch des Kriegs im Betrieb befindlichen Bahnstrecken durchgeführt. Einige Lokalbahnen, zu deren Herstellung sich gegen Empfang bestimmter Beihilfe die „Société beige des chemins de fer“ in Brüssel verpflichtet hatte, befanden sich noch im Bau. Diese Bahnen, von denen die von Saarburg nach Saargemünd am 1. November 1872, die von Courcelles nach Bolchen am 15. Juni 1873 und die von Bolchen nach Teterchen am 15. Oktober 1876 eröffnet wurden, wurden nach einem mit der „Lothringischen Eisenbahngesellschaft“ als Rechtsnachfolgerin des belgischen Unternehmens getroffenen Übereinkommen von der Reichseisenbahnverwaltung zunächst in Pacht genommen und durch Vertrag vom 23./25. Juni 1881 zum Eigentum erworben. Die derselben Gesellschaft gehörige, seit 21. Juni 1873 fertig gestellte Strecke Château-Salins-französische Grenze bei Chambrey mit Abzweigung von Burthecourt nach Vic ging auf Grund des Kaufvertrags vom 19./20. Oktober 1881 am 1. November desselben Jahrs in den Besitz und Betrieb des Reichs über. Der Gesamterwerbspreis aller dieser Bahnen (Reichsgesetz vom 24. Mai 1881) belief sich auf 9,907.564 M. Bei dem von der deutschen Verwaltung sofort in Angriff genommenen weiteren Ausbau des Netzes, kamen in erster Linie wichtige Interessen der Landesverteidigung und des großen Verkehrs in Frage, wobei es sich besonders darum handelte, neue Verbindungen mit Altdeutschland zu schaffen. Daneben galt es, einzelne von Eisenbahnen bisher nicht durchschnittene Teile des Lands an das bestehende Netz anzuschließen. Die Kosten der den ersteren Zwecken dienenden Neubauten hatte das Reich allein zu tragen, während für die mehr lokalen Interessen dienenden Nebenbahnen das Land Elsaß-Lothringen Zuschüsse leistete.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/305>, abgerufen am 22.11.2024.