Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Dänemark 1864 zum ersten Male erprobt, doch kam es noch nicht zur Aufstellung von E. Diese blieb dem Feldzuge gegen Österreich im Jahre 1866 vorbehalten. Kurz vor Ausbruch des Krieges, am 9. Mai 1866, veröffentlichte das preußische Kriegsministerium Grundzüge für die Aufstellung, Gliederung und den Dienst der im Falle einer Mobilmachung aufzustellenden Feldeisenbahnabteilungen. Wenige Wochen später wurden bei Ausbruch des Krieges 3 solche Feldeisenbahnabteilungen gegründet, denen die Wiederherstellung zerstörter Bahnen, der Bau von neuen und Umgehungsbahnen und die Zerstörung feindlicher Eisenbahnen übertragen wurden. Sie leisteten besonders auf dem Kriegsschauplatz in Böhmen Erhebliches. Wenige Tage nach dem Einmarsch in Böhmen konnten schon Züge von Reichenberg nach Turnau verkehren, und als das preußische Hauptquartier in Brünn einzog, fuhr auch schon die erste Lokomotive, mit preußischen Beamten besetzt, von Pardubitz her dort ein. Da auch die zerstörte Strecke Prag-Pardubitz von ihnen wieder betriebsfähig hergestellt worden war, konnte kurze Zeit später der Zugverkehr von Berlin bis Lundenburg, wenn auch mit einem Umwege, wieder eingerichtet werden. Diese Leistungen sind um so bemerkenswerter, als es den Abteilungen an den nötigen Vorbereitungen fehlte; auch der Mangel an militärischer Gliederung und Dienstzucht war zuweilen störend, doch wurden diese Mängel durch die Tatkraft und Gewandtheit der technischen Mitglieder der Feldeisenbahnabteilungen wieder ausgeglichen. Sie wurden zwar nach Beendigung des Feldzuges wieder aufgelöst, doch bildeten die gesammelten Erfahrungen wertvollen Stoff für die weitere Bearbeitung der die Aufstellung von E. betreffenden Fragen. Die Zeit bis zum Feldzuge gegen Frankreich 1870/71 reichte zu umfassenden Truppengründungen nicht aus. Es wurde nur auf Grund Allerhöchster Kabinettsorder vom 10. August 1869 beim Gardepionierbataillon ein Stamm von 90 Mann für den Feldeisenbahn- und Telegraphendienst errichtet. Wegen der ungenügenden Stärke dieser Truppe wurden bei Ausbruch des Krieges in Preußen zunächst vier (später noch eine fünfte) Feldeisenbahnabteilung, und in Bayern eine solche Abteilung aufgestellt. Diese leisteten zwar sehr Tüchtiges, vermochten aber doch nicht allen Anforderungen zu genügen. Es wurde deshalb unmittelbar nach dem Kriege, am 1. Oktober 1871, in Ausführung der Allerhöchsten Kabinettsorder vom 19. Mai 1871 als Stamm für die künftigen E. ein Eisenbahnbataillon gegründet, das schon im Jahre 1876 durch Aufstellung eines zweiten Bataillons zu einem Eisenbahnregiment erweitert wurde. 1887 wurden 2 weitere Bataillone aufgestellt, 1890 wurde die Eisenbahnbrigade zu 2 Regimentern zu je 2 Bataillonen gebildet, 1893 kam das 3. Regiment hinzu. Zu der Eisenbahnbrigade aus 3 Regimentern zu je 2 Bataillonen, die Deutschland, ausschließlich Bayern, demnach zurzeit besitzt, gehört noch die Militärbahn Berlin-Jüterbog (s. Militärbahnen) mit der Betriebsabteilung, die 1899 als selbständiger Truppenkörper etatmäßig aufgestellt wurde. Das 2. Regiment hat 2 sächsische Kompagnien, deren erste 1889 gegründet wurde, die Betriebsabteilung ein sächsisches und ein württembergisches Detachement. Das 1. und 2. Eisenbahnregiment steht in Berlin (Schöneberg), das 3. in Hanau. Für 1913 ist eine Verstärkung der E. auf 2 Brigaden geplant.

Der Friedensstand einer Kompagnie der deutschen E. beträgt 5 Offiziere, 137 Mann, der Kriegsstand einer Baukompagnie 11 Offiziere, 272 Mann und 5 Fahrzeuge. Die E. unterstehen mit den Telegraphen-, Luftschiffer- und Kraftfahrtruppen der Generalinspektion des Militärverkehrswesens, die am 1. April 1911 an die Stelle der bis dahin bestehenden Inspektion der Verkehrstruppen getreten ist; ihr ist außerdem noch die Versuchsabteilung der Verkehrstruppen unterstellt. Die oberste Leitung des militärischen Eisenbahnwesens liegt beim Generalstab.

Im Kriege werden die einzelnen 27 Bau-, 18 Betriebs- und 10 Arbeiterkompagnien, sowie 27 Reservekompagnien gebildet, die meist jede für sich verwendet werden. Nach Bedarf werden die Eisenbahnbetriebskompagnien beim Betriebe von im Laufe des Feldzuges besetzten Bahnen verwendet (s. Kriegsbetrieb).

Zur technischen Ausbildung der Truppen im Eisenbahndienst steht die Militäreisenbahn Berlin-Zossen-Kummersdorf-Jüterbog zur Verfügung. 1874 wurde ihr erster, 45 km langer Teil bis Kummersdorf von dem damaligen Eisenbahnbataillon erbaut, 1895 wurde sie bis Jüterbog verlängert, sodaß sie nunmehr 71 km lang ist (s. a. Militärbeförderung und Militärbahnen). Außerdem dienen zur praktischen Ausbildung die Übungsplätze in Berlin, Rehagen-Klausdorf (für Voll- und Feldbahnbau) und Sperenberg für Brückenbau. Von Zeit zu Zeit werden auch größere Eisenbahnen feldmäßig im Gelände gebaut und für Übungszwecke in Betrieb genommen, auch wirkt die Truppe zuweilen bei der Beseitigung

Dänemark 1864 zum ersten Male erprobt, doch kam es noch nicht zur Aufstellung von E. Diese blieb dem Feldzuge gegen Österreich im Jahre 1866 vorbehalten. Kurz vor Ausbruch des Krieges, am 9. Mai 1866, veröffentlichte das preußische Kriegsministerium Grundzüge für die Aufstellung, Gliederung und den Dienst der im Falle einer Mobilmachung aufzustellenden Feldeisenbahnabteilungen. Wenige Wochen später wurden bei Ausbruch des Krieges 3 solche Feldeisenbahnabteilungen gegründet, denen die Wiederherstellung zerstörter Bahnen, der Bau von neuen und Umgehungsbahnen und die Zerstörung feindlicher Eisenbahnen übertragen wurden. Sie leisteten besonders auf dem Kriegsschauplatz in Böhmen Erhebliches. Wenige Tage nach dem Einmarsch in Böhmen konnten schon Züge von Reichenberg nach Turnau verkehren, und als das preußische Hauptquartier in Brünn einzog, fuhr auch schon die erste Lokomotive, mit preußischen Beamten besetzt, von Pardubitz her dort ein. Da auch die zerstörte Strecke Prag-Pardubitz von ihnen wieder betriebsfähig hergestellt worden war, konnte kurze Zeit später der Zugverkehr von Berlin bis Lundenburg, wenn auch mit einem Umwege, wieder eingerichtet werden. Diese Leistungen sind um so bemerkenswerter, als es den Abteilungen an den nötigen Vorbereitungen fehlte; auch der Mangel an militärischer Gliederung und Dienstzucht war zuweilen störend, doch wurden diese Mängel durch die Tatkraft und Gewandtheit der technischen Mitglieder der Feldeisenbahnabteilungen wieder ausgeglichen. Sie wurden zwar nach Beendigung des Feldzuges wieder aufgelöst, doch bildeten die gesammelten Erfahrungen wertvollen Stoff für die weitere Bearbeitung der die Aufstellung von E. betreffenden Fragen. Die Zeit bis zum Feldzuge gegen Frankreich 1870/71 reichte zu umfassenden Truppengründungen nicht aus. Es wurde nur auf Grund Allerhöchster Kabinettsorder vom 10. August 1869 beim Gardepionierbataillon ein Stamm von 90 Mann für den Feldeisenbahn- und Telegraphendienst errichtet. Wegen der ungenügenden Stärke dieser Truppe wurden bei Ausbruch des Krieges in Preußen zunächst vier (später noch eine fünfte) Feldeisenbahnabteilung, und in Bayern eine solche Abteilung aufgestellt. Diese leisteten zwar sehr Tüchtiges, vermochten aber doch nicht allen Anforderungen zu genügen. Es wurde deshalb unmittelbar nach dem Kriege, am 1. Oktober 1871, in Ausführung der Allerhöchsten Kabinettsorder vom 19. Mai 1871 als Stamm für die künftigen E. ein Eisenbahnbataillon gegründet, das schon im Jahre 1876 durch Aufstellung eines zweiten Bataillons zu einem Eisenbahnregiment erweitert wurde. 1887 wurden 2 weitere Bataillone aufgestellt, 1890 wurde die Eisenbahnbrigade zu 2 Regimentern zu je 2 Bataillonen gebildet, 1893 kam das 3. Regiment hinzu. Zu der Eisenbahnbrigade aus 3 Regimentern zu je 2 Bataillonen, die Deutschland, ausschließlich Bayern, demnach zurzeit besitzt, gehört noch die Militärbahn Berlin-Jüterbog (s. Militärbahnen) mit der Betriebsabteilung, die 1899 als selbständiger Truppenkörper etatmäßig aufgestellt wurde. Das 2. Regiment hat 2 sächsische Kompagnien, deren erste 1889 gegründet wurde, die Betriebsabteilung ein sächsisches und ein württembergisches Detachement. Das 1. und 2. Eisenbahnregiment steht in Berlin (Schöneberg), das 3. in Hanau. Für 1913 ist eine Verstärkung der E. auf 2 Brigaden geplant.

Der Friedensstand einer Kompagnie der deutschen E. beträgt 5 Offiziere, 137 Mann, der Kriegsstand einer Baukompagnie 11 Offiziere, 272 Mann und 5 Fahrzeuge. Die E. unterstehen mit den Telegraphen-, Luftschiffer- und Kraftfahrtruppen der Generalinspektion des Militärverkehrswesens, die am 1. April 1911 an die Stelle der bis dahin bestehenden Inspektion der Verkehrstruppen getreten ist; ihr ist außerdem noch die Versuchsabteilung der Verkehrstruppen unterstellt. Die oberste Leitung des militärischen Eisenbahnwesens liegt beim Generalstab.

Im Kriege werden die einzelnen 27 Bau-, 18 Betriebs- und 10 Arbeiterkompagnien, sowie 27 Reservekompagnien gebildet, die meist jede für sich verwendet werden. Nach Bedarf werden die Eisenbahnbetriebskompagnien beim Betriebe von im Laufe des Feldzuges besetzten Bahnen verwendet (s. Kriegsbetrieb).

Zur technischen Ausbildung der Truppen im Eisenbahndienst steht die Militäreisenbahn Berlin-Zossen-Kummersdorf-Jüterbog zur Verfügung. 1874 wurde ihr erster, 45 km langer Teil bis Kummersdorf von dem damaligen Eisenbahnbataillon erbaut, 1895 wurde sie bis Jüterbog verlängert, sodaß sie nunmehr 71 km lang ist (s. a. Militärbeförderung und Militärbahnen). Außerdem dienen zur praktischen Ausbildung die Übungsplätze in Berlin, Rehagen-Klausdorf (für Voll- und Feldbahnbau) und Sperenberg für Brückenbau. Von Zeit zu Zeit werden auch größere Eisenbahnen feldmäßig im Gelände gebaut und für Übungszwecke in Betrieb genommen, auch wirkt die Truppe zuweilen bei der Beseitigung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="140"/>
Dänemark 1864 zum ersten Male erprobt, doch kam es noch nicht zur Aufstellung von E. Diese blieb dem Feldzuge gegen Österreich im Jahre 1866 vorbehalten. Kurz vor Ausbruch des Krieges, am 9. Mai 1866, veröffentlichte das preußische Kriegsministerium Grundzüge für die Aufstellung, Gliederung und den Dienst der im Falle einer Mobilmachung aufzustellenden Feldeisenbahnabteilungen. Wenige Wochen später wurden bei Ausbruch des Krieges 3 solche Feldeisenbahnabteilungen gegründet, denen die Wiederherstellung zerstörter Bahnen, der Bau von neuen und Umgehungsbahnen und die Zerstörung feindlicher Eisenbahnen übertragen wurden. Sie leisteten besonders auf dem Kriegsschauplatz in Böhmen Erhebliches. Wenige Tage nach dem Einmarsch in Böhmen konnten schon Züge von Reichenberg nach Turnau verkehren, und als das preußische Hauptquartier in Brünn einzog, fuhr auch schon die erste Lokomotive, mit preußischen Beamten besetzt, von Pardubitz her dort ein. Da auch die zerstörte Strecke Prag-Pardubitz von ihnen wieder betriebsfähig hergestellt worden war, konnte kurze Zeit später der Zugverkehr von Berlin bis Lundenburg, wenn auch mit einem Umwege, wieder eingerichtet werden. Diese Leistungen sind um so bemerkenswerter, als es den Abteilungen an den nötigen Vorbereitungen fehlte; auch der Mangel an militärischer Gliederung und Dienstzucht war zuweilen störend, doch wurden diese Mängel durch die Tatkraft und Gewandtheit der technischen Mitglieder der Feldeisenbahnabteilungen wieder ausgeglichen. Sie wurden zwar nach Beendigung des Feldzuges wieder aufgelöst, doch bildeten die gesammelten Erfahrungen wertvollen Stoff für die weitere Bearbeitung der die Aufstellung von E. betreffenden Fragen. Die Zeit bis zum Feldzuge gegen Frankreich 1870/71 reichte zu umfassenden Truppengründungen nicht aus. Es wurde nur auf Grund Allerhöchster Kabinettsorder vom 10. August 1869 beim Gardepionierbataillon ein Stamm von 90 Mann für den Feldeisenbahn- und Telegraphendienst errichtet. Wegen der ungenügenden Stärke dieser Truppe wurden bei Ausbruch des Krieges in Preußen zunächst vier (später noch eine fünfte) Feldeisenbahnabteilung, und in Bayern eine solche Abteilung aufgestellt. Diese leisteten zwar sehr Tüchtiges, vermochten aber doch nicht allen Anforderungen zu genügen. Es wurde deshalb unmittelbar nach dem Kriege, am 1. Oktober 1871, in Ausführung der Allerhöchsten Kabinettsorder vom 19. Mai 1871 als Stamm für die künftigen E. ein Eisenbahnbataillon gegründet, das schon im Jahre 1876 durch Aufstellung eines zweiten Bataillons zu einem Eisenbahnregiment erweitert wurde. 1887 wurden 2 weitere Bataillone aufgestellt, 1890 wurde die Eisenbahnbrigade zu 2 Regimentern zu je 2 Bataillonen gebildet, 1893 kam das 3. Regiment hinzu. Zu der Eisenbahnbrigade aus 3 Regimentern zu je 2 Bataillonen, die Deutschland, ausschließlich Bayern, demnach zurzeit besitzt, gehört noch die Militärbahn Berlin-Jüterbog (s. Militärbahnen) mit der Betriebsabteilung, die 1899 als selbständiger Truppenkörper etatmäßig aufgestellt wurde. Das 2. Regiment hat 2 sächsische Kompagnien, deren erste 1889 gegründet wurde, die Betriebsabteilung ein sächsisches und ein württembergisches Detachement. Das 1. und 2. Eisenbahnregiment steht in Berlin (Schöneberg), das 3. in Hanau. Für 1913 ist eine Verstärkung der E. auf 2 Brigaden geplant.</p><lb/>
          <p>Der Friedensstand einer Kompagnie der deutschen E. beträgt 5 Offiziere, 137 Mann, der Kriegsstand einer Baukompagnie 11 Offiziere, 272 Mann und 5 Fahrzeuge. Die E. unterstehen mit den Telegraphen-, Luftschiffer- und Kraftfahrtruppen der Generalinspektion des Militärverkehrswesens, die am 1. April 1911 an die Stelle der bis dahin bestehenden Inspektion der Verkehrstruppen getreten ist; ihr ist außerdem noch die Versuchsabteilung der Verkehrstruppen unterstellt. Die oberste Leitung des militärischen Eisenbahnwesens liegt beim Generalstab.</p><lb/>
          <p>Im Kriege werden die einzelnen 27 Bau-, 18 Betriebs- und 10 Arbeiterkompagnien, sowie 27 Reservekompagnien gebildet, die meist jede für sich verwendet werden. Nach Bedarf werden die Eisenbahnbetriebskompagnien beim Betriebe von im Laufe des Feldzuges besetzten Bahnen verwendet (s. Kriegsbetrieb).</p><lb/>
          <p>Zur technischen Ausbildung der Truppen im Eisenbahndienst steht die Militäreisenbahn Berlin-Zossen-Kummersdorf-Jüterbog zur Verfügung. 1874 wurde ihr erster, 45 <hi rendition="#i">km</hi> langer Teil bis Kummersdorf von dem damaligen Eisenbahnbataillon erbaut, 1895 wurde sie bis Jüterbog verlängert, sodaß sie nunmehr 71 <hi rendition="#i">km</hi> lang ist (s. a. Militärbeförderung und Militärbahnen). Außerdem dienen zur praktischen Ausbildung die Übungsplätze in Berlin, Rehagen-Klausdorf (für Voll- und Feldbahnbau) und Sperenberg für Brückenbau. Von Zeit zu Zeit werden auch größere Eisenbahnen feldmäßig im Gelände gebaut und für Übungszwecke in Betrieb genommen, auch wirkt die Truppe zuweilen bei der Beseitigung
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0149] Dänemark 1864 zum ersten Male erprobt, doch kam es noch nicht zur Aufstellung von E. Diese blieb dem Feldzuge gegen Österreich im Jahre 1866 vorbehalten. Kurz vor Ausbruch des Krieges, am 9. Mai 1866, veröffentlichte das preußische Kriegsministerium Grundzüge für die Aufstellung, Gliederung und den Dienst der im Falle einer Mobilmachung aufzustellenden Feldeisenbahnabteilungen. Wenige Wochen später wurden bei Ausbruch des Krieges 3 solche Feldeisenbahnabteilungen gegründet, denen die Wiederherstellung zerstörter Bahnen, der Bau von neuen und Umgehungsbahnen und die Zerstörung feindlicher Eisenbahnen übertragen wurden. Sie leisteten besonders auf dem Kriegsschauplatz in Böhmen Erhebliches. Wenige Tage nach dem Einmarsch in Böhmen konnten schon Züge von Reichenberg nach Turnau verkehren, und als das preußische Hauptquartier in Brünn einzog, fuhr auch schon die erste Lokomotive, mit preußischen Beamten besetzt, von Pardubitz her dort ein. Da auch die zerstörte Strecke Prag-Pardubitz von ihnen wieder betriebsfähig hergestellt worden war, konnte kurze Zeit später der Zugverkehr von Berlin bis Lundenburg, wenn auch mit einem Umwege, wieder eingerichtet werden. Diese Leistungen sind um so bemerkenswerter, als es den Abteilungen an den nötigen Vorbereitungen fehlte; auch der Mangel an militärischer Gliederung und Dienstzucht war zuweilen störend, doch wurden diese Mängel durch die Tatkraft und Gewandtheit der technischen Mitglieder der Feldeisenbahnabteilungen wieder ausgeglichen. Sie wurden zwar nach Beendigung des Feldzuges wieder aufgelöst, doch bildeten die gesammelten Erfahrungen wertvollen Stoff für die weitere Bearbeitung der die Aufstellung von E. betreffenden Fragen. Die Zeit bis zum Feldzuge gegen Frankreich 1870/71 reichte zu umfassenden Truppengründungen nicht aus. Es wurde nur auf Grund Allerhöchster Kabinettsorder vom 10. August 1869 beim Gardepionierbataillon ein Stamm von 90 Mann für den Feldeisenbahn- und Telegraphendienst errichtet. Wegen der ungenügenden Stärke dieser Truppe wurden bei Ausbruch des Krieges in Preußen zunächst vier (später noch eine fünfte) Feldeisenbahnabteilung, und in Bayern eine solche Abteilung aufgestellt. Diese leisteten zwar sehr Tüchtiges, vermochten aber doch nicht allen Anforderungen zu genügen. Es wurde deshalb unmittelbar nach dem Kriege, am 1. Oktober 1871, in Ausführung der Allerhöchsten Kabinettsorder vom 19. Mai 1871 als Stamm für die künftigen E. ein Eisenbahnbataillon gegründet, das schon im Jahre 1876 durch Aufstellung eines zweiten Bataillons zu einem Eisenbahnregiment erweitert wurde. 1887 wurden 2 weitere Bataillone aufgestellt, 1890 wurde die Eisenbahnbrigade zu 2 Regimentern zu je 2 Bataillonen gebildet, 1893 kam das 3. Regiment hinzu. Zu der Eisenbahnbrigade aus 3 Regimentern zu je 2 Bataillonen, die Deutschland, ausschließlich Bayern, demnach zurzeit besitzt, gehört noch die Militärbahn Berlin-Jüterbog (s. Militärbahnen) mit der Betriebsabteilung, die 1899 als selbständiger Truppenkörper etatmäßig aufgestellt wurde. Das 2. Regiment hat 2 sächsische Kompagnien, deren erste 1889 gegründet wurde, die Betriebsabteilung ein sächsisches und ein württembergisches Detachement. Das 1. und 2. Eisenbahnregiment steht in Berlin (Schöneberg), das 3. in Hanau. Für 1913 ist eine Verstärkung der E. auf 2 Brigaden geplant. Der Friedensstand einer Kompagnie der deutschen E. beträgt 5 Offiziere, 137 Mann, der Kriegsstand einer Baukompagnie 11 Offiziere, 272 Mann und 5 Fahrzeuge. Die E. unterstehen mit den Telegraphen-, Luftschiffer- und Kraftfahrtruppen der Generalinspektion des Militärverkehrswesens, die am 1. April 1911 an die Stelle der bis dahin bestehenden Inspektion der Verkehrstruppen getreten ist; ihr ist außerdem noch die Versuchsabteilung der Verkehrstruppen unterstellt. Die oberste Leitung des militärischen Eisenbahnwesens liegt beim Generalstab. Im Kriege werden die einzelnen 27 Bau-, 18 Betriebs- und 10 Arbeiterkompagnien, sowie 27 Reservekompagnien gebildet, die meist jede für sich verwendet werden. Nach Bedarf werden die Eisenbahnbetriebskompagnien beim Betriebe von im Laufe des Feldzuges besetzten Bahnen verwendet (s. Kriegsbetrieb). Zur technischen Ausbildung der Truppen im Eisenbahndienst steht die Militäreisenbahn Berlin-Zossen-Kummersdorf-Jüterbog zur Verfügung. 1874 wurde ihr erster, 45 km langer Teil bis Kummersdorf von dem damaligen Eisenbahnbataillon erbaut, 1895 wurde sie bis Jüterbog verlängert, sodaß sie nunmehr 71 km lang ist (s. a. Militärbeförderung und Militärbahnen). Außerdem dienen zur praktischen Ausbildung die Übungsplätze in Berlin, Rehagen-Klausdorf (für Voll- und Feldbahnbau) und Sperenberg für Brückenbau. Von Zeit zu Zeit werden auch größere Eisenbahnen feldmäßig im Gelände gebaut und für Übungszwecke in Betrieb genommen, auch wirkt die Truppe zuweilen bei der Beseitigung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:48Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/149
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/149>, abgerufen am 28.11.2024.