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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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das Eisenbahngesetz vom 27. April 1885 ist die Regierung Eigentümerin fast aller Hauptbahnen geworden. Sie hat diese in drei Längennetze eingeteilt: das mittelländische, das adriatische und das sizilianische. Der Betrieb jedes dieser Netze wurde auf 60 Jahre an eine Betriebsgesellschaft verpachtet. Die großen Mißstände, die sich aus diesem System ergaben, veranlaßten nach langwierigen, parlamentarischen Kämpfen den Übergang zum Staatsbahnsystem in dem Gesetz vom 22. April 1905.

Die Eisenbahnen in den Niederlanden waren anfangs in Privathänden. Ein im Jahre 1838 den Generalstaaten vorgelegter Gesetzentwurf über den Bau einer Bahn von Amsterdam nach Arnheim wurde abgelehnt. Die Anlage dieser und einer Anzahl anschließender Bahnen wurde erst in Angriff genommen, als der König eine Ertragsgarantie übernommen hatte. Durch das Gesetz vom 18. August 1860 wurde der Bau eines größeren Netzes von Staatsbahnen angeordnet, deren Betrieb jedoch im Jahre 1863 die Gesellschaft für den Betrieb von Staatsbahnen und die holländische Eisenbahngesellschaft pachtweise übernahmen. Zur Beseitigung der empfindlichen Mißstände des Privatbahnbetriebes schloß die Regierung im Jahre 1890 Verträge (genehmigt mit Gesetz vom 22. Juli 1890) mit der größten Privatbahn, der niederländischen Rheinbahn, über den Ankauf ihrer Linien für den Staat und gleichzeitig mit genannten zwei Gesellschaften über die Pachtung auch dieser Linien. Durch die erwähnten Verträge verpflichteten sich die beiden Gesellschaften, auch den Betrieb künftighin zu erbauender Staatsbahnlinien zu übernehmen.

In der Schweiz wurden die meisten Eisenbahnen von Aktiengesellschaften gebaut und betrieben. Die E. ist eine schwankende gewesen. Durch Bundesgesetz vom 28. Juli 1852 wurde die Freigabe der Eisenbahnen an die Privatunternehmen und ihre Konzessionierung durch die Kantone unter Mitwirkung des Bundes vorgesehen. Dieses Gesetz wurde durch das Gesetz vom 23. Juli 1872 aufgehoben, das die Konzessionierung dem Bunde unter Teilnahme der Kantone übertrug. Auch unter der Herrschaft dieses Gesetzes war die Entwicklung des Eisenbahnwesens eine wenig befriedigende und die Regierung bestrebte sich, die bestehenden Mängel durch Erlaß zahlreicher neuer Gesetze zu beseitigen. Nach wiederholten verunglückten Versuchen zur schrittweisen Einführung des Staatsbahnsystems (1888 beabsichtigter freihändiger Ankauf der Nordostbahn, 1891 beabsichtigter Erwerb der Zentralbahn) gelang es erst im Jahre 1898 nach Vorbereitung der Verstaatlichungsaktion durch Erlaß eines neuen, strengeren Rechnungsgesetzes vom 23. Juni 1896 die Bestätigung des Gesetzes vom 15. Oktober 1897 über den Betrieb der Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen durchzusetzen. Seither wurden in rascher Folge (1900-1903) die Zentralbahn, die Nordostbahn, die vereinigten Schweizer Bahnen und die Jura-Simplon-Bahn verstaatlicht. Zuletzt ging 1909 die Gotthardbahn in das Eigentum und den Betrieb des Bundes über.

Die erste Eisenbahn Rußlands (1838) von St. Petersburg nach Pawlowsk war eine Privatbahn. Die erste Staatsbahn war die Nicolai-Bahn (Petersburg - Moskau) (1853), die 1868 in den Betrieb der großen russischen Eisenbahngesellschaft überging. Im Jahre 1893 wurde sie wieder für den Staat angekauft. Ohne erkennbares System werden die Bahnen, teils Staatsbahnen, in überwiegender Mehrzahl aber Privatbahnen, unter Heranziehung ausländischen Kapitales und mit starker Unterstützung der Regierung gebaut. Die sich hieraus ergebenden großen Mißstände veranlaßten die Regierung im Jahre 1881 zur Rückkehr zur Staatsbahnpolitik. Es wurde der Bau von Staatsbahnen und der Ankauf von Privatbahnen begonnen. Das Staatsbahnsystem ist heute als das herrschende anzusehen, doch werden mit Staatshilfe (garantierte Obligationen) auch noch von Privatunternehmern neue Eisenbahnen gebaut. Einen großen Zug bekommt die russische E. durch den Bau von Eisenbahnen in die unwirtlichen Gegenden des asiatischen Rußland (transkaspische und sibirische Bahn, beide auf Staatskosten erbaut).

In Spanien herrscht reines Privatbahnsystem, in Portugal ein eigenartiges gemischtes System. Das nördliche und südliche, in unfruchtbaren Gebieten gelegene Netz hat der Staat gebaut und betreibt es auch. Das mittlere Netz gehört einer Gesellschaft, deren Verwaltung, wenigstens in früherer Zeit, geradezu ein abschreckendes Beispiel der mißbräuchlichen Ausnutzung des Eisenbahnmonopols bildet.

Die drei nordischen Länder neigen zum Staatsbahnsystem. Dänemark und Norwegen haben beinahe ausschließlich Staatsbahnen. Schweden hat ein gemischtes System. Die Erfahrungen mit den bestehenden Privatbahnen sind indessen wenig erfreulich.

In Serbien, Rumänien und Bulgarien ist das Staatsbahnsystem, u. zw. teils vom Anfang an, teils nach kurzer Herrschaft des gemischten Systems, zur Geltung gelangt.

In der Türkei finden sich dagegen keine Spuren einer staatlichen Eisenbahnpolitik. Es bestehen nur Privatbahnen, die ausschließlich mit ausländischem

das Eisenbahngesetz vom 27. April 1885 ist die Regierung Eigentümerin fast aller Hauptbahnen geworden. Sie hat diese in drei Längennetze eingeteilt: das mittelländische, das adriatische und das sizilianische. Der Betrieb jedes dieser Netze wurde auf 60 Jahre an eine Betriebsgesellschaft verpachtet. Die großen Mißstände, die sich aus diesem System ergaben, veranlaßten nach langwierigen, parlamentarischen Kämpfen den Übergang zum Staatsbahnsystem in dem Gesetz vom 22. April 1905.

Die Eisenbahnen in den Niederlanden waren anfangs in Privathänden. Ein im Jahre 1838 den Generalstaaten vorgelegter Gesetzentwurf über den Bau einer Bahn von Amsterdam nach Arnheim wurde abgelehnt. Die Anlage dieser und einer Anzahl anschließender Bahnen wurde erst in Angriff genommen, als der König eine Ertragsgarantie übernommen hatte. Durch das Gesetz vom 18. August 1860 wurde der Bau eines größeren Netzes von Staatsbahnen angeordnet, deren Betrieb jedoch im Jahre 1863 die Gesellschaft für den Betrieb von Staatsbahnen und die holländische Eisenbahngesellschaft pachtweise übernahmen. Zur Beseitigung der empfindlichen Mißstände des Privatbahnbetriebes schloß die Regierung im Jahre 1890 Verträge (genehmigt mit Gesetz vom 22. Juli 1890) mit der größten Privatbahn, der niederländischen Rheinbahn, über den Ankauf ihrer Linien für den Staat und gleichzeitig mit genannten zwei Gesellschaften über die Pachtung auch dieser Linien. Durch die erwähnten Verträge verpflichteten sich die beiden Gesellschaften, auch den Betrieb künftighin zu erbauender Staatsbahnlinien zu übernehmen.

In der Schweiz wurden die meisten Eisenbahnen von Aktiengesellschaften gebaut und betrieben. Die E. ist eine schwankende gewesen. Durch Bundesgesetz vom 28. Juli 1852 wurde die Freigabe der Eisenbahnen an die Privatunternehmen und ihre Konzessionierung durch die Kantone unter Mitwirkung des Bundes vorgesehen. Dieses Gesetz wurde durch das Gesetz vom 23. Juli 1872 aufgehoben, das die Konzessionierung dem Bunde unter Teilnahme der Kantone übertrug. Auch unter der Herrschaft dieses Gesetzes war die Entwicklung des Eisenbahnwesens eine wenig befriedigende und die Regierung bestrebte sich, die bestehenden Mängel durch Erlaß zahlreicher neuer Gesetze zu beseitigen. Nach wiederholten verunglückten Versuchen zur schrittweisen Einführung des Staatsbahnsystems (1888 beabsichtigter freihändiger Ankauf der Nordostbahn, 1891 beabsichtigter Erwerb der Zentralbahn) gelang es erst im Jahre 1898 nach Vorbereitung der Verstaatlichungsaktion durch Erlaß eines neuen, strengeren Rechnungsgesetzes vom 23. Juni 1896 die Bestätigung des Gesetzes vom 15. Oktober 1897 über den Betrieb der Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen durchzusetzen. Seither wurden in rascher Folge (1900–1903) die Zentralbahn, die Nordostbahn, die vereinigten Schweizer Bahnen und die Jura-Simplon-Bahn verstaatlicht. Zuletzt ging 1909 die Gotthardbahn in das Eigentum und den Betrieb des Bundes über.

Die erste Eisenbahn Rußlands (1838) von St. Petersburg nach Pawlowsk war eine Privatbahn. Die erste Staatsbahn war die Nicolai-Bahn (Petersburg – Moskau) (1853), die 1868 in den Betrieb der großen russischen Eisenbahngesellschaft überging. Im Jahre 1893 wurde sie wieder für den Staat angekauft. Ohne erkennbares System werden die Bahnen, teils Staatsbahnen, in überwiegender Mehrzahl aber Privatbahnen, unter Heranziehung ausländischen Kapitales und mit starker Unterstützung der Regierung gebaut. Die sich hieraus ergebenden großen Mißstände veranlaßten die Regierung im Jahre 1881 zur Rückkehr zur Staatsbahnpolitik. Es wurde der Bau von Staatsbahnen und der Ankauf von Privatbahnen begonnen. Das Staatsbahnsystem ist heute als das herrschende anzusehen, doch werden mit Staatshilfe (garantierte Obligationen) auch noch von Privatunternehmern neue Eisenbahnen gebaut. Einen großen Zug bekommt die russische E. durch den Bau von Eisenbahnen in die unwirtlichen Gegenden des asiatischen Rußland (transkaspische und sibirische Bahn, beide auf Staatskosten erbaut).

In Spanien herrscht reines Privatbahnsystem, in Portugal ein eigenartiges gemischtes System. Das nördliche und südliche, in unfruchtbaren Gebieten gelegene Netz hat der Staat gebaut und betreibt es auch. Das mittlere Netz gehört einer Gesellschaft, deren Verwaltung, wenigstens in früherer Zeit, geradezu ein abschreckendes Beispiel der mißbräuchlichen Ausnutzung des Eisenbahnmonopols bildet.

Die drei nordischen Länder neigen zum Staatsbahnsystem. Dänemark und Norwegen haben beinahe ausschließlich Staatsbahnen. Schweden hat ein gemischtes System. Die Erfahrungen mit den bestehenden Privatbahnen sind indessen wenig erfreulich.

In Serbien, Rumänien und Bulgarien ist das Staatsbahnsystem, u. zw. teils vom Anfang an, teils nach kurzer Herrschaft des gemischten Systems, zur Geltung gelangt.

In der Türkei finden sich dagegen keine Spuren einer staatlichen Eisenbahnpolitik. Es bestehen nur Privatbahnen, die ausschließlich mit ausländischem

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[107/0116] das Eisenbahngesetz vom 27. April 1885 ist die Regierung Eigentümerin fast aller Hauptbahnen geworden. Sie hat diese in drei Längennetze eingeteilt: das mittelländische, das adriatische und das sizilianische. Der Betrieb jedes dieser Netze wurde auf 60 Jahre an eine Betriebsgesellschaft verpachtet. Die großen Mißstände, die sich aus diesem System ergaben, veranlaßten nach langwierigen, parlamentarischen Kämpfen den Übergang zum Staatsbahnsystem in dem Gesetz vom 22. April 1905. Die Eisenbahnen in den Niederlanden waren anfangs in Privathänden. Ein im Jahre 1838 den Generalstaaten vorgelegter Gesetzentwurf über den Bau einer Bahn von Amsterdam nach Arnheim wurde abgelehnt. Die Anlage dieser und einer Anzahl anschließender Bahnen wurde erst in Angriff genommen, als der König eine Ertragsgarantie übernommen hatte. Durch das Gesetz vom 18. August 1860 wurde der Bau eines größeren Netzes von Staatsbahnen angeordnet, deren Betrieb jedoch im Jahre 1863 die Gesellschaft für den Betrieb von Staatsbahnen und die holländische Eisenbahngesellschaft pachtweise übernahmen. Zur Beseitigung der empfindlichen Mißstände des Privatbahnbetriebes schloß die Regierung im Jahre 1890 Verträge (genehmigt mit Gesetz vom 22. Juli 1890) mit der größten Privatbahn, der niederländischen Rheinbahn, über den Ankauf ihrer Linien für den Staat und gleichzeitig mit genannten zwei Gesellschaften über die Pachtung auch dieser Linien. Durch die erwähnten Verträge verpflichteten sich die beiden Gesellschaften, auch den Betrieb künftighin zu erbauender Staatsbahnlinien zu übernehmen. In der Schweiz wurden die meisten Eisenbahnen von Aktiengesellschaften gebaut und betrieben. Die E. ist eine schwankende gewesen. Durch Bundesgesetz vom 28. Juli 1852 wurde die Freigabe der Eisenbahnen an die Privatunternehmen und ihre Konzessionierung durch die Kantone unter Mitwirkung des Bundes vorgesehen. Dieses Gesetz wurde durch das Gesetz vom 23. Juli 1872 aufgehoben, das die Konzessionierung dem Bunde unter Teilnahme der Kantone übertrug. Auch unter der Herrschaft dieses Gesetzes war die Entwicklung des Eisenbahnwesens eine wenig befriedigende und die Regierung bestrebte sich, die bestehenden Mängel durch Erlaß zahlreicher neuer Gesetze zu beseitigen. Nach wiederholten verunglückten Versuchen zur schrittweisen Einführung des Staatsbahnsystems (1888 beabsichtigter freihändiger Ankauf der Nordostbahn, 1891 beabsichtigter Erwerb der Zentralbahn) gelang es erst im Jahre 1898 nach Vorbereitung der Verstaatlichungsaktion durch Erlaß eines neuen, strengeren Rechnungsgesetzes vom 23. Juni 1896 die Bestätigung des Gesetzes vom 15. Oktober 1897 über den Betrieb der Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen durchzusetzen. Seither wurden in rascher Folge (1900–1903) die Zentralbahn, die Nordostbahn, die vereinigten Schweizer Bahnen und die Jura-Simplon-Bahn verstaatlicht. Zuletzt ging 1909 die Gotthardbahn in das Eigentum und den Betrieb des Bundes über. Die erste Eisenbahn Rußlands (1838) von St. Petersburg nach Pawlowsk war eine Privatbahn. Die erste Staatsbahn war die Nicolai-Bahn (Petersburg – Moskau) (1853), die 1868 in den Betrieb der großen russischen Eisenbahngesellschaft überging. Im Jahre 1893 wurde sie wieder für den Staat angekauft. Ohne erkennbares System werden die Bahnen, teils Staatsbahnen, in überwiegender Mehrzahl aber Privatbahnen, unter Heranziehung ausländischen Kapitales und mit starker Unterstützung der Regierung gebaut. Die sich hieraus ergebenden großen Mißstände veranlaßten die Regierung im Jahre 1881 zur Rückkehr zur Staatsbahnpolitik. Es wurde der Bau von Staatsbahnen und der Ankauf von Privatbahnen begonnen. Das Staatsbahnsystem ist heute als das herrschende anzusehen, doch werden mit Staatshilfe (garantierte Obligationen) auch noch von Privatunternehmern neue Eisenbahnen gebaut. Einen großen Zug bekommt die russische E. durch den Bau von Eisenbahnen in die unwirtlichen Gegenden des asiatischen Rußland (transkaspische und sibirische Bahn, beide auf Staatskosten erbaut). In Spanien herrscht reines Privatbahnsystem, in Portugal ein eigenartiges gemischtes System. Das nördliche und südliche, in unfruchtbaren Gebieten gelegene Netz hat der Staat gebaut und betreibt es auch. Das mittlere Netz gehört einer Gesellschaft, deren Verwaltung, wenigstens in früherer Zeit, geradezu ein abschreckendes Beispiel der mißbräuchlichen Ausnutzung des Eisenbahnmonopols bildet. Die drei nordischen Länder neigen zum Staatsbahnsystem. Dänemark und Norwegen haben beinahe ausschließlich Staatsbahnen. Schweden hat ein gemischtes System. Die Erfahrungen mit den bestehenden Privatbahnen sind indessen wenig erfreulich. In Serbien, Rumänien und Bulgarien ist das Staatsbahnsystem, u. zw. teils vom Anfang an, teils nach kurzer Herrschaft des gemischten Systems, zur Geltung gelangt. In der Türkei finden sich dagegen keine Spuren einer staatlichen Eisenbahnpolitik. Es bestehen nur Privatbahnen, die ausschließlich mit ausländischem

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/116>, abgerufen am 22.11.2024.