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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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folgen hübsche Waldungen, die allmählich in das Taru-Dickicht und in die Taru-Wüste übergehen. In sanfter Steigung wird Voi erreicht, von wo man bei klarem Wetter den Kilimandscharo erblickt. Hier zweigt die Straße ab nach Taveta und den deutschen Ansiedlungen südöstlich des Kilimandscharo; die Ausfuhrgüter aus diesem Gebiet erreichen hier die Ugandabahn auf kürzestem Wege. Hinter Voi beginnt ein wellenförmiges, sanft ansteigendes Steppenland, das von Tsavo im Gebiet der Wakamba bis zu den Kikuyu-Bergen reicht. Auf dieser Strecke hat die englische Regierung ein zusammenhängendes Wildschongebiet entlang der Bahn eingerichtet und dadurch die einzigartige Anlage eines etwa 300 km langen zoologischen Gartens geschaffen. Zahlreiche Jäger und Sportfreunde lockt der herrliche Wildstand in jene Bezirke von Ostafrika, und so ist diese Einrichtung mit Hilfe eines eifrigen und geschickten Reklamedienstes für Bahn und Land eine gute Einnahmequelle geworden.

Die Ankunft in der Hauptstation Nairobi macht dieser Fahrt ein Ende. Nairobi, 1700 m über dem Meer gelegen, ist Hauptstadt und Sitz des Gouverneurs von Britisch-Ostafrika, zugleich Mittelpunkt der Bahnverwaltung und Sitz der Hauptwerkstätten und Magazine; die Stadt hat sich infolge der Bahn rasch entwickelt und zeichnet sich durch gesundes trocknes Klima aus. Hinter Nairobi beginnt der steile Aufstieg in die Kikuyu-Berge, deren Paß auf 2340 m Meereshöhe in dichtem Urwald von tropischer Schönheit erreicht wird; die Bahn erhält hier den Charakter einer Hochgebirgsbahn. Nach Überschreiten der Wasserscheide zwischen den Stationen Lamoru und Escarpment fällt die Bahn steil in den Großen Afrikanischen Graben hinab; hier bietet sich dem Auge ein Bild von unbeschreiblicher Pracht und Großartigkeit; 2000 Fuß tief unten liegt der 40-50 km breite Graben, der sich vom Sambesi im Süden nördlich bis nach Ägypten verfolgen läßt, der aber hier seine eigentümlichsten Formen aufweist. Vulkanische Bergkegel erheben sich aus der Grabensohle und begrenzen den Hintergrund; mehrere Bergseen, gleichfalls vulkanischen Ursprungs, erglänzen beim Sonnenuntergange wie Silberspiegel. Bei Naivasha wird die Grabensohle erreicht, die sich bis Nakuru erstreckt. Hier beginnt der zweite ebenso steile Anstieg zum westlichen Grabenrand, der bei Mau auf 2545 m Seehöhe von der Bahn erreicht wird. Sodann fällt die Bahn in ausgedehnter künstlicher Längenentwicklung, mit großen Windungen und Kehren, durch viele Felseinschnitte und über zahlreiche Stahlviadukte hinweg, stetig in ein wellenförmiges Waldgelände hinab, das sich nach dem Viktoriasee hin verflacht, wo die Bahn ihr Endziel erreicht.

Die Bahn hat den wichtigen politischen Zweck, dem Britischen Reiche einen festen Stützpunkt zur Beherrschung der oberen Nilländer zu sichern und in Kriegszeiten, wenn einmal der Suezkanal gesperrt sein sollte, für die Truppenbeförderung nach Indien eine sichere Landverbindung zu gewähren. Aber auch wirtschaftlich hat sich der Einfluß der Bahn in der kurzen Zeit ihres Bestehens als außerordentlich stark erwiesen. Seit dem Jahre 1904 erzielt sie einen langsam wachsenden Betriebsüberschuß. Die Bahn hat besonders auf die gesamte landwirtschaftliche Erzeugung im deutschen Hinterlande des Viktoriasees sehr befruchtend gewirkt, indem sie für viele Landeserzeugnisse zum ersten Male eine Absatzmöglichkeit geschaffen und so die Ein- und Ausfuhr und die Zolleinnahmen in den deutschen Stationen Muansa, Bukoba und Schirati am Viktoriasee ebenso wie den Ertrag der dortigen Hüttensteuer von ganz unbedeutenden Beträgen zu namhaften Summen steigerte. So kommt die Ugandabahn auch dem deutschen Schutzgebiete in Ostafrika zu gute.

Die Kosten der Bahn haben rund 51/2 Mill. L, das sind 119.400 M. f. d. km betragen. Der Oberbau besteht aus Stahlschienen von 24·8 kg/m, in 9·14 m Länge auf je 12 eisernen Querschwellen von je 34 kg Gewicht verlegt. Die Bahn hat jetzt 43 Stationen. Die stärksten Steigungen betragen 1 : 50, die schärfsten Krümmungen haben 175 m Halbmesser. Die Lokomotiven sind mit Schlepptender versehen, haben 50 t Dienstgewicht und können bei 1 : 50 eine Zuglast von 146 t schleppen; sie werden sämtlich mit Holz geheizt.

Um die Erschließung des Küstengebiets des Viktoriasees durchzuführen, wurde auch ein regelmäßiger Verkehr auf dem See durch Seedampfer eingerichtet. Zunächst wurden zwei Doppelschraubendampfer, "Winifred" und "Sybil" mit je 600 Registertonnen im April 1903 und Januar 1904 in Betrieb gesetzt. Diese Dampfer sowie der 1907 folgende "Clement Hill" - 866 Registertonnen - und der wenig größere "Nyansa" vermitteln einen regelmäßigen Dienst zwischen den englischen und den deutschen Stationen des Seegebiets.

Der Dampferdienst ist der Eisenbahnverwaltung angegliedert.

Zurzeit verkehren wöchentlich 7 über die ganze Bahn durchgehende Züge. Die größte Fahrgeschwindigkeit beträgt 40 km/Std.

Die nachstehende Zusammenstellung zeigt die allmähliche Steigerung des Verkehrs und seiner Erträgnisse für die Jahre 1903 bis 1910.

folgen hübsche Waldungen, die allmählich in das Taru-Dickicht und in die Taru-Wüste übergehen. In sanfter Steigung wird Voi erreicht, von wo man bei klarem Wetter den Kilimandscharo erblickt. Hier zweigt die Straße ab nach Taveta und den deutschen Ansiedlungen südöstlich des Kilimandscharo; die Ausfuhrgüter aus diesem Gebiet erreichen hier die Ugandabahn auf kürzestem Wege. Hinter Voi beginnt ein wellenförmiges, sanft ansteigendes Steppenland, das von Tsavo im Gebiet der Wakamba bis zu den Kikuyu-Bergen reicht. Auf dieser Strecke hat die englische Regierung ein zusammenhängendes Wildschongebiet entlang der Bahn eingerichtet und dadurch die einzigartige Anlage eines etwa 300 km langen zoologischen Gartens geschaffen. Zahlreiche Jäger und Sportfreunde lockt der herrliche Wildstand in jene Bezirke von Ostafrika, und so ist diese Einrichtung mit Hilfe eines eifrigen und geschickten Reklamedienstes für Bahn und Land eine gute Einnahmequelle geworden.

Die Ankunft in der Hauptstation Nairobi macht dieser Fahrt ein Ende. Nairobi, 1700 m über dem Meer gelegen, ist Hauptstadt und Sitz des Gouverneurs von Britisch-Ostafrika, zugleich Mittelpunkt der Bahnverwaltung und Sitz der Hauptwerkstätten und Magazine; die Stadt hat sich infolge der Bahn rasch entwickelt und zeichnet sich durch gesundes trocknes Klima aus. Hinter Nairobi beginnt der steile Aufstieg in die Kikuyu-Berge, deren Paß auf 2340 m Meereshöhe in dichtem Urwald von tropischer Schönheit erreicht wird; die Bahn erhält hier den Charakter einer Hochgebirgsbahn. Nach Überschreiten der Wasserscheide zwischen den Stationen Lamoru und Escarpment fällt die Bahn steil in den Großen Afrikanischen Graben hinab; hier bietet sich dem Auge ein Bild von unbeschreiblicher Pracht und Großartigkeit; 2000 Fuß tief unten liegt der 40–50 km breite Graben, der sich vom Sambesi im Süden nördlich bis nach Ägypten verfolgen läßt, der aber hier seine eigentümlichsten Formen aufweist. Vulkanische Bergkegel erheben sich aus der Grabensohle und begrenzen den Hintergrund; mehrere Bergseen, gleichfalls vulkanischen Ursprungs, erglänzen beim Sonnenuntergange wie Silberspiegel. Bei Naivasha wird die Grabensohle erreicht, die sich bis Nakuru erstreckt. Hier beginnt der zweite ebenso steile Anstieg zum westlichen Grabenrand, der bei Mau auf 2545 m Seehöhe von der Bahn erreicht wird. Sodann fällt die Bahn in ausgedehnter künstlicher Längenentwicklung, mit großen Windungen und Kehren, durch viele Felseinschnitte und über zahlreiche Stahlviadukte hinweg, stetig in ein wellenförmiges Waldgelände hinab, das sich nach dem Viktoriasee hin verflacht, wo die Bahn ihr Endziel erreicht.

Die Bahn hat den wichtigen politischen Zweck, dem Britischen Reiche einen festen Stützpunkt zur Beherrschung der oberen Nilländer zu sichern und in Kriegszeiten, wenn einmal der Suezkanal gesperrt sein sollte, für die Truppenbeförderung nach Indien eine sichere Landverbindung zu gewähren. Aber auch wirtschaftlich hat sich der Einfluß der Bahn in der kurzen Zeit ihres Bestehens als außerordentlich stark erwiesen. Seit dem Jahre 1904 erzielt sie einen langsam wachsenden Betriebsüberschuß. Die Bahn hat besonders auf die gesamte landwirtschaftliche Erzeugung im deutschen Hinterlande des Viktoriasees sehr befruchtend gewirkt, indem sie für viele Landeserzeugnisse zum ersten Male eine Absatzmöglichkeit geschaffen und so die Ein- und Ausfuhr und die Zolleinnahmen in den deutschen Stationen Muansa, Bukoba und Schirati am Viktoriasee ebenso wie den Ertrag der dortigen Hüttensteuer von ganz unbedeutenden Beträgen zu namhaften Summen steigerte. So kommt die Ugandabahn auch dem deutschen Schutzgebiete in Ostafrika zu gute.

Die Kosten der Bahn haben rund 51/2 Mill. ₤, das sind 119.400 M. f. d. km betragen. Der Oberbau besteht aus Stahlschienen von 24·8 kg/m, in 9·14 m Länge auf je 12 eisernen Querschwellen von je 34 kg Gewicht verlegt. Die Bahn hat jetzt 43 Stationen. Die stärksten Steigungen betragen 1 : 50, die schärfsten Krümmungen haben 175 m Halbmesser. Die Lokomotiven sind mit Schlepptender versehen, haben 50 t Dienstgewicht und können bei 1 : 50 eine Zuglast von 146 t schleppen; sie werden sämtlich mit Holz geheizt.

Um die Erschließung des Küstengebiets des Viktoriasees durchzuführen, wurde auch ein regelmäßiger Verkehr auf dem See durch Seedampfer eingerichtet. Zunächst wurden zwei Doppelschraubendampfer, „Winifred“ und „Sybil“ mit je 600 Registertonnen im April 1903 und Januar 1904 in Betrieb gesetzt. Diese Dampfer sowie der 1907 folgende „Clement Hill“ – 866 Registertonnen – und der wenig größere „Nyansa“ vermitteln einen regelmäßigen Dienst zwischen den englischen und den deutschen Stationen des Seegebiets.

Der Dampferdienst ist der Eisenbahnverwaltung angegliedert.

Zurzeit verkehren wöchentlich 7 über die ganze Bahn durchgehende Züge. Die größte Fahrgeschwindigkeit beträgt 40 km/Std.

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[81/0092] folgen hübsche Waldungen, die allmählich in das Taru-Dickicht und in die Taru-Wüste übergehen. In sanfter Steigung wird Voi erreicht, von wo man bei klarem Wetter den Kilimandscharo erblickt. Hier zweigt die Straße ab nach Taveta und den deutschen Ansiedlungen südöstlich des Kilimandscharo; die Ausfuhrgüter aus diesem Gebiet erreichen hier die Ugandabahn auf kürzestem Wege. Hinter Voi beginnt ein wellenförmiges, sanft ansteigendes Steppenland, das von Tsavo im Gebiet der Wakamba bis zu den Kikuyu-Bergen reicht. Auf dieser Strecke hat die englische Regierung ein zusammenhängendes Wildschongebiet entlang der Bahn eingerichtet und dadurch die einzigartige Anlage eines etwa 300 km langen zoologischen Gartens geschaffen. Zahlreiche Jäger und Sportfreunde lockt der herrliche Wildstand in jene Bezirke von Ostafrika, und so ist diese Einrichtung mit Hilfe eines eifrigen und geschickten Reklamedienstes für Bahn und Land eine gute Einnahmequelle geworden. Die Ankunft in der Hauptstation Nairobi macht dieser Fahrt ein Ende. Nairobi, 1700 m über dem Meer gelegen, ist Hauptstadt und Sitz des Gouverneurs von Britisch-Ostafrika, zugleich Mittelpunkt der Bahnverwaltung und Sitz der Hauptwerkstätten und Magazine; die Stadt hat sich infolge der Bahn rasch entwickelt und zeichnet sich durch gesundes trocknes Klima aus. Hinter Nairobi beginnt der steile Aufstieg in die Kikuyu-Berge, deren Paß auf 2340 m Meereshöhe in dichtem Urwald von tropischer Schönheit erreicht wird; die Bahn erhält hier den Charakter einer Hochgebirgsbahn. Nach Überschreiten der Wasserscheide zwischen den Stationen Lamoru und Escarpment fällt die Bahn steil in den Großen Afrikanischen Graben hinab; hier bietet sich dem Auge ein Bild von unbeschreiblicher Pracht und Großartigkeit; 2000 Fuß tief unten liegt der 40–50 km breite Graben, der sich vom Sambesi im Süden nördlich bis nach Ägypten verfolgen läßt, der aber hier seine eigentümlichsten Formen aufweist. Vulkanische Bergkegel erheben sich aus der Grabensohle und begrenzen den Hintergrund; mehrere Bergseen, gleichfalls vulkanischen Ursprungs, erglänzen beim Sonnenuntergange wie Silberspiegel. Bei Naivasha wird die Grabensohle erreicht, die sich bis Nakuru erstreckt. Hier beginnt der zweite ebenso steile Anstieg zum westlichen Grabenrand, der bei Mau auf 2545 m Seehöhe von der Bahn erreicht wird. Sodann fällt die Bahn in ausgedehnter künstlicher Längenentwicklung, mit großen Windungen und Kehren, durch viele Felseinschnitte und über zahlreiche Stahlviadukte hinweg, stetig in ein wellenförmiges Waldgelände hinab, das sich nach dem Viktoriasee hin verflacht, wo die Bahn ihr Endziel erreicht. Die Bahn hat den wichtigen politischen Zweck, dem Britischen Reiche einen festen Stützpunkt zur Beherrschung der oberen Nilländer zu sichern und in Kriegszeiten, wenn einmal der Suezkanal gesperrt sein sollte, für die Truppenbeförderung nach Indien eine sichere Landverbindung zu gewähren. Aber auch wirtschaftlich hat sich der Einfluß der Bahn in der kurzen Zeit ihres Bestehens als außerordentlich stark erwiesen. Seit dem Jahre 1904 erzielt sie einen langsam wachsenden Betriebsüberschuß. Die Bahn hat besonders auf die gesamte landwirtschaftliche Erzeugung im deutschen Hinterlande des Viktoriasees sehr befruchtend gewirkt, indem sie für viele Landeserzeugnisse zum ersten Male eine Absatzmöglichkeit geschaffen und so die Ein- und Ausfuhr und die Zolleinnahmen in den deutschen Stationen Muansa, Bukoba und Schirati am Viktoriasee ebenso wie den Ertrag der dortigen Hüttensteuer von ganz unbedeutenden Beträgen zu namhaften Summen steigerte. So kommt die Ugandabahn auch dem deutschen Schutzgebiete in Ostafrika zu gute. Die Kosten der Bahn haben rund 51/2 Mill. ₤, das sind 119.400 M. f. d. km betragen. Der Oberbau besteht aus Stahlschienen von 24·8 kg/m, in 9·14 m Länge auf je 12 eisernen Querschwellen von je 34 kg Gewicht verlegt. Die Bahn hat jetzt 43 Stationen. Die stärksten Steigungen betragen 1 : 50, die schärfsten Krümmungen haben 175 m Halbmesser. Die Lokomotiven sind mit Schlepptender versehen, haben 50 t Dienstgewicht und können bei 1 : 50 eine Zuglast von 146 t schleppen; sie werden sämtlich mit Holz geheizt. Um die Erschließung des Küstengebiets des Viktoriasees durchzuführen, wurde auch ein regelmäßiger Verkehr auf dem See durch Seedampfer eingerichtet. Zunächst wurden zwei Doppelschraubendampfer, „Winifred“ und „Sybil“ mit je 600 Registertonnen im April 1903 und Januar 1904 in Betrieb gesetzt. Diese Dampfer sowie der 1907 folgende „Clement Hill“ – 866 Registertonnen – und der wenig größere „Nyansa“ vermitteln einen regelmäßigen Dienst zwischen den englischen und den deutschen Stationen des Seegebiets. Der Dampferdienst ist der Eisenbahnverwaltung angegliedert. Zurzeit verkehren wöchentlich 7 über die ganze Bahn durchgehende Züge. Die größte Fahrgeschwindigkeit beträgt 40 km/Std. Die nachstehende Zusammenstellung zeigt die allmähliche Steigerung des Verkehrs und seiner Erträgnisse für die Jahre 1903 bis 1910.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/92>, abgerufen am 28.09.2024.