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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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München (R. v. Helmholtz) im Jahre 1900 bei einer 2. B. 1.-Schnellzuglokomotive für die Pfalzbahn (ausgestellt Paris 1900). Bei dieser Lokomotive ist zwischen den in normaler Weise angeordneten Räderpaaren des D. noch ein drittes Räderpaar angeordnet, das durch eine kleine, am Rahmen des D. gelagerte Dampfmaschine in Bewegung gesetzt, beim Anfahren die Zugkraft erhöht. Nach Erreichung einer gewissen Geschwindigkeit wird die Dampfmaschine abgestellt und dieses mittlere Räderpaar durch entsprechende Mittel so weit von der Schiene abgehoben, daß es in Ruhe bleibt. Diese mittlere Drehgestellachse wurde von der erbauenden Firma zutreffend Vorspannachse genannt. Bei Einschaltung der Vorspannachse entspricht dieser Type die Bezeichnung 3. B. 1.

Eine besondere Art zwei- und mehrachsiger D. bei Lokomotiven sind die an den verschiedenen Bauarten von artikulierten Lokomotiven (Motorgestellokomotiven) vorkommenden, durch Dampfzylinder angetriebenen Untergestelle (Bauart Fairlie, Meyer, Chemins de fer du Nord, Garratt u. s. w., s. artikulierte Lokomotiven und Lokomotive).

Daß die D. als das derzeit vollkommenste Mittel zur Erhöhung der Sicherheit und Ruhe des Laufes gelten, ist auch dadurch anerkannt, daß die T. V. hierüber Vorschreibungen enthalten. Die wichtigsten sind:

§88, Abs. 1: Bei Lokomotiven mit größeren als den im § 87 angegebenen Radständen (Abstand der Endachsen) wird die Anwendung von D. oder einstellbaren Achsen empfohlen.

§88, Abs. 2: Zweiachsige D., deren Drehpunkt zwischen den Drehgestellachsen liegt sowie Verbindungen beweglicher Achsen von ähnlicher Wirkung werden für Lokomotiven der Schnell- und Personenzüge an erster Stelle empfohlen.

§ 118, Abs. 4: Für lange und schwere Wagen sind D. besonders geeignet.

Literatur: Heusinger, Handbuch für spezielle Eisenbahntechnik. II. und III. Bd. 1882. - Rühlmann, Allgemeine Maschinenlehre. III. Bd. 1877. - Congres international des chemins de fer. Paris 1889. Vol. II. - Eisenbahntechnik der Gegenwart. I. Bd. - Locomotives and Locomotive Building, Origin and Growth of the Rogers Locomotive and Machine Works. 1886. - A. Sinclair, Development of the Locomotive Engine. 1907. - G. A. Sekon, Evolution of the Steam Locomotive. 1899. - Sammlung von Zeichnungen bisher ausgeführter und zur Ausführung vorgeschlagener Drehgestelle für Schnellzugwagen. - Ergänzungsband zu Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen. 1904.

Gölsdorf.


Drehscheiben (turntables; plaques tournantes; piattaformi girevoli), bewegliche, meistens auf besonderen Tragkörpern gelagerte Fahrbahnstücke, die um eine lotrechte Achse drehbar sind und zum Umsetzen von Fahrzeugen oder Radsätzen aus einem Gleis in ein anderes oder zum Wenden der Fahrzeuge dienen.

In Deutschland, Österreich-Ungarn und Amerika werden D. hauptsächlich zum Wenden von Fahrzeugen und zum Verteilen der Lokomotiven auf die Stände der ringförmigen Schuppen benutzt. In England, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal wurden sie früher in größerem Umfang als Gleisverbindungen angewandt. Indessen führte auch hier die Forderung nach geräumigen und tragfähigen Wagen mit langem Radstand (der die Größe der D. und damit die Entfernung der Nachbargleise erheblich beeinflußt), mehr und mehr zum Ersatz der D. durch Weichenverbindungen.

Im allgemeinen brauchen D. weniger Raum und ermöglichen in gewissen Fällen eine raschere Arbeitsleistung bei weniger Bedienungsmannschaft als gleich leistungsfähige Weichenverbindungen. Die geringere Raumbeanspruchung der D. gestattet eine vorteilhafte Geländeausnutzung, verringert somit die Anlagekosten des Bahnhofs.

Dagegen haben D. den Nachteil, daß die Sicherheit erheblich vermindert und die Betriebsführung durch die erforderliche Einzelbewegung jedes Fahrzeuges erschwert und verteuert wird. Ganze Züge können über D. nur in sehr langsamer Fahrt gehen, weil die Stöße und Geräusche sonst unerträglich werden. Eine beschädigte D. hindert die Durchführung des Betriebs im allgemeinen mehr als eine zerstörte Weiche. Aus diesen Gründen ist die Verwendung von D. nur in Nebengleisen zweckmäßig. Überdies erfordert eine Vergrößerung des Radstandes der Fahrzeuge meistens neue, größere D. und umgekehrt erschweren vorhandene D. die Einführung von Fahrzeugen mit längerem Radstand.

Die T. V. enthalten in § 43 folgende Vorschriften über D.:

1. Lokomotivstationen von Dampfbahnen sind mit mindestens einer D. auszustatten, für die ein Durchmesser von wenigstens 20 m empfohlen wird.

2. In Hauptgleisen sind D. nur an den Enden von Kopfstationen zulässig.

3. Dem Führer der ankommenden Lokomotive soll aus einem Signal ersichtlich sein, ob die D. für seine Fahrt richtig eingestellt ist.

I. Größe und Bauart.

Für die Bemessung der Drehscheibenlänge ist der Radstand der Fahrzeuge, d. i. die Entfernung der Endachsen voneinander, wichtig. Damit die Drehung der Scheibe durch überstehende Spurkränze der Räder nicht behindert wird, ferner um einen gewissen Spielraum beim Anhalten der Fahrzeuge zu haben,

München (R. v. Helmholtz) im Jahre 1900 bei einer 2. B. 1.-Schnellzuglokomotive für die Pfalzbahn (ausgestellt Paris 1900). Bei dieser Lokomotive ist zwischen den in normaler Weise angeordneten Räderpaaren des D. noch ein drittes Räderpaar angeordnet, das durch eine kleine, am Rahmen des D. gelagerte Dampfmaschine in Bewegung gesetzt, beim Anfahren die Zugkraft erhöht. Nach Erreichung einer gewissen Geschwindigkeit wird die Dampfmaschine abgestellt und dieses mittlere Räderpaar durch entsprechende Mittel so weit von der Schiene abgehoben, daß es in Ruhe bleibt. Diese mittlere Drehgestellachse wurde von der erbauenden Firma zutreffend Vorspannachse genannt. Bei Einschaltung der Vorspannachse entspricht dieser Type die Bezeichnung 3. B. 1.

Eine besondere Art zwei- und mehrachsiger D. bei Lokomotiven sind die an den verschiedenen Bauarten von artikulierten Lokomotiven (Motorgestellokomotiven) vorkommenden, durch Dampfzylinder angetriebenen Untergestelle (Bauart Fairlie, Meyer, Chemins de fer du Nord, Garratt u. s. w., s. artikulierte Lokomotiven und Lokomotive).

Daß die D. als das derzeit vollkommenste Mittel zur Erhöhung der Sicherheit und Ruhe des Laufes gelten, ist auch dadurch anerkannt, daß die T. V. hierüber Vorschreibungen enthalten. Die wichtigsten sind:

§88, Abs. 1: Bei Lokomotiven mit größeren als den im § 87 angegebenen Radständen (Abstand der Endachsen) wird die Anwendung von D. oder einstellbaren Achsen empfohlen.

§88, Abs. 2: Zweiachsige D., deren Drehpunkt zwischen den Drehgestellachsen liegt sowie Verbindungen beweglicher Achsen von ähnlicher Wirkung werden für Lokomotiven der Schnell- und Personenzüge an erster Stelle empfohlen.

§ 118, Abs. 4: Für lange und schwere Wagen sind D. besonders geeignet.

Literatur: Heusinger, Handbuch für spezielle Eisenbahntechnik. II. und III. Bd. 1882. – Rühlmann, Allgemeine Maschinenlehre. III. Bd. 1877. – Congrès international des chemins de fer. Paris 1889. Vol. II. – Eisenbahntechnik der Gegenwart. I. Bd. – Locomotives and Locomotive Building, Origin and Growth of the Rogers Locomotive and Machine Works. 1886. – A. Sinclair, Development of the Locomotive Engine. 1907. – G. A. Sekon, Evolution of the Steam Locomotive. 1899. – Sammlung von Zeichnungen bisher ausgeführter und zur Ausführung vorgeschlagener Drehgestelle für Schnellzugwagen. – Ergänzungsband zu Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen. 1904.

Gölsdorf.


Drehscheiben (turntables; plaques tournantes; piattaformi girevoli), bewegliche, meistens auf besonderen Tragkörpern gelagerte Fahrbahnstücke, die um eine lotrechte Achse drehbar sind und zum Umsetzen von Fahrzeugen oder Radsätzen aus einem Gleis in ein anderes oder zum Wenden der Fahrzeuge dienen.

In Deutschland, Österreich-Ungarn und Amerika werden D. hauptsächlich zum Wenden von Fahrzeugen und zum Verteilen der Lokomotiven auf die Stände der ringförmigen Schuppen benutzt. In England, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal wurden sie früher in größerem Umfang als Gleisverbindungen angewandt. Indessen führte auch hier die Forderung nach geräumigen und tragfähigen Wagen mit langem Radstand (der die Größe der D. und damit die Entfernung der Nachbargleise erheblich beeinflußt), mehr und mehr zum Ersatz der D. durch Weichenverbindungen.

Im allgemeinen brauchen D. weniger Raum und ermöglichen in gewissen Fällen eine raschere Arbeitsleistung bei weniger Bedienungsmannschaft als gleich leistungsfähige Weichenverbindungen. Die geringere Raumbeanspruchung der D. gestattet eine vorteilhafte Geländeausnutzung, verringert somit die Anlagekosten des Bahnhofs.

Dagegen haben D. den Nachteil, daß die Sicherheit erheblich vermindert und die Betriebsführung durch die erforderliche Einzelbewegung jedes Fahrzeuges erschwert und verteuert wird. Ganze Züge können über D. nur in sehr langsamer Fahrt gehen, weil die Stöße und Geräusche sonst unerträglich werden. Eine beschädigte D. hindert die Durchführung des Betriebs im allgemeinen mehr als eine zerstörte Weiche. Aus diesen Gründen ist die Verwendung von D. nur in Nebengleisen zweckmäßig. Überdies erfordert eine Vergrößerung des Radstandes der Fahrzeuge meistens neue, größere D. und umgekehrt erschweren vorhandene D. die Einführung von Fahrzeugen mit längerem Radstand.

Die T. V. enthalten in § 43 folgende Vorschriften über D.:

1. Lokomotivstationen von Dampfbahnen sind mit mindestens einer D. auszustatten, für die ein Durchmesser von wenigstens 20 m empfohlen wird.

2. In Hauptgleisen sind D. nur an den Enden von Kopfstationen zulässig.

3. Dem Führer der ankommenden Lokomotive soll aus einem Signal ersichtlich sein, ob die D. für seine Fahrt richtig eingestellt ist.

I. Größe und Bauart.

Für die Bemessung der Drehscheibenlänge ist der Radstand der Fahrzeuge, d. i. die Entfernung der Endachsen voneinander, wichtig. Damit die Drehung der Scheibe durch überstehende Spurkränze der Räder nicht behindert wird, ferner um einen gewissen Spielraum beim Anhalten der Fahrzeuge zu haben,

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[427/0444] München (R. v. Helmholtz) im Jahre 1900 bei einer 2. B. 1.-Schnellzuglokomotive für die Pfalzbahn (ausgestellt Paris 1900). Bei dieser Lokomotive ist zwischen den in normaler Weise angeordneten Räderpaaren des D. noch ein drittes Räderpaar angeordnet, das durch eine kleine, am Rahmen des D. gelagerte Dampfmaschine in Bewegung gesetzt, beim Anfahren die Zugkraft erhöht. Nach Erreichung einer gewissen Geschwindigkeit wird die Dampfmaschine abgestellt und dieses mittlere Räderpaar durch entsprechende Mittel so weit von der Schiene abgehoben, daß es in Ruhe bleibt. Diese mittlere Drehgestellachse wurde von der erbauenden Firma zutreffend Vorspannachse genannt. Bei Einschaltung der Vorspannachse entspricht dieser Type die Bezeichnung 3. B. 1. Eine besondere Art zwei- und mehrachsiger D. bei Lokomotiven sind die an den verschiedenen Bauarten von artikulierten Lokomotiven (Motorgestellokomotiven) vorkommenden, durch Dampfzylinder angetriebenen Untergestelle (Bauart Fairlie, Meyer, Chemins de fer du Nord, Garratt u. s. w., s. artikulierte Lokomotiven und Lokomotive). Daß die D. als das derzeit vollkommenste Mittel zur Erhöhung der Sicherheit und Ruhe des Laufes gelten, ist auch dadurch anerkannt, daß die T. V. hierüber Vorschreibungen enthalten. Die wichtigsten sind: §88, Abs. 1: Bei Lokomotiven mit größeren als den im § 87 angegebenen Radständen (Abstand der Endachsen) wird die Anwendung von D. oder einstellbaren Achsen empfohlen. §88, Abs. 2: Zweiachsige D., deren Drehpunkt zwischen den Drehgestellachsen liegt sowie Verbindungen beweglicher Achsen von ähnlicher Wirkung werden für Lokomotiven der Schnell- und Personenzüge an erster Stelle empfohlen. § 118, Abs. 4: Für lange und schwere Wagen sind D. besonders geeignet. Literatur: Heusinger, Handbuch für spezielle Eisenbahntechnik. II. und III. Bd. 1882. – Rühlmann, Allgemeine Maschinenlehre. III. Bd. 1877. – Congrès international des chemins de fer. Paris 1889. Vol. II. – Eisenbahntechnik der Gegenwart. I. Bd. – Locomotives and Locomotive Building, Origin and Growth of the Rogers Locomotive and Machine Works. 1886. – A. Sinclair, Development of the Locomotive Engine. 1907. – G. A. Sekon, Evolution of the Steam Locomotive. 1899. – Sammlung von Zeichnungen bisher ausgeführter und zur Ausführung vorgeschlagener Drehgestelle für Schnellzugwagen. – Ergänzungsband zu Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen. 1904. Gölsdorf. Drehscheiben (turntables; plaques tournantes; piattaformi girevoli), bewegliche, meistens auf besonderen Tragkörpern gelagerte Fahrbahnstücke, die um eine lotrechte Achse drehbar sind und zum Umsetzen von Fahrzeugen oder Radsätzen aus einem Gleis in ein anderes oder zum Wenden der Fahrzeuge dienen. In Deutschland, Österreich-Ungarn und Amerika werden D. hauptsächlich zum Wenden von Fahrzeugen und zum Verteilen der Lokomotiven auf die Stände der ringförmigen Schuppen benutzt. In England, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal wurden sie früher in größerem Umfang als Gleisverbindungen angewandt. Indessen führte auch hier die Forderung nach geräumigen und tragfähigen Wagen mit langem Radstand (der die Größe der D. und damit die Entfernung der Nachbargleise erheblich beeinflußt), mehr und mehr zum Ersatz der D. durch Weichenverbindungen. Im allgemeinen brauchen D. weniger Raum und ermöglichen in gewissen Fällen eine raschere Arbeitsleistung bei weniger Bedienungsmannschaft als gleich leistungsfähige Weichenverbindungen. Die geringere Raumbeanspruchung der D. gestattet eine vorteilhafte Geländeausnutzung, verringert somit die Anlagekosten des Bahnhofs. Dagegen haben D. den Nachteil, daß die Sicherheit erheblich vermindert und die Betriebsführung durch die erforderliche Einzelbewegung jedes Fahrzeuges erschwert und verteuert wird. Ganze Züge können über D. nur in sehr langsamer Fahrt gehen, weil die Stöße und Geräusche sonst unerträglich werden. Eine beschädigte D. hindert die Durchführung des Betriebs im allgemeinen mehr als eine zerstörte Weiche. Aus diesen Gründen ist die Verwendung von D. nur in Nebengleisen zweckmäßig. Überdies erfordert eine Vergrößerung des Radstandes der Fahrzeuge meistens neue, größere D. und umgekehrt erschweren vorhandene D. die Einführung von Fahrzeugen mit längerem Radstand. Die T. V. enthalten in § 43 folgende Vorschriften über D.: 1. Lokomotivstationen von Dampfbahnen sind mit mindestens einer D. auszustatten, für die ein Durchmesser von wenigstens 20 m empfohlen wird. 2. In Hauptgleisen sind D. nur an den Enden von Kopfstationen zulässig. 3. Dem Führer der ankommenden Lokomotive soll aus einem Signal ersichtlich sein, ob die D. für seine Fahrt richtig eingestellt ist. I. Größe und Bauart. Für die Bemessung der Drehscheibenlänge ist der Radstand der Fahrzeuge, d. i. die Entfernung der Endachsen voneinander, wichtig. Damit die Drehung der Scheibe durch überstehende Spurkränze der Räder nicht behindert wird, ferner um einen gewissen Spielraum beim Anhalten der Fahrzeuge zu haben,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/444>, abgerufen am 23.11.2024.