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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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die hier vielfach angezogene Statistik der im Betrieb befindlichen Eisenbahnen Deutschlands herausgegeben werden kann, die alljährlich erscheint. Der letzte Jahrgang, der XXXI., erschien für das Rechnungsjahr 1910; ihm sind fast alle statistischen Angaben dieses Artikels entnommen worden.

F. Eisenbahnrecht.

Während die deutsche Reichsverfassung die oben dargestellten Grundsätze über die Verpflichtungen der D. dem Reiche gegenüber aufgestellt und insoweit öffentliches Eisenbahnrecht geschaffen hat, gibt es ein besonderes einheitliches deutsches Eisenbahnrecht nur auf dem Gebiete des Frachtrechts und der Haftpflicht für Tötungen und Verletzungen von Personen im Eisenbahnbetriebe. Jenes wird durch den 7. Abschnitt des 3. Buchs des deutschen Handelsgesetzbuchs geregelt, der in den §§ 453-473 die Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen behandelt, während der 6. Abschnitt das Frachtgeschäft im allgemeinen betrifft. Im § 453 a. a. O. wird die Beförderungspflicht der Eisenbahn ausgesprochen und es wird festgesetzt, inwieweit diese Pflicht Beschränkungen unterworfen ist. Die §§ 456-471 handeln von der Haftpflicht der Eisenbahn für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes - auch von Reisegepäck - oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. Nach § 467 ist jede Haftpflicht auf Grund des Frachtvertrags ausgeschlossen, wenn Gegenstände, die von der Beförderung ganz ausgeschlossen sind oder nur unter besonderen Bedingungen befördert werden, unter unrichtiger Bezeichnung aufgegeben werden. § 472 setzt fest, daß die Vorschriften über die Beförderung von Personen auf der Eisenbahn durch die EVO. getroffen werden. Überhaupt nehmen die angezogenen §§ des HGB. mehrfach auf die näheren Bestimmungen des EVO. Bezug und bestimmen, inwieweit durch diese Beschränkungen der Haftpflicht ausgesprochen werden können; der § 471 setzt fest, daß eine Anzahl der durch das HGB. begründeten Verpflichtungen der Eisenbahn als Frachtführer weder durch die EVO. noch durch Verträge abgeändert werden können. Näheres s. die Artikel: Betriebsreglement, Frachtrecht, Verkehrsordnung.

Das internationale Eisenbahnfrachtrecht, das die Reichsverhältnisse betrifft, die bei Beförderung eines Gutes von einem Orte des Inlands nach einem Orte des Auslands auf Grund eines durchgehenden Frachtbriefs zwischen dem Verfrachter und der Eisenbahnen und zwischen den an der Beförderung des Guts beteiligten Eisenbahnen untereinander entstehen, wird durch das Berner Internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (I. Ü.) geregelt, dessen letzte Fassung die vom 22. Dezember 1908 an gültige ist (s. hierüber Näheres in Abschnitt A und im Art. Frachtrecht, internationales).

Die Haftpflicht für Tötung und Verletzung von Personen beim Betrieb der Eisenbahnen wird durch ein besonderes Reichsgesetz vom 7. Juni 1871 (das sog. Haftpflichtgesetz) geregelt. Es bezeichnet sich als das Gesetz betreffend die Verbindlichkeiten zum Schadenersatz für die bei dem Betrieb von Eisenbahnen (Bauwerken, Fabriken, Steinbrüchen, Gräbereien) herbeigeführten Tötungen und Verletzungen und bestimmt im § I folgendes: Wenn bei dem Betrieb einer Eisenbahn ein Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebsunternehmer für den dadurch entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getöteten oder Verletzten verursacht ist. Die weiteren Bestimmungen des Gesetzes betreffen namentlich den Umfang des zu leistenden Schadenersatzes, sie sind durch das Einführungsgesetz zum deutschen bürgerlichen Gesetzbuch mehrfach abgeändert.

Das besprochene Gesetz hat außerordentlich zahlreiche rechtliche Zweifel wachgerufen und beschäftigt die deutsche Rechtsprechung noch unausgesetzt in so hohem Maße, daß beim deutschen Reichsgericht in Leipzig ein eigener Senat eingerichtet ist, der sich hauptsächlich mit den auf das Reichshaftpflichtgesetz gründenden Streitfällen befaßt. Auch die juristische Literatur, die das Gesetz hervorgerufen hat, ist sehr umfangreich. Namentlich die Fragen, was unter dem Betrieb einer Eisenbahn zu verstehen, und in welchem Umfang der Schadenersatz zu leisten ist, sind heftig umstritten.

Der Entwurf eines Reichshaftpflichtgesetzes, das auch die Haftpflicht für die Beschädigung von Sachen auf der Eisenbahn für das Reichsgebiet einheitlich regeln soll, ist in Vorbereitung. Für Unfälle des Eisenbahnpersonals im Dienste ist das Reichshaftpflichtgesetz ersetzt durch die Unfallsversicherung des Reichs, insbesondere durch das Unfallversicherungsgesetz und mehrere Unfallfürsorgegesetze. Von sonstigen Reichsgesetzen, die das Eisenbahnwesen berühren, ist besonders noch das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich zu erwähnen, das sich in den §§ 315-320 mit Verbrechen und Vergehen befaßt, die auf eine Zerstörung oder Beschädigung von Eisenbahnanlagen,

die hier vielfach angezogene Statistik der im Betrieb befindlichen Eisenbahnen Deutschlands herausgegeben werden kann, die alljährlich erscheint. Der letzte Jahrgang, der XXXI., erschien für das Rechnungsjahr 1910; ihm sind fast alle statistischen Angaben dieses Artikels entnommen worden.

F. Eisenbahnrecht.

Während die deutsche Reichsverfassung die oben dargestellten Grundsätze über die Verpflichtungen der D. dem Reiche gegenüber aufgestellt und insoweit öffentliches Eisenbahnrecht geschaffen hat, gibt es ein besonderes einheitliches deutsches Eisenbahnrecht nur auf dem Gebiete des Frachtrechts und der Haftpflicht für Tötungen und Verletzungen von Personen im Eisenbahnbetriebe. Jenes wird durch den 7. Abschnitt des 3. Buchs des deutschen Handelsgesetzbuchs geregelt, der in den §§ 453–473 die Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen behandelt, während der 6. Abschnitt das Frachtgeschäft im allgemeinen betrifft. Im § 453 a. a. O. wird die Beförderungspflicht der Eisenbahn ausgesprochen und es wird festgesetzt, inwieweit diese Pflicht Beschränkungen unterworfen ist. Die §§ 456–471 handeln von der Haftpflicht der Eisenbahn für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes – auch von Reisegepäck – oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. Nach § 467 ist jede Haftpflicht auf Grund des Frachtvertrags ausgeschlossen, wenn Gegenstände, die von der Beförderung ganz ausgeschlossen sind oder nur unter besonderen Bedingungen befördert werden, unter unrichtiger Bezeichnung aufgegeben werden. § 472 setzt fest, daß die Vorschriften über die Beförderung von Personen auf der Eisenbahn durch die EVO. getroffen werden. Überhaupt nehmen die angezogenen §§ des HGB. mehrfach auf die näheren Bestimmungen des EVO. Bezug und bestimmen, inwieweit durch diese Beschränkungen der Haftpflicht ausgesprochen werden können; der § 471 setzt fest, daß eine Anzahl der durch das HGB. begründeten Verpflichtungen der Eisenbahn als Frachtführer weder durch die EVO. noch durch Verträge abgeändert werden können. Näheres s. die Artikel: Betriebsreglement, Frachtrecht, Verkehrsordnung.

Das internationale Eisenbahnfrachtrecht, das die Reichsverhältnisse betrifft, die bei Beförderung eines Gutes von einem Orte des Inlands nach einem Orte des Auslands auf Grund eines durchgehenden Frachtbriefs zwischen dem Verfrachter und der Eisenbahnen und zwischen den an der Beförderung des Guts beteiligten Eisenbahnen untereinander entstehen, wird durch das Berner Internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (I. Ü.) geregelt, dessen letzte Fassung die vom 22. Dezember 1908 an gültige ist (s. hierüber Näheres in Abschnitt A und im Art. Frachtrecht, internationales).

Die Haftpflicht für Tötung und Verletzung von Personen beim Betrieb der Eisenbahnen wird durch ein besonderes Reichsgesetz vom 7. Juni 1871 (das sog. Haftpflichtgesetz) geregelt. Es bezeichnet sich als das Gesetz betreffend die Verbindlichkeiten zum Schadenersatz für die bei dem Betrieb von Eisenbahnen (Bauwerken, Fabriken, Steinbrüchen, Gräbereien) herbeigeführten Tötungen und Verletzungen und bestimmt im § I folgendes: Wenn bei dem Betrieb einer Eisenbahn ein Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebsunternehmer für den dadurch entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getöteten oder Verletzten verursacht ist. Die weiteren Bestimmungen des Gesetzes betreffen namentlich den Umfang des zu leistenden Schadenersatzes, sie sind durch das Einführungsgesetz zum deutschen bürgerlichen Gesetzbuch mehrfach abgeändert.

Das besprochene Gesetz hat außerordentlich zahlreiche rechtliche Zweifel wachgerufen und beschäftigt die deutsche Rechtsprechung noch unausgesetzt in so hohem Maße, daß beim deutschen Reichsgericht in Leipzig ein eigener Senat eingerichtet ist, der sich hauptsächlich mit den auf das Reichshaftpflichtgesetz gründenden Streitfällen befaßt. Auch die juristische Literatur, die das Gesetz hervorgerufen hat, ist sehr umfangreich. Namentlich die Fragen, was unter dem Betrieb einer Eisenbahn zu verstehen, und in welchem Umfang der Schadenersatz zu leisten ist, sind heftig umstritten.

Der Entwurf eines Reichshaftpflichtgesetzes, das auch die Haftpflicht für die Beschädigung von Sachen auf der Eisenbahn für das Reichsgebiet einheitlich regeln soll, ist in Vorbereitung. Für Unfälle des Eisenbahnpersonals im Dienste ist das Reichshaftpflichtgesetz ersetzt durch die Unfallsversicherung des Reichs, insbesondere durch das Unfallversicherungsgesetz und mehrere Unfallfürsorgegesetze. Von sonstigen Reichsgesetzen, die das Eisenbahnwesen berühren, ist besonders noch das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich zu erwähnen, das sich in den §§ 315–320 mit Verbrechen und Vergehen befaßt, die auf eine Zerstörung oder Beschädigung von Eisenbahnanlagen,

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[311/0325] die hier vielfach angezogene Statistik der im Betrieb befindlichen Eisenbahnen Deutschlands herausgegeben werden kann, die alljährlich erscheint. Der letzte Jahrgang, der XXXI., erschien für das Rechnungsjahr 1910; ihm sind fast alle statistischen Angaben dieses Artikels entnommen worden. F. Eisenbahnrecht. Während die deutsche Reichsverfassung die oben dargestellten Grundsätze über die Verpflichtungen der D. dem Reiche gegenüber aufgestellt und insoweit öffentliches Eisenbahnrecht geschaffen hat, gibt es ein besonderes einheitliches deutsches Eisenbahnrecht nur auf dem Gebiete des Frachtrechts und der Haftpflicht für Tötungen und Verletzungen von Personen im Eisenbahnbetriebe. Jenes wird durch den 7. Abschnitt des 3. Buchs des deutschen Handelsgesetzbuchs geregelt, der in den §§ 453–473 die Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen behandelt, während der 6. Abschnitt das Frachtgeschäft im allgemeinen betrifft. Im § 453 a. a. O. wird die Beförderungspflicht der Eisenbahn ausgesprochen und es wird festgesetzt, inwieweit diese Pflicht Beschränkungen unterworfen ist. Die §§ 456–471 handeln von der Haftpflicht der Eisenbahn für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes – auch von Reisegepäck – oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. Nach § 467 ist jede Haftpflicht auf Grund des Frachtvertrags ausgeschlossen, wenn Gegenstände, die von der Beförderung ganz ausgeschlossen sind oder nur unter besonderen Bedingungen befördert werden, unter unrichtiger Bezeichnung aufgegeben werden. § 472 setzt fest, daß die Vorschriften über die Beförderung von Personen auf der Eisenbahn durch die EVO. getroffen werden. Überhaupt nehmen die angezogenen §§ des HGB. mehrfach auf die näheren Bestimmungen des EVO. Bezug und bestimmen, inwieweit durch diese Beschränkungen der Haftpflicht ausgesprochen werden können; der § 471 setzt fest, daß eine Anzahl der durch das HGB. begründeten Verpflichtungen der Eisenbahn als Frachtführer weder durch die EVO. noch durch Verträge abgeändert werden können. Näheres s. die Artikel: Betriebsreglement, Frachtrecht, Verkehrsordnung. Das internationale Eisenbahnfrachtrecht, das die Reichsverhältnisse betrifft, die bei Beförderung eines Gutes von einem Orte des Inlands nach einem Orte des Auslands auf Grund eines durchgehenden Frachtbriefs zwischen dem Verfrachter und der Eisenbahnen und zwischen den an der Beförderung des Guts beteiligten Eisenbahnen untereinander entstehen, wird durch das Berner Internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (I. Ü.) geregelt, dessen letzte Fassung die vom 22. Dezember 1908 an gültige ist (s. hierüber Näheres in Abschnitt A und im Art. Frachtrecht, internationales). Die Haftpflicht für Tötung und Verletzung von Personen beim Betrieb der Eisenbahnen wird durch ein besonderes Reichsgesetz vom 7. Juni 1871 (das sog. Haftpflichtgesetz) geregelt. Es bezeichnet sich als das Gesetz betreffend die Verbindlichkeiten zum Schadenersatz für die bei dem Betrieb von Eisenbahnen (Bauwerken, Fabriken, Steinbrüchen, Gräbereien) herbeigeführten Tötungen und Verletzungen und bestimmt im § I folgendes: Wenn bei dem Betrieb einer Eisenbahn ein Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebsunternehmer für den dadurch entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getöteten oder Verletzten verursacht ist. Die weiteren Bestimmungen des Gesetzes betreffen namentlich den Umfang des zu leistenden Schadenersatzes, sie sind durch das Einführungsgesetz zum deutschen bürgerlichen Gesetzbuch mehrfach abgeändert. Das besprochene Gesetz hat außerordentlich zahlreiche rechtliche Zweifel wachgerufen und beschäftigt die deutsche Rechtsprechung noch unausgesetzt in so hohem Maße, daß beim deutschen Reichsgericht in Leipzig ein eigener Senat eingerichtet ist, der sich hauptsächlich mit den auf das Reichshaftpflichtgesetz gründenden Streitfällen befaßt. Auch die juristische Literatur, die das Gesetz hervorgerufen hat, ist sehr umfangreich. Namentlich die Fragen, was unter dem Betrieb einer Eisenbahn zu verstehen, und in welchem Umfang der Schadenersatz zu leisten ist, sind heftig umstritten. Der Entwurf eines Reichshaftpflichtgesetzes, das auch die Haftpflicht für die Beschädigung von Sachen auf der Eisenbahn für das Reichsgebiet einheitlich regeln soll, ist in Vorbereitung. Für Unfälle des Eisenbahnpersonals im Dienste ist das Reichshaftpflichtgesetz ersetzt durch die Unfallsversicherung des Reichs, insbesondere durch das Unfallversicherungsgesetz und mehrere Unfallfürsorgegesetze. Von sonstigen Reichsgesetzen, die das Eisenbahnwesen berühren, ist besonders noch das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich zu erwähnen, das sich in den §§ 315–320 mit Verbrechen und Vergehen befaßt, die auf eine Zerstörung oder Beschädigung von Eisenbahnanlagen,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/325>, abgerufen am 28.09.2024.