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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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Nach der erneuten Genehmigung der Regierung begann 1904 der Bau auf der ganzen Linie. Er kann sich an Kühnheit mit den amerikanischen Bauten in den Cannons messen. Stellenweise ist das Tal mit seinen steilen 1000-1300 m aufragenden Wänden so eng, daß die Gleise in den Felsen hineingebaut werden mußten. Ganz besonders schlimm aber waren die gesundheitlichen Gefahren. Denn in der dumpfigen Talsohle war ein guter Boden für alle Tropenkrankheiten. Von den aus dem Norden Chinas herbeigebrachten Arbeitern sollen in einem Jahre 3000 gestorben sein, ja, man beziffert den Gesamtverlust auf über 40.000 Köpfe.

Die Gesamtlänge der Bahn, die eine Spurweite von 1·34 m hat, beträgt von Laukoy, der französischen Grenzstadt, bis Yünnanfu 468 km, von Haiphong, der Haupthafenstadt der Kolonie, bis dorthin 857. 140 Tunnel, davon der längste 600 m, mußten gebohrt werden und eine Unzahl Obergänge, Brücken und Galerien waren herzustellen. Das größte Hemmnis war die starke Steigung. Die höchste beträgt 1 : 40. Ausgehend von einer Erhebung von 90 m über dem Meere bei Laukoy wird schon nach 150 km eine Höhe von 1680 m erstiegen, auf dieser Strecke mußte zwischen km 105 und 120 eine 15 km lange Schleife eingelegt werden und hierzu waren 24 Tunnel sowie ein Viadukt von 67 m Länge und einer Höhe von 80 m über der Talsohle erforderlich. Die Grundgeschwindigkeit der Züge ist nur 24 km, weil das Material noch nicht sehr leistungsfähig ist, besonders an Schnellzugslokomotiven Mangel herrscht, dann aber auch, weil der Oberbau noch nicht genügend gefestigt ist, um die Erschütterungen schnelleren Fahrens zu ertragen. Der Verkehr ist einstweilen noch nicht recht entwickelt. Es verkehren täglich in jeder Richtung ein Personenzugpaar mit Eilgutbeförderung und ein Güterzugpaar. Die landschaftlichen Reize der Fahrt sind unvergleichlich. Mehr als 160 km führt die Strecke durch eine unbewohnte Wildnis, bedeckt mit Urwald, in dem Tiger, Affen, Panther und Wildkatzen hausen. Mit Rücksicht auf die ungeheure Steigung braucht der Zug bis Mengtse 9 Stunden und bis Amitschan 121/2, um dann in einem weiteren Tage bis Yünnanfu zu gelangen. Die Fahrpreise betragen I. Klasse 36 $ mex. (1 $ mex. = etwa 2 M.), II. Klasse 25 $, III. Klasse 161/2 $. Die Fahrt nach Yünnan dürfte sich bald großer Beliebtheit erfreuen, denn das Klima der großen französischen Kolonie ist nicht gesund und es wird jedem Europäer als Wohltat erscheinen, von der Küstenniederung ins Hochgebirge eilen zu können.

Die Anschauungen über die Rentabilität sind geteilt. Die Kosten des ganzen Unternehmens haben den Voranschlag um etwa 90% überschritten. Ursprünglich hatte man mit etwa 100 Mill. Fr. auskommen wollen, die schon nach 3 Jahren verbraucht waren. Um den Bau nicht stocken zu lassen, kam ein vorläufiges Übereinkommen zwischen der Gesellschaft und der Regierung zu stände, demzufolge 35 Mill. Fr. aufgebracht, u. zw. 30 vom Staate vorgeschossen, 5 von der Gesellschaft bezahlt werden sollten. Später (1909) wurde dann eine weitere Anleihe größtenteils zu Lasten der Kolonie im Gesamtbetrage von 53 Mill. ausgegeben. Die 4%ige Anleihe ist vom Staat garantiert und in 65 Jahren zurückzahlbar. Trotz der schweren Zinsenlast nehmen die Franzosen an, daß sich die Bahn bezahlt machen wird. Denn sie erhoffen eine Ablenkung des südwestchinesischen Handels nach den Hafenplätzen ihrer Kolonie Tongking, ferner glauben sie, daß durch die Bahn weite Gebiete erst dem Handel aufgeschlossen werden und insbesondere die Provinz Yünnan, die im 19. Jahrhundert schwer unter Aufständen zu leiden gehabt hat, zu neuer Blüte sich entfalten werde. Yünnan ist die zweitgrößte Provinz Chinas (380.000 km2, also ungefähr die Größe Preußens). Die Bevölkerungsziffer, ehedem auf 32,000.000 geschätzt, dürfte heute nicht viel höher als 12,000.000 sein. An Metallen sind Silber, Eisen, Zinn und Zink, alle in noch nicht erforschten Mengen, vorhanden. Ob sich die Zukunftshoffnungen der Franzosen auf die am 1. April 1910 eröffnete Bahn erfüllen werden, ist jedoch recht zweifelhaft.

Die Konzession für eine Linie mehr nach Osten in China, die von dem Grenzort Langson bis Lungtschau mit 80 km Länge fertiggestellt ist und von da nach Nanningfu in der Provinz Kuangsi und weiter über Kueilin nach den Provinzen Hunan und Kuantung geplant war, hatten die Franzosen bereits im Jahre 1896 erlangt, sie dürfte aber verfallen sein. Es erscheint zweifelhaft, ob sie unter den jetzigen Verhältnissen wieder erteilt werden wird. Überdies wird die Yünnanbahn nur dann einen wirklichen großen Handelsweg darstellen, wenn sie Anschluß an die Provinz Setschuan erhält. Die nördliche Fortsetzung nach Tschengtufu oder Suifu am Yangtsekiang ist daher auch der Franzosen sehnlicher Wunsch. Auch mineralische Schätze Yünnans und die Möglichkeit ihrer Ausbeute sind noch zu wenig erkundet, als daß man einen gewinnbringenden Bergbau mit Sicherheit voraussagen könnte.

Nach der erneuten Genehmigung der Regierung begann 1904 der Bau auf der ganzen Linie. Er kann sich an Kühnheit mit den amerikanischen Bauten in den Cannons messen. Stellenweise ist das Tal mit seinen steilen 1000–1300 m aufragenden Wänden so eng, daß die Gleise in den Felsen hineingebaut werden mußten. Ganz besonders schlimm aber waren die gesundheitlichen Gefahren. Denn in der dumpfigen Talsohle war ein guter Boden für alle Tropenkrankheiten. Von den aus dem Norden Chinas herbeigebrachten Arbeitern sollen in einem Jahre 3000 gestorben sein, ja, man beziffert den Gesamtverlust auf über 40.000 Köpfe.

Die Gesamtlänge der Bahn, die eine Spurweite von 1·34 m hat, beträgt von Laukoy, der französischen Grenzstadt, bis Yünnanfu 468 km, von Haiphong, der Haupthafenstadt der Kolonie, bis dorthin 857. 140 Tunnel, davon der längste 600 m, mußten gebohrt werden und eine Unzahl Obergänge, Brücken und Galerien waren herzustellen. Das größte Hemmnis war die starke Steigung. Die höchste beträgt 1 : 40. Ausgehend von einer Erhebung von 90 m über dem Meere bei Laukoy wird schon nach 150 km eine Höhe von 1680 m erstiegen, auf dieser Strecke mußte zwischen km 105 und 120 eine 15 km lange Schleife eingelegt werden und hierzu waren 24 Tunnel sowie ein Viadukt von 67 m Länge und einer Höhe von 80 m über der Talsohle erforderlich. Die Grundgeschwindigkeit der Züge ist nur 24 km, weil das Material noch nicht sehr leistungsfähig ist, besonders an Schnellzugslokomotiven Mangel herrscht, dann aber auch, weil der Oberbau noch nicht genügend gefestigt ist, um die Erschütterungen schnelleren Fahrens zu ertragen. Der Verkehr ist einstweilen noch nicht recht entwickelt. Es verkehren täglich in jeder Richtung ein Personenzugpaar mit Eilgutbeförderung und ein Güterzugpaar. Die landschaftlichen Reize der Fahrt sind unvergleichlich. Mehr als 160 km führt die Strecke durch eine unbewohnte Wildnis, bedeckt mit Urwald, in dem Tiger, Affen, Panther und Wildkatzen hausen. Mit Rücksicht auf die ungeheure Steigung braucht der Zug bis Mengtse 9 Stunden und bis Amitschan 121/2, um dann in einem weiteren Tage bis Yünnanfu zu gelangen. Die Fahrpreise betragen I. Klasse 36 $ mex. (1 $ mex. = etwa 2 M.), II. Klasse 25 $, III. Klasse 161/2 $. Die Fahrt nach Yünnan dürfte sich bald großer Beliebtheit erfreuen, denn das Klima der großen französischen Kolonie ist nicht gesund und es wird jedem Europäer als Wohltat erscheinen, von der Küstenniederung ins Hochgebirge eilen zu können.

Die Anschauungen über die Rentabilität sind geteilt. Die Kosten des ganzen Unternehmens haben den Voranschlag um etwa 90% überschritten. Ursprünglich hatte man mit etwa 100 Mill. Fr. auskommen wollen, die schon nach 3 Jahren verbraucht waren. Um den Bau nicht stocken zu lassen, kam ein vorläufiges Übereinkommen zwischen der Gesellschaft und der Regierung zu stände, demzufolge 35 Mill. Fr. aufgebracht, u. zw. 30 vom Staate vorgeschossen, 5 von der Gesellschaft bezahlt werden sollten. Später (1909) wurde dann eine weitere Anleihe größtenteils zu Lasten der Kolonie im Gesamtbetrage von 53 Mill. ausgegeben. Die 4%ige Anleihe ist vom Staat garantiert und in 65 Jahren zurückzahlbar. Trotz der schweren Zinsenlast nehmen die Franzosen an, daß sich die Bahn bezahlt machen wird. Denn sie erhoffen eine Ablenkung des südwestchinesischen Handels nach den Hafenplätzen ihrer Kolonie Tongking, ferner glauben sie, daß durch die Bahn weite Gebiete erst dem Handel aufgeschlossen werden und insbesondere die Provinz Yünnan, die im 19. Jahrhundert schwer unter Aufständen zu leiden gehabt hat, zu neuer Blüte sich entfalten werde. Yünnan ist die zweitgrößte Provinz Chinas (380.000 km2, also ungefähr die Größe Preußens). Die Bevölkerungsziffer, ehedem auf 32,000.000 geschätzt, dürfte heute nicht viel höher als 12,000.000 sein. An Metallen sind Silber, Eisen, Zinn und Zink, alle in noch nicht erforschten Mengen, vorhanden. Ob sich die Zukunftshoffnungen der Franzosen auf die am 1. April 1910 eröffnete Bahn erfüllen werden, ist jedoch recht zweifelhaft.

Die Konzession für eine Linie mehr nach Osten in China, die von dem Grenzort Langson bis Lungtschau mit 80 km Länge fertiggestellt ist und von da nach Nanningfu in der Provinz Kuangsi und weiter über Kueilin nach den Provinzen Hunan und Kuantung geplant war, hatten die Franzosen bereits im Jahre 1896 erlangt, sie dürfte aber verfallen sein. Es erscheint zweifelhaft, ob sie unter den jetzigen Verhältnissen wieder erteilt werden wird. Überdies wird die Yünnanbahn nur dann einen wirklichen großen Handelsweg darstellen, wenn sie Anschluß an die Provinz Setschuan erhält. Die nördliche Fortsetzung nach Tschengtufu oder Suifu am Yangtsekiang ist daher auch der Franzosen sehnlicher Wunsch. Auch mineralische Schätze Yünnans und die Möglichkeit ihrer Ausbeute sind noch zu wenig erkundet, als daß man einen gewinnbringenden Bergbau mit Sicherheit voraussagen könnte.

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[203/0215] Nach der erneuten Genehmigung der Regierung begann 1904 der Bau auf der ganzen Linie. Er kann sich an Kühnheit mit den amerikanischen Bauten in den Cannons messen. Stellenweise ist das Tal mit seinen steilen 1000–1300 m aufragenden Wänden so eng, daß die Gleise in den Felsen hineingebaut werden mußten. Ganz besonders schlimm aber waren die gesundheitlichen Gefahren. Denn in der dumpfigen Talsohle war ein guter Boden für alle Tropenkrankheiten. Von den aus dem Norden Chinas herbeigebrachten Arbeitern sollen in einem Jahre 3000 gestorben sein, ja, man beziffert den Gesamtverlust auf über 40.000 Köpfe. Die Gesamtlänge der Bahn, die eine Spurweite von 1·34 m hat, beträgt von Laukoy, der französischen Grenzstadt, bis Yünnanfu 468 km, von Haiphong, der Haupthafenstadt der Kolonie, bis dorthin 857. 140 Tunnel, davon der längste 600 m, mußten gebohrt werden und eine Unzahl Obergänge, Brücken und Galerien waren herzustellen. Das größte Hemmnis war die starke Steigung. Die höchste beträgt 1 : 40. Ausgehend von einer Erhebung von 90 m über dem Meere bei Laukoy wird schon nach 150 km eine Höhe von 1680 m erstiegen, auf dieser Strecke mußte zwischen km 105 und 120 eine 15 km lange Schleife eingelegt werden und hierzu waren 24 Tunnel sowie ein Viadukt von 67 m Länge und einer Höhe von 80 m über der Talsohle erforderlich. Die Grundgeschwindigkeit der Züge ist nur 24 km, weil das Material noch nicht sehr leistungsfähig ist, besonders an Schnellzugslokomotiven Mangel herrscht, dann aber auch, weil der Oberbau noch nicht genügend gefestigt ist, um die Erschütterungen schnelleren Fahrens zu ertragen. Der Verkehr ist einstweilen noch nicht recht entwickelt. Es verkehren täglich in jeder Richtung ein Personenzugpaar mit Eilgutbeförderung und ein Güterzugpaar. Die landschaftlichen Reize der Fahrt sind unvergleichlich. Mehr als 160 km führt die Strecke durch eine unbewohnte Wildnis, bedeckt mit Urwald, in dem Tiger, Affen, Panther und Wildkatzen hausen. Mit Rücksicht auf die ungeheure Steigung braucht der Zug bis Mengtse 9 Stunden und bis Amitschan 121/2, um dann in einem weiteren Tage bis Yünnanfu zu gelangen. Die Fahrpreise betragen I. Klasse 36 $ mex. (1 $ mex. = etwa 2 M.), II. Klasse 25 $, III. Klasse 161/2 $. Die Fahrt nach Yünnan dürfte sich bald großer Beliebtheit erfreuen, denn das Klima der großen französischen Kolonie ist nicht gesund und es wird jedem Europäer als Wohltat erscheinen, von der Küstenniederung ins Hochgebirge eilen zu können. Die Anschauungen über die Rentabilität sind geteilt. Die Kosten des ganzen Unternehmens haben den Voranschlag um etwa 90% überschritten. Ursprünglich hatte man mit etwa 100 Mill. Fr. auskommen wollen, die schon nach 3 Jahren verbraucht waren. Um den Bau nicht stocken zu lassen, kam ein vorläufiges Übereinkommen zwischen der Gesellschaft und der Regierung zu stände, demzufolge 35 Mill. Fr. aufgebracht, u. zw. 30 vom Staate vorgeschossen, 5 von der Gesellschaft bezahlt werden sollten. Später (1909) wurde dann eine weitere Anleihe größtenteils zu Lasten der Kolonie im Gesamtbetrage von 53 Mill. ausgegeben. Die 4%ige Anleihe ist vom Staat garantiert und in 65 Jahren zurückzahlbar. Trotz der schweren Zinsenlast nehmen die Franzosen an, daß sich die Bahn bezahlt machen wird. Denn sie erhoffen eine Ablenkung des südwestchinesischen Handels nach den Hafenplätzen ihrer Kolonie Tongking, ferner glauben sie, daß durch die Bahn weite Gebiete erst dem Handel aufgeschlossen werden und insbesondere die Provinz Yünnan, die im 19. Jahrhundert schwer unter Aufständen zu leiden gehabt hat, zu neuer Blüte sich entfalten werde. Yünnan ist die zweitgrößte Provinz Chinas (380.000 km2, also ungefähr die Größe Preußens). Die Bevölkerungsziffer, ehedem auf 32,000.000 geschätzt, dürfte heute nicht viel höher als 12,000.000 sein. An Metallen sind Silber, Eisen, Zinn und Zink, alle in noch nicht erforschten Mengen, vorhanden. Ob sich die Zukunftshoffnungen der Franzosen auf die am 1. April 1910 eröffnete Bahn erfüllen werden, ist jedoch recht zweifelhaft. Die Konzession für eine Linie mehr nach Osten in China, die von dem Grenzort Langson bis Lungtschau mit 80 km Länge fertiggestellt ist und von da nach Nanningfu in der Provinz Kuangsi und weiter über Kueilin nach den Provinzen Hunan und Kuantung geplant war, hatten die Franzosen bereits im Jahre 1896 erlangt, sie dürfte aber verfallen sein. Es erscheint zweifelhaft, ob sie unter den jetzigen Verhältnissen wieder erteilt werden wird. Überdies wird die Yünnanbahn nur dann einen wirklichen großen Handelsweg darstellen, wenn sie Anschluß an die Provinz Setschuan erhält. Die nördliche Fortsetzung nach Tschengtufu oder Suifu am Yangtsekiang ist daher auch der Franzosen sehnlicher Wunsch. Auch mineralische Schätze Yünnans und die Möglichkeit ihrer Ausbeute sind noch zu wenig erkundet, als daß man einen gewinnbringenden Bergbau mit Sicherheit voraussagen könnte.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/215>, abgerufen am 27.11.2024.