Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

Bild:
<< vorherige Seite

bestehend oder Abb. 220. Garabitviadukt (Eisenbahnlinie Marvejol-Neussargues).


Abb. 221. Eisenbahnbrücke über den Nordostseekanal bei Grünental.

Abb. 222. Eisenbahnbrücke über den Niagara, N.-A.
endlich mit geradem Obergurt und ausgefachten Bogenwinkeln.

Wird ein Bogentragwerk über seine Stützweite hinaus durch Kragarme verlängert, auf die sich wieder kurze Balkenträger stützen, so entsteht eine Auslegerbogenbrücke. Durch das Gewicht und die Belastung des Kragarmes wird der Horizontalschub des Bogens vermindert. Eine derartige Tragwerkanordnung zeigt die Lavaurbrücke über die Viaur auf der Eisenbahnlinie Carmaux-Rodez in Frankreich (Abb. 226 a, b), eine Dreigelenkbogenbrücke von 250 m Stützweite mit Auslegerarmen von rund 70 m Länge. Eine sehr flach gespannte Auslegerbogenbrücke mit Kämpfer- und Scheitelgelenken ist die Mirabeaubrücke in Paris (Abb. 227). Die Kragarme sind hier mit ihren Enden aufgelagert, wodurch das Tragwerksystem zweifach statisch unbestimmt wird.

Gegenwärtig wird den Bogen mit gelenkigen Auflagerungen wohl meist der Vorzug vor den eingespannten Bögen gegeben. Maßgebend hierfür sind die Rücksichten auf eine mehr gesicherte Montierung, auf die Vermeidung oder wenigstens bedeutende Verminderung von Überanstrengungen durch Montierungsmängel und durch Temperaturwirkung. Bei den in neuerer Zeit ausgeführten gelenklosen Bogen hat man daher wenigstens während der Aufstellung und für die Eigengewichtswirkung vorübergehend eine Gelenklagerung herbeigeführt (Müngstener Brücke). Gegen den Dreigelenkbogen, der allerdings einfach zu berechnen ist und von Montierungs- und Temperaturspannungen gänzlich frei ist, werden der ungünstigere Einfluß von Stößen und die größeren Scheitelbewegungen durch Belastung und Temperaturwirkung geltend gemacht; bei beschränkter Konstruktionshöhe und großer


Abb. 223. Angerschluchtbrücke der Tauernbahn.

bestehend oder Abb. 220. Garabitviadukt (Eisenbahnlinie Marvejol-Neussargues).


Abb. 221. Eisenbahnbrücke über den Nordostseekanal bei Grünental.

Abb. 222. Eisenbahnbrücke über den Niagara, N.-A.
endlich mit geradem Obergurt und ausgefachten Bogenwinkeln.

Wird ein Bogentragwerk über seine Stützweite hinaus durch Kragarme verlängert, auf die sich wieder kurze Balkenträger stützen, so entsteht eine Auslegerbogenbrücke. Durch das Gewicht und die Belastung des Kragarmes wird der Horizontalschub des Bogens vermindert. Eine derartige Tragwerkanordnung zeigt die Lavaurbrücke über die Viaur auf der Eisenbahnlinie Carmaux-Rodez in Frankreich (Abb. 226 a, b), eine Dreigelenkbogenbrücke von 250 m Stützweite mit Auslegerarmen von rund 70 m Länge. Eine sehr flach gespannte Auslegerbogenbrücke mit Kämpfer- und Scheitelgelenken ist die Mirabeaubrücke in Paris (Abb. 227). Die Kragarme sind hier mit ihren Enden aufgelagert, wodurch das Tragwerksystem zweifach statisch unbestimmt wird.

Gegenwärtig wird den Bogen mit gelenkigen Auflagerungen wohl meist der Vorzug vor den eingespannten Bögen gegeben. Maßgebend hierfür sind die Rücksichten auf eine mehr gesicherte Montierung, auf die Vermeidung oder wenigstens bedeutende Verminderung von Überanstrengungen durch Montierungsmängel und durch Temperaturwirkung. Bei den in neuerer Zeit ausgeführten gelenklosen Bogen hat man daher wenigstens während der Aufstellung und für die Eigengewichtswirkung vorübergehend eine Gelenklagerung herbeigeführt (Müngstener Brücke). Gegen den Dreigelenkbogen, der allerdings einfach zu berechnen ist und von Montierungs- und Temperaturspannungen gänzlich frei ist, werden der ungünstigere Einfluß von Stößen und die größeren Scheitelbewegungen durch Belastung und Temperaturwirkung geltend gemacht; bei beschränkter Konstruktionshöhe und großer


Abb. 223. Angerschluchtbrücke der Tauernbahn.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0453" n="441"/>
bestehend oder <figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/roell_eisenbahnwesen02_1912/figures/roell_eisenbahnwesen02_1912_figure-0326.jpg"><head>Abb. 220. Garabitviadukt (Eisenbahnlinie Marvejol-Neussargues).</head><lb/></figure><lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/roell_eisenbahnwesen02_1912/figures/roell_eisenbahnwesen02_1912_figure-0328.jpg"><head>Abb. 221. Eisenbahnbrücke über den Nordostseekanal bei Grünental.</head><lb/></figure><lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/roell_eisenbahnwesen02_1912/figures/roell_eisenbahnwesen02_1912_figure-0329.jpg"><head>Abb. 222. Eisenbahnbrücke über den Niagara, N.-A.</head><lb/></figure><lb/>
endlich mit geradem Obergurt und ausgefachten Bogenwinkeln.</p><lb/>
          <p>Wird ein Bogentragwerk über seine Stützweite hinaus durch Kragarme verlängert, auf die sich wieder kurze Balkenträger stützen, so entsteht eine <hi rendition="#g">Auslegerbogenbrücke.</hi> Durch das Gewicht und die Belastung des Kragarmes wird der Horizontalschub des Bogens vermindert. Eine derartige Tragwerkanordnung zeigt die Lavaurbrücke über die Viaur auf der Eisenbahnlinie Carmaux-Rodez in Frankreich (Abb. 226 a, b), eine Dreigelenkbogenbrücke von 250 <hi rendition="#i">m</hi> Stützweite mit Auslegerarmen von rund 70 <hi rendition="#i">m</hi> Länge. Eine sehr flach gespannte Auslegerbogenbrücke mit Kämpfer- und Scheitelgelenken ist die Mirabeaubrücke in Paris (Abb. 227). Die Kragarme sind hier mit ihren Enden aufgelagert, wodurch das Tragwerksystem zweifach statisch unbestimmt wird.</p><lb/>
          <p>Gegenwärtig wird den Bogen mit gelenkigen Auflagerungen wohl meist der Vorzug vor den eingespannten Bögen gegeben. Maßgebend hierfür sind die Rücksichten auf eine mehr gesicherte Montierung, auf die Vermeidung oder wenigstens bedeutende Verminderung von Überanstrengungen durch Montierungsmängel und durch Temperaturwirkung. Bei den in neuerer Zeit ausgeführten gelenklosen Bogen hat man daher wenigstens während der Aufstellung und für die Eigengewichtswirkung vorübergehend eine Gelenklagerung herbeigeführt (Müngstener Brücke). Gegen den Dreigelenkbogen, der allerdings einfach zu berechnen ist und von Montierungs- und Temperaturspannungen gänzlich frei ist, werden der ungünstigere Einfluß von Stößen und die größeren Scheitelbewegungen durch Belastung und Temperaturwirkung geltend gemacht; bei beschränkter Konstruktionshöhe und großer<lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/roell_eisenbahnwesen02_1912/figures/roell_eisenbahnwesen02_1912_figure-0327.jpg" rendition="#c"><head>Abb. 223. Angerschluchtbrücke der Tauernbahn.</head><lb/></figure><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[441/0453] bestehend oder [Abbildung Abb. 220. Garabitviadukt (Eisenbahnlinie Marvejol-Neussargues). ] [Abbildung Abb. 221. Eisenbahnbrücke über den Nordostseekanal bei Grünental. ] [Abbildung Abb. 222. Eisenbahnbrücke über den Niagara, N.-A. ] endlich mit geradem Obergurt und ausgefachten Bogenwinkeln. Wird ein Bogentragwerk über seine Stützweite hinaus durch Kragarme verlängert, auf die sich wieder kurze Balkenträger stützen, so entsteht eine Auslegerbogenbrücke. Durch das Gewicht und die Belastung des Kragarmes wird der Horizontalschub des Bogens vermindert. Eine derartige Tragwerkanordnung zeigt die Lavaurbrücke über die Viaur auf der Eisenbahnlinie Carmaux-Rodez in Frankreich (Abb. 226 a, b), eine Dreigelenkbogenbrücke von 250 m Stützweite mit Auslegerarmen von rund 70 m Länge. Eine sehr flach gespannte Auslegerbogenbrücke mit Kämpfer- und Scheitelgelenken ist die Mirabeaubrücke in Paris (Abb. 227). Die Kragarme sind hier mit ihren Enden aufgelagert, wodurch das Tragwerksystem zweifach statisch unbestimmt wird. Gegenwärtig wird den Bogen mit gelenkigen Auflagerungen wohl meist der Vorzug vor den eingespannten Bögen gegeben. Maßgebend hierfür sind die Rücksichten auf eine mehr gesicherte Montierung, auf die Vermeidung oder wenigstens bedeutende Verminderung von Überanstrengungen durch Montierungsmängel und durch Temperaturwirkung. Bei den in neuerer Zeit ausgeführten gelenklosen Bogen hat man daher wenigstens während der Aufstellung und für die Eigengewichtswirkung vorübergehend eine Gelenklagerung herbeigeführt (Müngstener Brücke). Gegen den Dreigelenkbogen, der allerdings einfach zu berechnen ist und von Montierungs- und Temperaturspannungen gänzlich frei ist, werden der ungünstigere Einfluß von Stößen und die größeren Scheitelbewegungen durch Belastung und Temperaturwirkung geltend gemacht; bei beschränkter Konstruktionshöhe und großer [Abbildung Abb. 223. Angerschluchtbrücke der Tauernbahn. ]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:49Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:49Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/453
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/453>, abgerufen am 23.12.2024.