1. Bogen ohne Gelenk mit flach aufgelagerten oder eingespannten Enden. Feste Lager sind früher bei Blechbogen häufiger angewendetworden (Abb. 214). Fachwerksbogen dieser Art haben zwei gekrümmte Gurtungen mit gleichbleibendem (Abb. 215) oder gegen die Kämpfer etwas zunehmendem Abstande (Abb. 216). Neuere Beispiele sind: die Kornhausbrücke in Bern, die Addabrücke bei Paderno, die Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten. Letztere Brücke ist durch die Art der Aufstellung bemerkenswert, die ohne festes Gerüst durch freie Auskragung mit vorübergehender Einschaltung von Kämpfergelenken erfolgte.
2. Bogen mit Kämpfergelenken. Diese stützen sich auf gelenkförmige Lager, wodurch die Angriffspunkte der Kämpferdrücke festgelegt werden und das Trägersystem hinsichtlich der äußeren Kräfte bloß einfach statisch unbestimmt wird. Bei Blechbogen bildet die gelenkige Auflagerung jetzt die Regel. Die Washington-Brücke über den Harlemfluß (Abb. 217) mit 155·5 m Spannweite und 3·4 m hohen Blechbogen ist die weitestgespannte Blechbogenbrücke.
Die Fachwerkbogen mit Kämpfergelenken haben entweder
a) parallele oder nahezu parallele Gurtungen und Ausfachung mit senkrecht oder radial gestellten Pfosten und einfachen oder gekreuzten Schrägstäben. Hierher gehört die weitestgespannte unter den derzeit bestehenden B., die Straßenbrücke über den Niagara (Abb. 218 und 218 a) mit 256·1 m Stützweite, welche Brücke ohne Gerüst mit freier Auskragung montiert wurde. Diese wird aber in der Spannweite von der in Ausführung begriffenen Hellgate-B. bei New York, einer viergleisigen Eisenbahnbrücke mit über die Fahrbahn ragendem Bogen von rund 300 m Stützweite übertroffen (Abb. 219).
b) Sichelbogen. Die Träger besitzen im Bogenscheitel die größte Tragwandhöhe, in den Kämpfern sind die Gurte zusammengeführt. Beispiele: Dourobrücke bei Oporto, Straßenbrücke über den Rhein bei Worms, Garabitviadukt (Abb. 220), Hochbrücke über den Nordostseekanal bei Grünental (Abb. 221). Bei letzterer schneidet die Fahrbahn (zweigleisige Eisenbahn) die Bogentragwände und ist zum Teil an diese angehängt, zum Teil auf sie gestützt. In der Höhe der Fahrbahn ist ein Zugband
Abb. 213. Straßenbrücke über die Mur in Graz.
Abb. 214. Rohrbachbrücke der Gotthardbahn.
Abb. 215. Mississippibrücke bei St. Louis.
Abb. 216. Kaiser-Wilhelm-Brücke über das Wuppertal bei Müngsten.
angeordnet, das aber erst nach Ausrüstung der Träger eingefügt wurde, also nur den Schub der Verkehrslast aufnimmt. Beim Garabitviadukt sind als Fahrbahnträger kontinuierliche Parallelfachwerksträger angeordnet,
1. Bogen ohne Gelenk mit flach aufgelagerten oder eingespannten Enden. Feste Lager sind früher bei Blechbogen häufiger angewendetworden (Abb. 214). Fachwerksbogen dieser Art haben zwei gekrümmte Gurtungen mit gleichbleibendem (Abb. 215) oder gegen die Kämpfer etwas zunehmendem Abstande (Abb. 216). Neuere Beispiele sind: die Kornhausbrücke in Bern, die Addabrücke bei Paderno, die Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten. Letztere Brücke ist durch die Art der Aufstellung bemerkenswert, die ohne festes Gerüst durch freie Auskragung mit vorübergehender Einschaltung von Kämpfergelenken erfolgte.
2. Bogen mit Kämpfergelenken. Diese stützen sich auf gelenkförmige Lager, wodurch die Angriffspunkte der Kämpferdrücke festgelegt werden und das Trägersystem hinsichtlich der äußeren Kräfte bloß einfach statisch unbestimmt wird. Bei Blechbogen bildet die gelenkige Auflagerung jetzt die Regel. Die Washington-Brücke über den Harlemfluß (Abb. 217) mit 155·5 m Spannweite und 3·4 m hohen Blechbogen ist die weitestgespannte Blechbogenbrücke.
Die Fachwerkbogen mit Kämpfergelenken haben entweder
α) parallele oder nahezu parallele Gurtungen und Ausfachung mit senkrecht oder radial gestellten Pfosten und einfachen oder gekreuzten Schrägstäben. Hierher gehört die weitestgespannte unter den derzeit bestehenden B., die Straßenbrücke über den Niagara (Abb. 218 und 218 a) mit 256·1 m Stützweite, welche Brücke ohne Gerüst mit freier Auskragung montiert wurde. Diese wird aber in der Spannweite von der in Ausführung begriffenen Hellgate-B. bei New York, einer viergleisigen Eisenbahnbrücke mit über die Fahrbahn ragendem Bogen von rund 300 m Stützweite übertroffen (Abb. 219).
β) Sichelbogen. Die Träger besitzen im Bogenscheitel die größte Tragwandhöhe, in den Kämpfern sind die Gurte zusammengeführt. Beispiele: Dourobrücke bei Oporto, Straßenbrücke über den Rhein bei Worms, Garabitviadukt (Abb. 220), Hochbrücke über den Nordostseekanal bei Grünental (Abb. 221). Bei letzterer schneidet die Fahrbahn (zweigleisige Eisenbahn) die Bogentragwände und ist zum Teil an diese angehängt, zum Teil auf sie gestützt. In der Höhe der Fahrbahn ist ein Zugband
Abb. 213. Straßenbrücke über die Mur in Graz.
Abb. 214. Rohrbachbrücke der Gotthardbahn.
Abb. 215. Mississippibrücke bei St. Louis.
Abb. 216. Kaiser-Wilhelm-Brücke über das Wuppertal bei Müngsten.
angeordnet, das aber erst nach Ausrüstung der Träger eingefügt wurde, also nur den Schub der Verkehrslast aufnimmt. Beim Garabitviadukt sind als Fahrbahnträger kontinuierliche Parallelfachwerksträger angeordnet,
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1. Bogen ohne Gelenk mit flach aufgelagerten oder eingespannten Enden. Feste Lager sind früher bei Blechbogen häufiger angewendetworden (Abb. 214). Fachwerksbogen dieser Art haben zwei gekrümmte Gurtungen mit gleichbleibendem (Abb. 215) oder gegen die Kämpfer etwas zunehmendem Abstande (Abb. 216). Neuere Beispiele sind: die Kornhausbrücke in Bern, die Addabrücke bei Paderno, die Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten. Letztere Brücke ist durch die Art der Aufstellung bemerkenswert, die ohne festes Gerüst durch freie Auskragung mit vorübergehender Einschaltung von Kämpfergelenken erfolgte.
2. Bogen mit Kämpfergelenken. Diese stützen sich auf gelenkförmige Lager, wodurch die Angriffspunkte der Kämpferdrücke festgelegt werden und das Trägersystem hinsichtlich der äußeren Kräfte bloß einfach statisch unbestimmt wird. Bei Blechbogen bildet die gelenkige Auflagerung jetzt die Regel. Die Washington-Brücke über den Harlemfluß (Abb. 217) mit 155·5 m Spannweite und 3·4 m hohen Blechbogen ist die weitestgespannte Blechbogenbrücke.
Die Fachwerkbogen mit Kämpfergelenken haben entweder
α) parallele oder nahezu parallele Gurtungen und Ausfachung mit senkrecht oder radial gestellten Pfosten und einfachen oder gekreuzten Schrägstäben. Hierher gehört die weitestgespannte unter den derzeit bestehenden B., die Straßenbrücke über den Niagara (Abb. 218 und 218 a) mit 256·1 m Stützweite, welche Brücke ohne Gerüst mit freier Auskragung montiert wurde. Diese wird aber in der Spannweite von der in Ausführung begriffenen Hellgate-B. bei New York, einer viergleisigen Eisenbahnbrücke mit über die Fahrbahn ragendem Bogen von rund 300 m Stützweite übertroffen (Abb. 219).
β) Sichelbogen. Die Träger besitzen im Bogenscheitel die größte Tragwandhöhe, in den Kämpfern sind die Gurte zusammengeführt. Beispiele: Dourobrücke bei Oporto, Straßenbrücke über den Rhein bei Worms, Garabitviadukt (Abb. 220), Hochbrücke über den Nordostseekanal bei Grünental (Abb. 221). Bei letzterer schneidet die Fahrbahn (zweigleisige Eisenbahn) die Bogentragwände und ist zum Teil an diese angehängt, zum Teil auf sie gestützt. In der Höhe der Fahrbahn ist ein Zugband
[Abbildung Abb. 213. Straßenbrücke über die Mur in Graz.
]
[Abbildung Abb. 214. Rohrbachbrücke der Gotthardbahn.
]
[Abbildung Abb. 215. Mississippibrücke bei St. Louis.
]
[Abbildung Abb. 216. Kaiser-Wilhelm-Brücke über das Wuppertal bei Müngsten.
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angeordnet, das aber erst nach Ausrüstung der Träger eingefügt wurde, also nur den Schub der Verkehrslast aufnimmt. Beim Garabitviadukt sind als Fahrbahnträger kontinuierliche Parallelfachwerksträger angeordnet,
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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/451>, abgerufen am 10.01.2025.
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