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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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nach Art der Aufsichtsräte von Privatgesellschaften beigegebenen Verwaltungsräte; denen die Entscheidung verschiedener Verwaltungsagenden übertragen ist (so z. B. in Italien, Rumänien, Schweiz u. s. w.) oder die ausschließlich oder doch zum größten Teil aus Vertretern staatlicher Behörden zusammengesetzt sind (z. B. Belgien, Frankreich).

B. wurden zunächst in Deutschland errichtet und haben von hier in zahlreichen anderen Staaten Eingang gefunden.

Ein B. ist im Deutschen Reich zuerst in den Reichslanden Elsaß-Lothringen im Jahre 1874 auf Anregung der Mülhausener Handelskammer unter dem Titel "Eisenbahnausschuß" errichtet worden. Seine Zusammensetzung, seine Aufgaben und seine Geschäftsordnung sind in der ersten Sitzung vom 21. Oktober 1874 vereinbart worden. Er bestand ursprünglich nur aus Mitgliedern, die die elsaß-lothringischen Handelskammern wählten. Später sind auch Vertreter landwirtschaftlicher und industrieller Körperschaften, von letzteren auch einer aus dem Saargebiet, hinzugekommen. Der Eisenbahnausschuß hält jährlich zwei ordentliche und nach Bedarf außerordentliche Sitzungen. Er berät nur über solche Eisenbahnverkehrsfragen, bei denen die Gebiete von mindestens zwei Handelskammern beteiligt sind. Zu seinen regelmäßigen Vorlagen gehören die Entwürfe für die Fahrpläne.

1875 machte das Reichseisenbahnamt - zunächst ohne Erfolg - den Versuch, die übrigen deutschen Staats- und Privatbahnen zur Einsetzung ähnlicher Körperschaften für ihre Bezirke zu veranlassen. 1878 ordnete der preußische Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten die Errichtung von B. bei den preußischen Staats- und den vom Staat verwalteten Privatbahnen an. Durch Erlasse vom 1. Februar und 2. März 1880 wurde diese Weisung auf die durch die Gesetze vom 20. Dezember 1879 und 14. Februar 1880 neuerworbenen Bahnen ausgedehnt; auch für die Zentralverwaltung war von dem Minister der öffentlichen Arbeiten die Bestellung eines ständigen B. (Landeseisenbahnrates) in Aussicht genommen.

Durch Gesetz vom 1. Juni 1882 wurden für Preußen die Bestimmungen über B. festgestellt. Das Gesetz ist am 1. Januar 1883 in Kraft getreten.

Dieses Gesetz ist auf eine Resolution zurückzuführen, die der preußische Landtag am 12. Dezember 1879 bei Beratung der Verstaatlichungsvorlagen gefaßt hat. Der Landtag machte damals seine Zustimmung zu dem Gesetz von der Verpflichtung der Regierung abhängig, wirtschaftliche Garantien für eine den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechende Verwaltung der Staatsbahnen durch Errichtung von Bezirkseisenbahnräten für die Eisenbahndirektionen und eines Landeseisenbahnrates für die oberste Verwaltungsbehörde zu schaffen. Der auf Grund dieser Resolution am 3. November 1880 eingebrachte Gesetzentwurf kam nicht zur Erledigung, wurde in der folgenden Session wieder vorgelegt und mit einigen wesentlichen Änderungen angenommen.

Nach dem Gesetze von 1882 sollte bei jeder Eisenbahndirektion ein Bezirkseisenbahnrat und nur ausnahmsweise ein Bezirkseisenbahnrat für mehrere Direktionen errichtet werden. Als jedoch bei der Neuordnung der Staatseisenbahnverwaltung im Jahre 1895 die Zahl der Direktionen von 11 auf 20 vermehrt wurde, denen im Jahre 1897 noch die Direktion Mainz hinzutrat, behielt man aus wirtschaftlichen Gründen die Bezirkseisenbahnräte für ihr früheres Gebiet bei. Zurzeit bestehen 9 Bezirkseisenbahnräte, u. zw. in Berlin, Bromberg, Breslau, Altona, Magdeburg, Erfurt, Hannover, Frankfurt und Köln. In den Bezirkseisenbahnräten zu Frankfurt a. M. sind auf Grund des Staatsvertrages vom 23. Juni 1896 hessische Mitglieder und auf Grund des Staatsvertrages vom 14. Dezamber 1901 badische Mitglieder berufen. Die Wahlen der hessischen Mitglieder erfolgen nach den hessischen Verordnungen vom 7. April 1897, vom 17. Juli 1907 und vom 3. August 1910. Die Verordnungen passen sich genau den Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Juni 1882 und den zugehörigen Novellen an.

Die Bezirkseisenbahnräte werden zusammengesetzt (§ 3) aus Vertretern des Handelsstandes, der Industrie sowie der Land- und Forstwirtschaft. Die Wahl der Mitglieder erfolgt durch die Handelskammern (kaufmännischen Körperschaften), die Landwirtschaftskammern sowie andere, durch die Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten zu bestimmende Körperschaften und Vereine. Die Wahl erfolgte ursprünglich auf 3 Jahre, nach dem Gesetz vom 15. Juni 1910 jedoch auf 5 Jahre. Außer den Mitgliedern sind Stellvertreter zu wählen, die im Falle der Behinderung der Mitglieder an den Beratungen teilnehmen. Die Bestimmungen über die Bildung der einzelnen Bezirkseisenbahnräte wurden durch gemeinschaftlichen Erlaß der Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten getroffen. Danach erhält jede der drei wirtschaftlichen Gruppen ungefähr dieselbe Anzahl von Vertretern.

nach Art der Aufsichtsräte von Privatgesellschaften beigegebenen Verwaltungsräte; denen die Entscheidung verschiedener Verwaltungsagenden übertragen ist (so z. B. in Italien, Rumänien, Schweiz u. s. w.) oder die ausschließlich oder doch zum größten Teil aus Vertretern staatlicher Behörden zusammengesetzt sind (z. B. Belgien, Frankreich).

B. wurden zunächst in Deutschland errichtet und haben von hier in zahlreichen anderen Staaten Eingang gefunden.

Ein B. ist im Deutschen Reich zuerst in den Reichslanden Elsaß-Lothringen im Jahre 1874 auf Anregung der Mülhausener Handelskammer unter dem Titel „Eisenbahnausschuß“ errichtet worden. Seine Zusammensetzung, seine Aufgaben und seine Geschäftsordnung sind in der ersten Sitzung vom 21. Oktober 1874 vereinbart worden. Er bestand ursprünglich nur aus Mitgliedern, die die elsaß-lothringischen Handelskammern wählten. Später sind auch Vertreter landwirtschaftlicher und industrieller Körperschaften, von letzteren auch einer aus dem Saargebiet, hinzugekommen. Der Eisenbahnausschuß hält jährlich zwei ordentliche und nach Bedarf außerordentliche Sitzungen. Er berät nur über solche Eisenbahnverkehrsfragen, bei denen die Gebiete von mindestens zwei Handelskammern beteiligt sind. Zu seinen regelmäßigen Vorlagen gehören die Entwürfe für die Fahrpläne.

1875 machte das Reichseisenbahnamt – zunächst ohne Erfolg – den Versuch, die übrigen deutschen Staats- und Privatbahnen zur Einsetzung ähnlicher Körperschaften für ihre Bezirke zu veranlassen. 1878 ordnete der preußische Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten die Errichtung von B. bei den preußischen Staats- und den vom Staat verwalteten Privatbahnen an. Durch Erlasse vom 1. Februar und 2. März 1880 wurde diese Weisung auf die durch die Gesetze vom 20. Dezember 1879 und 14. Februar 1880 neuerworbenen Bahnen ausgedehnt; auch für die Zentralverwaltung war von dem Minister der öffentlichen Arbeiten die Bestellung eines ständigen B. (Landeseisenbahnrates) in Aussicht genommen.

Durch Gesetz vom 1. Juni 1882 wurden für Preußen die Bestimmungen über B. festgestellt. Das Gesetz ist am 1. Januar 1883 in Kraft getreten.

Dieses Gesetz ist auf eine Resolution zurückzuführen, die der preußische Landtag am 12. Dezember 1879 bei Beratung der Verstaatlichungsvorlagen gefaßt hat. Der Landtag machte damals seine Zustimmung zu dem Gesetz von der Verpflichtung der Regierung abhängig, wirtschaftliche Garantien für eine den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechende Verwaltung der Staatsbahnen durch Errichtung von Bezirkseisenbahnräten für die Eisenbahndirektionen und eines Landeseisenbahnrates für die oberste Verwaltungsbehörde zu schaffen. Der auf Grund dieser Resolution am 3. November 1880 eingebrachte Gesetzentwurf kam nicht zur Erledigung, wurde in der folgenden Session wieder vorgelegt und mit einigen wesentlichen Änderungen angenommen.

Nach dem Gesetze von 1882 sollte bei jeder Eisenbahndirektion ein Bezirkseisenbahnrat und nur ausnahmsweise ein Bezirkseisenbahnrat für mehrere Direktionen errichtet werden. Als jedoch bei der Neuordnung der Staatseisenbahnverwaltung im Jahre 1895 die Zahl der Direktionen von 11 auf 20 vermehrt wurde, denen im Jahre 1897 noch die Direktion Mainz hinzutrat, behielt man aus wirtschaftlichen Gründen die Bezirkseisenbahnräte für ihr früheres Gebiet bei. Zurzeit bestehen 9 Bezirkseisenbahnräte, u. zw. in Berlin, Bromberg, Breslau, Altona, Magdeburg, Erfurt, Hannover, Frankfurt und Köln. In den Bezirkseisenbahnräten zu Frankfurt a. M. sind auf Grund des Staatsvertrages vom 23. Juni 1896 hessische Mitglieder und auf Grund des Staatsvertrages vom 14. Dezamber 1901 badische Mitglieder berufen. Die Wahlen der hessischen Mitglieder erfolgen nach den hessischen Verordnungen vom 7. April 1897, vom 17. Juli 1907 und vom 3. August 1910. Die Verordnungen passen sich genau den Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Juni 1882 und den zugehörigen Novellen an.

Die Bezirkseisenbahnräte werden zusammengesetzt (§ 3) aus Vertretern des Handelsstandes, der Industrie sowie der Land- und Forstwirtschaft. Die Wahl der Mitglieder erfolgt durch die Handelskammern (kaufmännischen Körperschaften), die Landwirtschaftskammern sowie andere, durch die Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten zu bestimmende Körperschaften und Vereine. Die Wahl erfolgte ursprünglich auf 3 Jahre, nach dem Gesetz vom 15. Juni 1910 jedoch auf 5 Jahre. Außer den Mitgliedern sind Stellvertreter zu wählen, die im Falle der Behinderung der Mitglieder an den Beratungen teilnehmen. Die Bestimmungen über die Bildung der einzelnen Bezirkseisenbahnräte wurden durch gemeinschaftlichen Erlaß der Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten getroffen. Danach erhält jede der drei wirtschaftlichen Gruppen ungefähr dieselbe Anzahl von Vertretern.

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[109/0118] nach Art der Aufsichtsräte von Privatgesellschaften beigegebenen Verwaltungsräte; denen die Entscheidung verschiedener Verwaltungsagenden übertragen ist (so z. B. in Italien, Rumänien, Schweiz u. s. w.) oder die ausschließlich oder doch zum größten Teil aus Vertretern staatlicher Behörden zusammengesetzt sind (z. B. Belgien, Frankreich). B. wurden zunächst in Deutschland errichtet und haben von hier in zahlreichen anderen Staaten Eingang gefunden. Ein B. ist im Deutschen Reich zuerst in den Reichslanden Elsaß-Lothringen im Jahre 1874 auf Anregung der Mülhausener Handelskammer unter dem Titel „Eisenbahnausschuß“ errichtet worden. Seine Zusammensetzung, seine Aufgaben und seine Geschäftsordnung sind in der ersten Sitzung vom 21. Oktober 1874 vereinbart worden. Er bestand ursprünglich nur aus Mitgliedern, die die elsaß-lothringischen Handelskammern wählten. Später sind auch Vertreter landwirtschaftlicher und industrieller Körperschaften, von letzteren auch einer aus dem Saargebiet, hinzugekommen. Der Eisenbahnausschuß hält jährlich zwei ordentliche und nach Bedarf außerordentliche Sitzungen. Er berät nur über solche Eisenbahnverkehrsfragen, bei denen die Gebiete von mindestens zwei Handelskammern beteiligt sind. Zu seinen regelmäßigen Vorlagen gehören die Entwürfe für die Fahrpläne. 1875 machte das Reichseisenbahnamt – zunächst ohne Erfolg – den Versuch, die übrigen deutschen Staats- und Privatbahnen zur Einsetzung ähnlicher Körperschaften für ihre Bezirke zu veranlassen. 1878 ordnete der preußische Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten die Errichtung von B. bei den preußischen Staats- und den vom Staat verwalteten Privatbahnen an. Durch Erlasse vom 1. Februar und 2. März 1880 wurde diese Weisung auf die durch die Gesetze vom 20. Dezember 1879 und 14. Februar 1880 neuerworbenen Bahnen ausgedehnt; auch für die Zentralverwaltung war von dem Minister der öffentlichen Arbeiten die Bestellung eines ständigen B. (Landeseisenbahnrates) in Aussicht genommen. Durch Gesetz vom 1. Juni 1882 wurden für Preußen die Bestimmungen über B. festgestellt. Das Gesetz ist am 1. Januar 1883 in Kraft getreten. Dieses Gesetz ist auf eine Resolution zurückzuführen, die der preußische Landtag am 12. Dezember 1879 bei Beratung der Verstaatlichungsvorlagen gefaßt hat. Der Landtag machte damals seine Zustimmung zu dem Gesetz von der Verpflichtung der Regierung abhängig, wirtschaftliche Garantien für eine den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechende Verwaltung der Staatsbahnen durch Errichtung von Bezirkseisenbahnräten für die Eisenbahndirektionen und eines Landeseisenbahnrates für die oberste Verwaltungsbehörde zu schaffen. Der auf Grund dieser Resolution am 3. November 1880 eingebrachte Gesetzentwurf kam nicht zur Erledigung, wurde in der folgenden Session wieder vorgelegt und mit einigen wesentlichen Änderungen angenommen. Nach dem Gesetze von 1882 sollte bei jeder Eisenbahndirektion ein Bezirkseisenbahnrat und nur ausnahmsweise ein Bezirkseisenbahnrat für mehrere Direktionen errichtet werden. Als jedoch bei der Neuordnung der Staatseisenbahnverwaltung im Jahre 1895 die Zahl der Direktionen von 11 auf 20 vermehrt wurde, denen im Jahre 1897 noch die Direktion Mainz hinzutrat, behielt man aus wirtschaftlichen Gründen die Bezirkseisenbahnräte für ihr früheres Gebiet bei. Zurzeit bestehen 9 Bezirkseisenbahnräte, u. zw. in Berlin, Bromberg, Breslau, Altona, Magdeburg, Erfurt, Hannover, Frankfurt und Köln. In den Bezirkseisenbahnräten zu Frankfurt a. M. sind auf Grund des Staatsvertrages vom 23. Juni 1896 hessische Mitglieder und auf Grund des Staatsvertrages vom 14. Dezamber 1901 badische Mitglieder berufen. Die Wahlen der hessischen Mitglieder erfolgen nach den hessischen Verordnungen vom 7. April 1897, vom 17. Juli 1907 und vom 3. August 1910. Die Verordnungen passen sich genau den Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Juni 1882 und den zugehörigen Novellen an. Die Bezirkseisenbahnräte werden zusammengesetzt (§ 3) aus Vertretern des Handelsstandes, der Industrie sowie der Land- und Forstwirtschaft. Die Wahl der Mitglieder erfolgt durch die Handelskammern (kaufmännischen Körperschaften), die Landwirtschaftskammern sowie andere, durch die Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten zu bestimmende Körperschaften und Vereine. Die Wahl erfolgte ursprünglich auf 3 Jahre, nach dem Gesetz vom 15. Juni 1910 jedoch auf 5 Jahre. Außer den Mitgliedern sind Stellvertreter zu wählen, die im Falle der Behinderung der Mitglieder an den Beratungen teilnehmen. Die Bestimmungen über die Bildung der einzelnen Bezirkseisenbahnräte wurden durch gemeinschaftlichen Erlaß der Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten getroffen. Danach erhält jede der drei wirtschaftlichen Gruppen ungefähr dieselbe Anzahl von Vertretern.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/118>, abgerufen am 16.07.2024.