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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.

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Baut oder kauft eine Privatgesellschaft eine Eisenbahn, so könnte sie wohl das ganze hierzu nötige Kapital durch Ausgabe von Aktien aufbringen; gewöhnlich aber wird nur ein Teil des Gesamtkapitals durch Aktienausgabe, ein anderer Teil dagegen durch Aufnahmen von A. (Obligationen) beschafft. Es sind daher zwei Hauptarten von Eisenbahnanleihen zu unterscheiden: die Staats-Eisenbahnanleihen und die A. von Eisenbahngesellschaften.

Alle A. werden in eine entsprechende Zahl von Anteilen zerlegt, über deren Einzahlung Schuldverschreibungen (Obligationen) ausgestellt werden, d. h. Urkunden über die privatrechtlichen Ansprüche des Gläubigers. Die Obligationen lauten auf Namen oder - weitaus häufiger - auf den Inhaber. Sie sind fest-, aber meist nicht besonders hoch verzinslich, was die Folge hat, daß sie in Zeiten wirtschaftlicher Depression gern gekauft, bei Hochkonjunktur dagegen vernachlässigt werden.

I. Allgemeines. Notwendige Voraussetzung der A. ist der Kredit. Er gewährt den Kreditnehmern erhöhte Leistungsfähigkeit, wenn er nur soweit in Anspruch genommen wird, daß die künftigen Lasten getragen werden können.

Seine Hauptarten sind: Naturalkredit, geldwirtschaftlicher Kredit; Konsumtiv- und Produktivkredit; Personal- und Realkredit; privater, öffentlicher Kredit.

Den verschiedenen Formen des Kredits entsprechen verschiedene Arten der A.

Die Staats-, Provinzial- und Gemeindeanleihen.

Die Prämien- oder Lotterieanleihen, die nach festem Plane allmählich zur Heimzahlung ausgelost werden und für bestimmte gezogene Nummern Geldgewinste gewähren. Teils festverzinslich, teils unverzinslich. Früher vielfach, auch von Eisenbahnen, angewendet. In Deutschland ist durch das Reichsgesetz vom 8. Juni 1871 Ausgabe und Handel sehr eingeschränkt worden.

Die Prioritätsobligationen, die von industriellen und kommerziellen Unternehmungen ausgegeben werden und Vorrechte insoferne genießen, als die Obligationäre vor den Aktionären befriedigt werden müssen. Mitunter auch Vorrechte neuerer vor den älteren Obligationären. Von Privatbahnen vielfach benutzt.

Die Pfand- und Rentenbriefe, die Mittel des städtischen und ländlichen Immobiliarkredites. Die Kreditinstitute geben einerseits Hypothekdarlehen aus, anderseits emittieren sie auf der Grundlage dieser Hypothekdarlehen die Pfandbriefe, um sich das Kapital für weitere Darlehen zu beschaffen. Sie vermitteln also zwischen dem Kredit- und dem Anlagebedürfnis des Marktes.

Die Zeitrenten, bei denen als Entgelt für das Leihkapital oder auch für andere Leistungen auf eine bestimmte Reihe von Jahren eine gewisse, jährlich zu leistende Summe gewährt wird, die nicht nur den Zins, sondern auch die Amortisationsquote enthält. Bei Eisenbahnverstaatlichungen nicht selten angewendet.

Die Rentenschulden, bei denen der Staat dem Gläubiger lediglich die Zahlung einer jährlichen Rente für sein Darlehen, nicht aber die Zurückzahlung des Kapitals zusichert. Die Rentenschuld kann von Seiten des Staates kündbar oder unkündbar sein. Nur Staaten mit sehr gesicherten Finanzen können sich dieser Schuldform bedienen.

II. Die Sicherheit der A. beruht auf der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Schuldner. Man spricht von genereller (organischer) Sicherheit, wenn sie, wie bei Staats-, Provinzial- und Gemeindeanleihen, wohl auch bei den Prioritäten großer Erwerbsunternehmungen, lediglich auf dem Vertrauen in die Organisation, Dauer und Solidität des Geldnehmers beruht, von spezieller (formeller) Sicherheit, wenn Prioritätsanleihen durch Hypotheken, wenn die Pfandbriefe durch die Hypothekenforderungen der Emissionsinstitute, wenn Privatbahnprioritäten durch eine staatliche Zinsgarantie sichergestellt werden.

Der speziellen Sicherheit entspricht der Realkredit. Um für den Realkredit auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens eine sichere Unterlage zu schaffen, um zu verhüten, daß einzelne Bestandteile eines Eisenbahnunternehmens unter Schädigung anderer Gläubiger und unter Störung des Betriebs dem Unternehmen entzogen werden, hat das Eisenbahnrecht mancher Länder alle zu einem Bahnunternehmen gehörigen Teile rechtlich zu einer Einheit vereinigt.

In Preußen hat schon das Gesetz vom 3. September 1838 die gesamte Bahnstrecke und die dem Bahnbetrieb dienenden Grundstücke als rechtliche Einheit erklärt, hierbei die beweglichen Sachen, u. zw. auch die Fahrzeuge, nicht einbezogen. Das erwähnte Gesetz hat den Inhabern der Schuldverschreibungen keine Möglichkeit gegeben, ihre eventuellen Pfandrechte geltend zu machen. Anläufe zu einem Reichsgesetz, das ähnlich gedacht war, wie die im nachstehenden skizzierten Gesetze Österreichs und der Schweiz kamen in den Jahren 1878/79 nicht zur Erledigung; nur das Reichsgesetz vom 3. Mai 1886 kam zu stände, das bestimmte, daß die Fahrbetriebsmittel der dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnen der Pfändung nicht

Baut oder kauft eine Privatgesellschaft eine Eisenbahn, so könnte sie wohl das ganze hierzu nötige Kapital durch Ausgabe von Aktien aufbringen; gewöhnlich aber wird nur ein Teil des Gesamtkapitals durch Aktienausgabe, ein anderer Teil dagegen durch Aufnahmen von A. (Obligationen) beschafft. Es sind daher zwei Hauptarten von Eisenbahnanleihen zu unterscheiden: die Staats-Eisenbahnanleihen und die A. von Eisenbahngesellschaften.

Alle A. werden in eine entsprechende Zahl von Anteilen zerlegt, über deren Einzahlung Schuldverschreibungen (Obligationen) ausgestellt werden, d. h. Urkunden über die privatrechtlichen Ansprüche des Gläubigers. Die Obligationen lauten auf Namen oder – weitaus häufiger – auf den Inhaber. Sie sind fest-, aber meist nicht besonders hoch verzinslich, was die Folge hat, daß sie in Zeiten wirtschaftlicher Depression gern gekauft, bei Hochkonjunktur dagegen vernachlässigt werden.

I. Allgemeines. Notwendige Voraussetzung der A. ist der Kredit. Er gewährt den Kreditnehmern erhöhte Leistungsfähigkeit, wenn er nur soweit in Anspruch genommen wird, daß die künftigen Lasten getragen werden können.

Seine Hauptarten sind: Naturalkredit, geldwirtschaftlicher Kredit; Konsumtiv- und Produktivkredit; Personal- und Realkredit; privater, öffentlicher Kredit.

Den verschiedenen Formen des Kredits entsprechen verschiedene Arten der A.

Die Staats-, Provinzial- und Gemeindeanleihen.

Die Prämien- oder Lotterieanleihen, die nach festem Plane allmählich zur Heimzahlung ausgelost werden und für bestimmte gezogene Nummern Geldgewinste gewähren. Teils festverzinslich, teils unverzinslich. Früher vielfach, auch von Eisenbahnen, angewendet. In Deutschland ist durch das Reichsgesetz vom 8. Juni 1871 Ausgabe und Handel sehr eingeschränkt worden.

Die Prioritätsobligationen, die von industriellen und kommerziellen Unternehmungen ausgegeben werden und Vorrechte insoferne genießen, als die Obligationäre vor den Aktionären befriedigt werden müssen. Mitunter auch Vorrechte neuerer vor den älteren Obligationären. Von Privatbahnen vielfach benutzt.

Die Pfand- und Rentenbriefe, die Mittel des städtischen und ländlichen Immobiliarkredites. Die Kreditinstitute geben einerseits Hypothekdarlehen aus, anderseits emittieren sie auf der Grundlage dieser Hypothekdarlehen die Pfandbriefe, um sich das Kapital für weitere Darlehen zu beschaffen. Sie vermitteln also zwischen dem Kredit- und dem Anlagebedürfnis des Marktes.

Die Zeitrenten, bei denen als Entgelt für das Leihkapital oder auch für andere Leistungen auf eine bestimmte Reihe von Jahren eine gewisse, jährlich zu leistende Summe gewährt wird, die nicht nur den Zins, sondern auch die Amortisationsquote enthält. Bei Eisenbahnverstaatlichungen nicht selten angewendet.

Die Rentenschulden, bei denen der Staat dem Gläubiger lediglich die Zahlung einer jährlichen Rente für sein Darlehen, nicht aber die Zurückzahlung des Kapitals zusichert. Die Rentenschuld kann von Seiten des Staates kündbar oder unkündbar sein. Nur Staaten mit sehr gesicherten Finanzen können sich dieser Schuldform bedienen.

II. Die Sicherheit der A. beruht auf der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Schuldner. Man spricht von genereller (organischer) Sicherheit, wenn sie, wie bei Staats-, Provinzial- und Gemeindeanleihen, wohl auch bei den Prioritäten großer Erwerbsunternehmungen, lediglich auf dem Vertrauen in die Organisation, Dauer und Solidität des Geldnehmers beruht, von spezieller (formeller) Sicherheit, wenn Prioritätsanleihen durch Hypotheken, wenn die Pfandbriefe durch die Hypothekenforderungen der Emissionsinstitute, wenn Privatbahnprioritäten durch eine staatliche Zinsgarantie sichergestellt werden.

Der speziellen Sicherheit entspricht der Realkredit. Um für den Realkredit auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens eine sichere Unterlage zu schaffen, um zu verhüten, daß einzelne Bestandteile eines Eisenbahnunternehmens unter Schädigung anderer Gläubiger und unter Störung des Betriebs dem Unternehmen entzogen werden, hat das Eisenbahnrecht mancher Länder alle zu einem Bahnunternehmen gehörigen Teile rechtlich zu einer Einheit vereinigt.

In Preußen hat schon das Gesetz vom 3. September 1838 die gesamte Bahnstrecke und die dem Bahnbetrieb dienenden Grundstücke als rechtliche Einheit erklärt, hierbei die beweglichen Sachen, u. zw. auch die Fahrzeuge, nicht einbezogen. Das erwähnte Gesetz hat den Inhabern der Schuldverschreibungen keine Möglichkeit gegeben, ihre eventuellen Pfandrechte geltend zu machen. Anläufe zu einem Reichsgesetz, das ähnlich gedacht war, wie die im nachstehenden skizzierten Gesetze Österreichs und der Schweiz kamen in den Jahren 1878/79 nicht zur Erledigung; nur das Reichsgesetz vom 3. Mai 1886 kam zu stände, das bestimmte, daß die Fahrbetriebsmittel der dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnen der Pfändung nicht

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[167/0176] Baut oder kauft eine Privatgesellschaft eine Eisenbahn, so könnte sie wohl das ganze hierzu nötige Kapital durch Ausgabe von Aktien aufbringen; gewöhnlich aber wird nur ein Teil des Gesamtkapitals durch Aktienausgabe, ein anderer Teil dagegen durch Aufnahmen von A. (Obligationen) beschafft. Es sind daher zwei Hauptarten von Eisenbahnanleihen zu unterscheiden: die Staats-Eisenbahnanleihen und die A. von Eisenbahngesellschaften. Alle A. werden in eine entsprechende Zahl von Anteilen zerlegt, über deren Einzahlung Schuldverschreibungen (Obligationen) ausgestellt werden, d. h. Urkunden über die privatrechtlichen Ansprüche des Gläubigers. Die Obligationen lauten auf Namen oder – weitaus häufiger – auf den Inhaber. Sie sind fest-, aber meist nicht besonders hoch verzinslich, was die Folge hat, daß sie in Zeiten wirtschaftlicher Depression gern gekauft, bei Hochkonjunktur dagegen vernachlässigt werden. I. Allgemeines. Notwendige Voraussetzung der A. ist der Kredit. Er gewährt den Kreditnehmern erhöhte Leistungsfähigkeit, wenn er nur soweit in Anspruch genommen wird, daß die künftigen Lasten getragen werden können. Seine Hauptarten sind: Naturalkredit, geldwirtschaftlicher Kredit; Konsumtiv- und Produktivkredit; Personal- und Realkredit; privater, öffentlicher Kredit. Den verschiedenen Formen des Kredits entsprechen verschiedene Arten der A. Die Staats-, Provinzial- und Gemeindeanleihen. Die Prämien- oder Lotterieanleihen, die nach festem Plane allmählich zur Heimzahlung ausgelost werden und für bestimmte gezogene Nummern Geldgewinste gewähren. Teils festverzinslich, teils unverzinslich. Früher vielfach, auch von Eisenbahnen, angewendet. In Deutschland ist durch das Reichsgesetz vom 8. Juni 1871 Ausgabe und Handel sehr eingeschränkt worden. Die Prioritätsobligationen, die von industriellen und kommerziellen Unternehmungen ausgegeben werden und Vorrechte insoferne genießen, als die Obligationäre vor den Aktionären befriedigt werden müssen. Mitunter auch Vorrechte neuerer vor den älteren Obligationären. Von Privatbahnen vielfach benutzt. Die Pfand- und Rentenbriefe, die Mittel des städtischen und ländlichen Immobiliarkredites. Die Kreditinstitute geben einerseits Hypothekdarlehen aus, anderseits emittieren sie auf der Grundlage dieser Hypothekdarlehen die Pfandbriefe, um sich das Kapital für weitere Darlehen zu beschaffen. Sie vermitteln also zwischen dem Kredit- und dem Anlagebedürfnis des Marktes. Die Zeitrenten, bei denen als Entgelt für das Leihkapital oder auch für andere Leistungen auf eine bestimmte Reihe von Jahren eine gewisse, jährlich zu leistende Summe gewährt wird, die nicht nur den Zins, sondern auch die Amortisationsquote enthält. Bei Eisenbahnverstaatlichungen nicht selten angewendet. Die Rentenschulden, bei denen der Staat dem Gläubiger lediglich die Zahlung einer jährlichen Rente für sein Darlehen, nicht aber die Zurückzahlung des Kapitals zusichert. Die Rentenschuld kann von Seiten des Staates kündbar oder unkündbar sein. Nur Staaten mit sehr gesicherten Finanzen können sich dieser Schuldform bedienen. II. Die Sicherheit der A. beruht auf der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Schuldner. Man spricht von genereller (organischer) Sicherheit, wenn sie, wie bei Staats-, Provinzial- und Gemeindeanleihen, wohl auch bei den Prioritäten großer Erwerbsunternehmungen, lediglich auf dem Vertrauen in die Organisation, Dauer und Solidität des Geldnehmers beruht, von spezieller (formeller) Sicherheit, wenn Prioritätsanleihen durch Hypotheken, wenn die Pfandbriefe durch die Hypothekenforderungen der Emissionsinstitute, wenn Privatbahnprioritäten durch eine staatliche Zinsgarantie sichergestellt werden. Der speziellen Sicherheit entspricht der Realkredit. Um für den Realkredit auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens eine sichere Unterlage zu schaffen, um zu verhüten, daß einzelne Bestandteile eines Eisenbahnunternehmens unter Schädigung anderer Gläubiger und unter Störung des Betriebs dem Unternehmen entzogen werden, hat das Eisenbahnrecht mancher Länder alle zu einem Bahnunternehmen gehörigen Teile rechtlich zu einer Einheit vereinigt. In Preußen hat schon das Gesetz vom 3. September 1838 die gesamte Bahnstrecke und die dem Bahnbetrieb dienenden Grundstücke als rechtliche Einheit erklärt, hierbei die beweglichen Sachen, u. zw. auch die Fahrzeuge, nicht einbezogen. Das erwähnte Gesetz hat den Inhabern der Schuldverschreibungen keine Möglichkeit gegeben, ihre eventuellen Pfandrechte geltend zu machen. Anläufe zu einem Reichsgesetz, das ähnlich gedacht war, wie die im nachstehenden skizzierten Gesetze Österreichs und der Schweiz kamen in den Jahren 1878/79 nicht zur Erledigung; nur das Reichsgesetz vom 3. Mai 1886 kam zu stände, das bestimmte, daß die Fahrbetriebsmittel der dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnen der Pfändung nicht

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912/176>, abgerufen am 24.11.2024.