Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Einleitung.
schen den verschiedenen Sekten der Christen-
heit streitig seyn kann, und überlasse den
Lehrern in jeglicher Kirche die Ergänzung der
ausgelassenen Stücke mit gegründeter Be-
scheidenheit.

Verhältniß ist ein nützlicher, aber,
selbst unter Gelehrten, nicht recht deutli-
cher Begrif. Ich habe ihn durch ein Gleich-
niß, das ein jedes Kind begreifen kann, er-
läutert.

Wer die Landwirthschaft versteht, wird
mit mir einstimmen; daß, in den folgenden
Capiteln viel, dem Landmanne nützliches,
gelehrt werde.

Zum Nagelschmieden, einem der sim-
pelsten Handwerke, hält man doch wenig-
stens drey Lehrjahre für nöthig; ist es nicht
zu verwundern, daß man geringer von der
Landwirthschaft zu denken scheint, und daß
man von ihr glaubt: sie lerne der Bauer
von selbst?

Ja, er lernt sie; aber wie? Mit allen
Irrthümern und Vorurtheilen seiner Vor-
fahren, und zu der geringsten Verbesse-
rung, durch Nachdenken und Kenntnisse,
unfähig und auch unwillig.

Ein Landesherr, der die wichtige
Wahrheit glaubt, daß im Ackerbau die

Grund-

Einleitung.
ſchen den verſchiedenen Sekten der Chriſten-
heit ſtreitig ſeyn kann, und uͤberlaſſe den
Lehrern in jeglicher Kirche die Ergaͤnzung der
ausgelaſſenen Stuͤcke mit gegruͤndeter Be-
ſcheidenheit.

Verhaͤltniß iſt ein nuͤtzlicher, aber,
ſelbſt unter Gelehrten, nicht recht deutli-
cher Begrif. Ich habe ihn durch ein Gleich-
niß, das ein jedes Kind begreifen kann, er-
laͤutert.

Wer die Landwirthſchaft verſteht, wird
mit mir einſtimmen; daß, in den folgenden
Capiteln viel, dem Landmanne nuͤtzliches,
gelehrt werde.

Zum Nagelſchmieden, einem der ſim-
pelſten Handwerke, haͤlt man doch wenig-
ſtens drey Lehrjahre fuͤr noͤthig; iſt es nicht
zu verwundern, daß man geringer von der
Landwirthſchaft zu denken ſcheint, und daß
man von ihr glaubt: ſie lerne der Bauer
von ſelbſt?

Ja, er lernt ſie; aber wie? Mit allen
Irrthuͤmern und Vorurtheilen ſeiner Vor-
fahren, und zu der geringſten Verbeſſe-
rung, durch Nachdenken und Kenntniſſe,
unfaͤhig und auch unwillig.

Ein Landesherr, der die wichtige
Wahrheit glaubt, daß im Ackerbau die

Grund-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Einleitung.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chen den ver&#x017F;chiedenen Sekten der Chri&#x017F;ten-<lb/>
heit &#x017F;treitig &#x017F;eyn kann, und u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e den<lb/>
Lehrern in jeglicher Kirche die Erga&#x0364;nzung der<lb/>
ausgela&#x017F;&#x017F;enen Stu&#x0364;cke mit gegru&#x0364;ndeter Be-<lb/>
&#x017F;cheidenheit.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Verha&#x0364;ltniß</hi> i&#x017F;t ein nu&#x0364;tzlicher, aber,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t unter Gelehrten, nicht recht deutli-<lb/>
cher Begrif. Ich habe ihn durch ein Gleich-<lb/>
niß, das ein jedes Kind begreifen kann, er-<lb/>
la&#x0364;utert.</p><lb/>
        <p>Wer die Landwirth&#x017F;chaft ver&#x017F;teht, wird<lb/>
mit mir ein&#x017F;timmen; daß, in den folgenden<lb/>
Capiteln viel, dem Landmanne nu&#x0364;tzliches,<lb/>
gelehrt werde.</p><lb/>
        <p>Zum Nagel&#x017F;chmieden, einem der &#x017F;im-<lb/>
pel&#x017F;ten Handwerke, ha&#x0364;lt man doch wenig-<lb/>
&#x017F;tens drey Lehrjahre fu&#x0364;r no&#x0364;thig; i&#x017F;t es nicht<lb/>
zu verwundern, daß man geringer von der<lb/>
Landwirth&#x017F;chaft zu denken &#x017F;cheint, und daß<lb/>
man von ihr glaubt: &#x017F;ie lerne der Bauer<lb/>
von &#x017F;elb&#x017F;t?</p><lb/>
        <p>Ja, er lernt &#x017F;ie; aber wie? Mit allen<lb/>
Irrthu&#x0364;mern und Vorurtheilen &#x017F;einer Vor-<lb/>
fahren, und zu der gering&#x017F;ten Verbe&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
rung, durch Nachdenken und Kenntni&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
unfa&#x0364;hig und auch unwillig.</p><lb/>
        <p>Ein Landesherr, der die wichtige<lb/>
Wahrheit glaubt, daß im Ackerbau die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Grund-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0017] Einleitung. ſchen den verſchiedenen Sekten der Chriſten- heit ſtreitig ſeyn kann, und uͤberlaſſe den Lehrern in jeglicher Kirche die Ergaͤnzung der ausgelaſſenen Stuͤcke mit gegruͤndeter Be- ſcheidenheit. Verhaͤltniß iſt ein nuͤtzlicher, aber, ſelbſt unter Gelehrten, nicht recht deutli- cher Begrif. Ich habe ihn durch ein Gleich- niß, das ein jedes Kind begreifen kann, er- laͤutert. Wer die Landwirthſchaft verſteht, wird mit mir einſtimmen; daß, in den folgenden Capiteln viel, dem Landmanne nuͤtzliches, gelehrt werde. Zum Nagelſchmieden, einem der ſim- pelſten Handwerke, haͤlt man doch wenig- ſtens drey Lehrjahre fuͤr noͤthig; iſt es nicht zu verwundern, daß man geringer von der Landwirthſchaft zu denken ſcheint, und daß man von ihr glaubt: ſie lerne der Bauer von ſelbſt? Ja, er lernt ſie; aber wie? Mit allen Irrthuͤmern und Vorurtheilen ſeiner Vor- fahren, und zu der geringſten Verbeſſe- rung, durch Nachdenken und Kenntniſſe, unfaͤhig und auch unwillig. Ein Landesherr, der die wichtige Wahrheit glaubt, daß im Ackerbau die Grund-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/17
Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/17>, abgerufen am 27.11.2024.