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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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erscheint56), von dem ein Unbefangener nicht begreift, wie er auf
den Ida kommt. Gespräche werden jetzt mit Vorliebe dargestellt, das
Gespräch des Perseus mit der an den Felsen geschmiedeten Andro-
meda, das Gespräch des Herakles und der Hesperiden, das Gespräch
der Eris und Themis auf der Parisvase, Gespräche zwischen Paris
und Helena, Gespräche der Wanderer mit den Trauernden am
Grabe, Gespräche von Mädchen und Jünglingen; und wenn wir
hören, dass Parrhasios auf einem Bilde Meleager, Herakles
und Perseus dargestellt habe57), so kann dies doch schlechter-
dings auch nur ein Gespräch gewesen sein, das Herakles im Hades
mit seinem Ahnherrn und dem kalydonischen Helden führt, der ihm
seine Schwester zum Weibe verspricht58). Es konnte nicht fehlen,
dass diese Richtung der Kunst immer höhere Anforderungen an
das Divinations-Vermögen des Beschauers stellte; den Inhalt des
Gespräches auch nur anzudeuten ist dem bildenden Künstler ausser-
ordentlich schwer, aus einer Situation lässt sich schwer der Zu-
sammenhang erraten. Und die Kunst verlor immer mehr und
mehr die Empfindung für das, was sie dem Beschauer zum Ver-
ständnis bieten muss, sie rechnete mit ihrer eigenen Vorstellung
und setzte dieselbe ohne weiteres beim Beschauer voraus. In
hohem Grade gilt dies von einer grossen Anzahl pompejanischer
Bilder, also doch wohl auch für deren hellenistische Originale.
Die Kenntnis der alexandrinischen Gedichte bildet die Voraussetzung
für ihr Verständnis, im Vertrauen auf diese Kenntnis hat der
Maler auch im Allgemeinen die Vorgänge nur so wenig charak-
terisiert, dass uns die Deutung ausserordentlich erschwert, in
vielen Fällen direkt unmöglich ist. Die Art wie Figuren fast
ohne jede Beziehung neben einander gestellt sind, erinnert oft
an die sacre conversazioni der italienischen Kunst. So sehen

56) S. Welcker Alte Denkmäler V. Taf. B.
57) Plin. 35, 69.
58) Schol. II. Ph 194. Erakles eis Aidou katelthon epi ton Kerberon
sunetukhe Meleagro to Oineos, ou kai deethentos gemai ten adelphen Deianeiran
epanelthon eis phos ktl. ... e istoria para Pindaro. Apollod. II 5, 12, 4
openika eidon auton (d. Herakles) ai psukhai, khoris Meleagrou kai Medouses tes
Gorgonos ephugon.

erscheint56), von dem ein Unbefangener nicht begreift, wie er auf
den Ida kommt. Gespräche werden jetzt mit Vorliebe dargestellt, das
Gespräch des Perseus mit der an den Felsen geschmiedeten Andro-
meda, das Gespräch des Herakles und der Hesperiden, das Gespräch
der Eris und Themis auf der Parisvase, Gespräche zwischen Paris
und Helena, Gespräche der Wanderer mit den Trauernden am
Grabe, Gespräche von Mädchen und Jünglingen; und wenn wir
hören, daſs Parrhasios auf einem Bilde Meleager, Herakles
und Perseus dargestellt habe57), so kann dies doch schlechter-
dings auch nur ein Gespräch gewesen sein, das Herakles im Hades
mit seinem Ahnherrn und dem kalydonischen Helden führt, der ihm
seine Schwester zum Weibe verspricht58). Es konnte nicht fehlen,
daſs diese Richtung der Kunst immer höhere Anforderungen an
das Divinations-Vermögen des Beschauers stellte; den Inhalt des
Gespräches auch nur anzudeuten ist dem bildenden Künstler auſser-
ordentlich schwer, aus einer Situation läſst sich schwer der Zu-
sammenhang erraten. Und die Kunst verlor immer mehr und
mehr die Empfindung für das, was sie dem Beschauer zum Ver-
ständnis bieten muſs, sie rechnete mit ihrer eigenen Vorstellung
und setzte dieselbe ohne weiteres beim Beschauer voraus. In
hohem Grade gilt dies von einer groſsen Anzahl pompejanischer
Bilder, also doch wohl auch für deren hellenistische Originale.
Die Kenntnis der alexandrinischen Gedichte bildet die Voraussetzung
für ihr Verständnis, im Vertrauen auf diese Kenntnis hat der
Maler auch im Allgemeinen die Vorgänge nur so wenig charak-
terisiert, daſs uns die Deutung auſserordentlich erschwert, in
vielen Fällen direkt unmöglich ist. Die Art wie Figuren fast
ohne jede Beziehung neben einander gestellt sind, erinnert oft
an die sacre conversazioni der italienischen Kunst. So sehen

56) S. Welcker Alte Denkmäler V. Taf. B.
57) Plin. 35, 69.
58) Schol. II. Φ 194. Ἡρακλῆς εἰς Ἅιδου κατελϑὼν ἐπὶ τὸν Κέρβερον
συνέτυχε Μελεάγρῳ τῷ Οἰνέως, οὗ καὶ δεηϑέντος γῆμαι τὴν ὰδελφὴν Δηϊάνειραν
ἐπανελϑὼν εἰς φῶς κτλ. … ἡ ἱστορία παρὰ Πινδάρῳ. Apollod. II 5, 12, 4
ὁπηνίκα εἶδον αὐτὸν (d. Herakles) αἱ ψυχαί, χωρὶς Μελεάγρου καὶ Μεδούσης τῆς
Γοργόνος ἔφυγον.
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[45/0059] erscheint 56), von dem ein Unbefangener nicht begreift, wie er auf den Ida kommt. Gespräche werden jetzt mit Vorliebe dargestellt, das Gespräch des Perseus mit der an den Felsen geschmiedeten Andro- meda, das Gespräch des Herakles und der Hesperiden, das Gespräch der Eris und Themis auf der Parisvase, Gespräche zwischen Paris und Helena, Gespräche der Wanderer mit den Trauernden am Grabe, Gespräche von Mädchen und Jünglingen; und wenn wir hören, daſs Parrhasios auf einem Bilde Meleager, Herakles und Perseus dargestellt habe 57), so kann dies doch schlechter- dings auch nur ein Gespräch gewesen sein, das Herakles im Hades mit seinem Ahnherrn und dem kalydonischen Helden führt, der ihm seine Schwester zum Weibe verspricht 58). Es konnte nicht fehlen, daſs diese Richtung der Kunst immer höhere Anforderungen an das Divinations-Vermögen des Beschauers stellte; den Inhalt des Gespräches auch nur anzudeuten ist dem bildenden Künstler auſser- ordentlich schwer, aus einer Situation läſst sich schwer der Zu- sammenhang erraten. Und die Kunst verlor immer mehr und mehr die Empfindung für das, was sie dem Beschauer zum Ver- ständnis bieten muſs, sie rechnete mit ihrer eigenen Vorstellung und setzte dieselbe ohne weiteres beim Beschauer voraus. In hohem Grade gilt dies von einer groſsen Anzahl pompejanischer Bilder, also doch wohl auch für deren hellenistische Originale. Die Kenntnis der alexandrinischen Gedichte bildet die Voraussetzung für ihr Verständnis, im Vertrauen auf diese Kenntnis hat der Maler auch im Allgemeinen die Vorgänge nur so wenig charak- terisiert, daſs uns die Deutung auſserordentlich erschwert, in vielen Fällen direkt unmöglich ist. Die Art wie Figuren fast ohne jede Beziehung neben einander gestellt sind, erinnert oft an die sacre conversazioni der italienischen Kunst. So sehen 56) S. Welcker Alte Denkmäler V. Taf. B. 57) Plin. 35, 69. 58) Schol. II. Φ 194. Ἡρακλῆς εἰς Ἅιδου κατελϑὼν ἐπὶ τὸν Κέρβερον συνέτυχε Μελεάγρῳ τῷ Οἰνέως, οὗ καὶ δεηϑέντος γῆμαι τὴν ὰδελφὴν Δηϊάνειραν ἐπανελϑὼν εἰς φῶς κτλ. … ἡ ἱστορία παρὰ Πινδάρῳ. Apollod. II 5, 12, 4 ὁπηνίκα εἶδον αὐτὸν (d. Herakles) αἱ ψυχαί, χωρὶς Μελεάγρου καὶ Μεδούσης τῆς Γοργόνος ἔφυγον.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/59>, abgerufen am 22.11.2024.