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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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Notwendigkeit -- auf Pylades gedeutet werden könnte. Fragen
wir also die Odyssee, die ja wesentlich auf demselben Sagen-
hintergrund steht, wie die Nosten. Hier muss nun auffallen, dass
stets nur die Rache an Aigisthos, nie der Muttermord des Orestes
erwähnt wird; so a 30. g 199. d 514, und endlich an dem
eigentlichen locus classicus g 304--312, einer Stelle, die mit den
Worten der Hypothesis bei Proklos in einer so augenfälligen
Weise übereinstimmt, dass der Verdacht sich unabweisbar regt,
der Verfasser der Hypothesis habe nicht die Nosten, sondern
diese Odysseestelle vor Augen gehabt9). Jedenfalls steht die
Sache so, dass wir entweder über die Sagenversion in den
Nosten absolut Nichts wissen können, oder dass sie dieselbe war,
wie die in diesen Odysseeversen skizzierte. Ich setze die wichtige
Stelle, das älteste erhaltene Zeugnis für unseren Mythos voll-
ständig her; es heisst von Aigisthos:

eptaetes d enasse polukhrusoio Mukenes
kteinas Atreiden, dedmeto de laos up auto,
to de oi ogdoato kakon eluthe dios Orestes
aps ap Athenaon, kata d ektane patrophonea.
[Aigisthon dolometin, os oi patera kluton ekta]10)
e toi o ton kteinas dainu taphon Argeioisin
metros te stugeres kai analkidos Aigisthoio;
autemar de oi elthe boen agathos Menelaos11).

Die beiden vorletzten Verse fehlten, wie die Scholien be-
merken, in einigen Ausgaben. Aristarchos bemerkt dazu, es sei
in ihnen angedeutet, dass Klytaimnestra zugleich mit Aigisthos
umkomme; ob aber auch sie von Orestes getötet werde, sei
unklar; auch die Ermordung der Eriphyle durch Alkmaion kenne
ja Homer nicht. Mir däucht, wenn die beiden Verse nicht eine

9) Vgl. den Excurs: Zu den Hypotheseis.
10) Diesen Vers athetiert Kirchhoff.
11) Von diesen Versen und zwar lediglich von diesen ausgehend und die
notwendigen Konsequenzen daraus ziehend ist Euripides zu der grossartigen
Erfindung seines Orestes gekommen.

Notwendigkeit — auf Pylades gedeutet werden könnte. Fragen
wir also die Odyssee, die ja wesentlich auf demselben Sagen-
hintergrund steht, wie die Nosten. Hier muſs nun auffallen, daſs
stets nur die Rache an Aigisthos, nie der Muttermord des Orestes
erwähnt wird; so α 30. γ 199. δ 514, und endlich an dem
eigentlichen locus classicus γ 304—312, einer Stelle, die mit den
Worten der Hypothesis bei Proklos in einer so augenfälligen
Weise übereinstimmt, daſs der Verdacht sich unabweisbar regt,
der Verfasser der Hypothesis habe nicht die Nosten, sondern
diese Odysseestelle vor Augen gehabt9). Jedenfalls steht die
Sache so, daſs wir entweder über die Sagenversion in den
Nosten absolut Nichts wissen können, oder daſs sie dieselbe war,
wie die in diesen Odysseeversen skizzierte. Ich setze die wichtige
Stelle, das älteste erhaltene Zeugnis für unseren Mythos voll-
ständig her; es heiſst von Aigisthos:

ἑπτάετες δ̕ ἤνασσε πολυχρύσοιο Μυκήνης
κτείνας Ἀτρεΐδην, δέδμητο δὲ λαὸς ὑπ̕ αὐτῷ,
τῷ δέ οἱ ὀγδοάτῳ κακὸν ἤλυϑε δῖος Ὀρέστης
ἂψ ἀπ̕ Ἀϑηνάων, κατὰ δ̕ ἔκτανε πατροφονῆα.
[Αἴγισϑον δολόμητιν, ὃς οἱ πατέρα κλυτὸν ἔκτα]10)
ἦ τοι ὁ τὸν κτείνας δαίνυ τάφον Ἀργεΐοισιν
μητρός τε στυγερῆς καὶ ἀνάλκιδος Αἰγίσϑοιο·
αὐτῆμαρ δέ οἱ ἦλϑε βοὴν ἀγαϑὸς Μενέλαος11).

Die beiden vorletzten Verse fehlten, wie die Scholien be-
merken, in einigen Ausgaben. Aristarchos bemerkt dazu, es sei
in ihnen angedeutet, daſs Klytaimnestra zugleich mit Aigisthos
umkomme; ob aber auch sie von Orestes getötet werde, sei
unklar; auch die Ermordung der Eriphyle durch Alkmaion kenne
ja Homer nicht. Mir däucht, wenn die beiden Verse nicht eine

9) Vgl. den Excurs: Zu den Hypotheseis.
10) Diesen Vers athetiert Kirchhoff.
11) Von diesen Versen und zwar lediglich von diesen ausgehend und die
notwendigen Konsequenzen daraus ziehend ist Euripides zu der groſsartigen
Erfindung seines Orestes gekommen.
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[162/0176] Notwendigkeit — auf Pylades gedeutet werden könnte. Fragen wir also die Odyssee, die ja wesentlich auf demselben Sagen- hintergrund steht, wie die Nosten. Hier muſs nun auffallen, daſs stets nur die Rache an Aigisthos, nie der Muttermord des Orestes erwähnt wird; so α 30. γ 199. δ 514, und endlich an dem eigentlichen locus classicus γ 304—312, einer Stelle, die mit den Worten der Hypothesis bei Proklos in einer so augenfälligen Weise übereinstimmt, daſs der Verdacht sich unabweisbar regt, der Verfasser der Hypothesis habe nicht die Nosten, sondern diese Odysseestelle vor Augen gehabt 9). Jedenfalls steht die Sache so, daſs wir entweder über die Sagenversion in den Nosten absolut Nichts wissen können, oder daſs sie dieselbe war, wie die in diesen Odysseeversen skizzierte. Ich setze die wichtige Stelle, das älteste erhaltene Zeugnis für unseren Mythos voll- ständig her; es heiſst von Aigisthos: ἑπτάετες δ̕ ἤνασσε πολυχρύσοιο Μυκήνης κτείνας Ἀτρεΐδην, δέδμητο δὲ λαὸς ὑπ̕ αὐτῷ, τῷ δέ οἱ ὀγδοάτῳ κακὸν ἤλυϑε δῖος Ὀρέστης ἂψ ἀπ̕ Ἀϑηνάων, κατὰ δ̕ ἔκτανε πατροφονῆα. [Αἴγισϑον δολόμητιν, ὃς οἱ πατέρα κλυτὸν ἔκτα] 10) ἦ τοι ὁ τὸν κτείνας δαίνυ τάφον Ἀργεΐοισιν μητρός τε στυγερῆς καὶ ἀνάλκιδος Αἰγίσϑοιο· αὐτῆμαρ δέ οἱ ἦλϑε βοὴν ἀγαϑὸς Μενέλαος 11). Die beiden vorletzten Verse fehlten, wie die Scholien be- merken, in einigen Ausgaben. Aristarchos bemerkt dazu, es sei in ihnen angedeutet, daſs Klytaimnestra zugleich mit Aigisthos umkomme; ob aber auch sie von Orestes getötet werde, sei unklar; auch die Ermordung der Eriphyle durch Alkmaion kenne ja Homer nicht. Mir däucht, wenn die beiden Verse nicht eine 9) Vgl. den Excurs: Zu den Hypotheseis. 10) Diesen Vers athetiert Kirchhoff. 11) Von diesen Versen und zwar lediglich von diesen ausgehend und die notwendigen Konsequenzen daraus ziehend ist Euripides zu der groſsartigen Erfindung seines Orestes gekommen.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/176>, abgerufen am 27.11.2024.