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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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Situation, dem verhüllt und schweigend dasitzenden Achilleus
habe beginnen lassen! Soll sich der Schmerz um den selbst-
verschuldeten Verlust 1) des Freundes genau in derselben Weise
äussern, wie der Zorn über die entführte Briseis? Ich dächte,
wenn irgendwo, so wäre hier eine Steigerung nötig gewesen.
Der Achilleus des ersten Teiles der Ilias zürnt und schilt um
Briseis, das ist menschlich richtig; Niobe nach dem Verlust
ihrer Kinder, Achilleus bei Patroklos' Tod versinken in ein
dumpfes Hinbrüten, in dem sie der Aussenwelt vergessen; und
diesen höchsten Trumpf sollte Aischylos schon gleich beim ersten
Stück der Trilogie ausgespielt haben? Diese und ähnliche Er-
wägungen haben G. Hermann, Nauck u. A. dahin geführt die
Worte ton en Murmidosin für ein thörichtes und ganz unglaub-
würdiges Einschiebsel zu erklären, dem ebenso wenig Glauben
beizumessen ist, als der Versicherung der Scholien zu V. 1400,
dass der notorisch euripideische Vers beblek Akhilleus ktl. aus
denselben Myrmidonen des Aischylos sei.

Anders urteilt Brunn. Schon in den Ann. d. Inst. 1858 p. 366
hält er nicht nur an der Nachricht, dass auch im Anfang der
Myrmidonen Achilleus verhüllt auf der Bühne gesessen habe, fest,
er schliesst aus den bildlichen Darstellungen sogar, dass auch im
mittleren Stück der Trilogie, den Nereiden Achilleus genau so
dagesessen habe, so dass also alle drei Stücke genau mit demselben
Bühnenbilde begonnen haben würden; und auf derselben Voraus-
setzung kann es doch auch nur beruhen, wenn Brunn neuerdings
wieder im dritten Heft seiner Troischen Miscellen S. 179 mit
Entschiedenheit erklärt, dass "die Darstellungen der Wegführung
der Briseis, der Gesandtschaft an Achill, weiter die Darstellungen
der Waffenübergabe an Achill, sowie der Lösung des Hektor, in
denen die typische Gestalt des erzürnt (?) dasitzenden Achilleus
konstant wiederkehrt, in bestimmter Weise auf Aischylos als
Quelle hinweisen".


1) Dass Aischylos die Sache so darstellte, beweist bekanntlich das schöne
Fragment 135, namentlich die Schlussworte tad oukh up allon alla tois
auton pterois aliskomestha.
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Situation, dem verhüllt und schweigend dasitzenden Achilleus
habe beginnen lassen! Soll sich der Schmerz um den selbst-
verschuldeten Verlust 1) des Freundes genau in derselben Weise
äuſsern, wie der Zorn über die entführte Briseis? Ich dächte,
wenn irgendwo, so wäre hier eine Steigerung nötig gewesen.
Der Achilleus des ersten Teiles der Ilias zürnt und schilt um
Briseis, das ist menschlich richtig; Niobe nach dem Verlust
ihrer Kinder, Achilleus bei Patroklos’ Tod versinken in ein
dumpfes Hinbrüten, in dem sie der Auſsenwelt vergessen; und
diesen höchsten Trumpf sollte Aischylos schon gleich beim ersten
Stück der Trilogie ausgespielt haben? Diese und ähnliche Er-
wägungen haben G. Hermann, Nauck u. A. dahin geführt die
Worte τὸν ἐν Μυρμιδόσιν für ein thörichtes und ganz unglaub-
würdiges Einschiebsel zu erklären, dem ebenso wenig Glauben
beizumessen ist, als der Versicherung der Scholien zu V. 1400,
daſs der notorisch euripideische Vers βέβληκ̕ Ἀχιλλεὺς κτλ. aus
denselben Myrmidonen des Aischylos sei.

Anders urteilt Brunn. Schon in den Ann. d. Inst. 1858 p. 366
hält er nicht nur an der Nachricht, daſs auch im Anfang der
Myrmidonen Achilleus verhüllt auf der Bühne gesessen habe, fest,
er schlieſst aus den bildlichen Darstellungen sogar, daſs auch im
mittleren Stück der Trilogie, den Nereiden Achilleus genau so
dagesessen habe, so daſs also alle drei Stücke genau mit demselben
Bühnenbilde begonnen haben würden; und auf derselben Voraus-
setzung kann es doch auch nur beruhen, wenn Brunn neuerdings
wieder im dritten Heft seiner Troischen Miscellen S. 179 mit
Entschiedenheit erklärt, daſs „die Darstellungen der Wegführung
der Briseis, der Gesandtschaft an Achill, weiter die Darstellungen
der Waffenübergabe an Achill, sowie der Lösung des Hektor, in
denen die typische Gestalt des erzürnt (?) dasitzenden Achilleus
konstant wiederkehrt, in bestimmter Weise auf Aischylos als
Quelle hinweisen“.


1) Daſs Aischylos die Sache so darstellte, beweist bekanntlich das schöne
Fragment 135, namentlich die Schluſsworte τάδ̕ οὐχ ὑπ̕ ἄλλων ἀλλὰ τοῖς
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[131/0145] Situation, dem verhüllt und schweigend dasitzenden Achilleus habe beginnen lassen! Soll sich der Schmerz um den selbst- verschuldeten Verlust 1) des Freundes genau in derselben Weise äuſsern, wie der Zorn über die entführte Briseis? Ich dächte, wenn irgendwo, so wäre hier eine Steigerung nötig gewesen. Der Achilleus des ersten Teiles der Ilias zürnt und schilt um Briseis, das ist menschlich richtig; Niobe nach dem Verlust ihrer Kinder, Achilleus bei Patroklos’ Tod versinken in ein dumpfes Hinbrüten, in dem sie der Auſsenwelt vergessen; und diesen höchsten Trumpf sollte Aischylos schon gleich beim ersten Stück der Trilogie ausgespielt haben? Diese und ähnliche Er- wägungen haben G. Hermann, Nauck u. A. dahin geführt die Worte τὸν ἐν Μυρμιδόσιν für ein thörichtes und ganz unglaub- würdiges Einschiebsel zu erklären, dem ebenso wenig Glauben beizumessen ist, als der Versicherung der Scholien zu V. 1400, daſs der notorisch euripideische Vers βέβληκ̕ Ἀχιλλεὺς κτλ. aus denselben Myrmidonen des Aischylos sei. Anders urteilt Brunn. Schon in den Ann. d. Inst. 1858 p. 366 hält er nicht nur an der Nachricht, daſs auch im Anfang der Myrmidonen Achilleus verhüllt auf der Bühne gesessen habe, fest, er schlieſst aus den bildlichen Darstellungen sogar, daſs auch im mittleren Stück der Trilogie, den Nereiden Achilleus genau so dagesessen habe, so daſs also alle drei Stücke genau mit demselben Bühnenbilde begonnen haben würden; und auf derselben Voraus- setzung kann es doch auch nur beruhen, wenn Brunn neuerdings wieder im dritten Heft seiner Troischen Miscellen S. 179 mit Entschiedenheit erklärt, daſs „die Darstellungen der Wegführung der Briseis, der Gesandtschaft an Achill, weiter die Darstellungen der Waffenübergabe an Achill, sowie der Lösung des Hektor, in denen die typische Gestalt des erzürnt (?) dasitzenden Achilleus konstant wiederkehrt, in bestimmter Weise auf Aischylos als Quelle hinweisen“. 1) Daſs Aischylos die Sache so darstellte, beweist bekanntlich das schöne Fragment 135, namentlich die Schluſsworte τάδ̕ οὐχ ὑπ̕ ἄλλων ἀλλὰ τοῖς αὑτῶν πτεροῖς ἁλισκόμεσϑα. 9*

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/145>, abgerufen am 24.11.2024.