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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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troischen Sagenkreise ganz unabhängige Gestalt mit seiner
eigentümlichen Genealogie und seinem eigenen Mythenkreise da.
Es ist evident, dass Sarpedon der ältesten Sage vom troischen
Krieg, d. h. der äolisch-lesbischen Form derselben, fremd ge-
wesen ist; erst die Ionier51), vielleicht speziell die Milesier, haben

sinniger Entdeckung einige Verse aus dem Prolog dieses Stückes enthält
hat in der jüngsten Zeit vielfache Besprechungen dieser Tragödie hervor-
gerufen (vgl. H. Weil Un papyros inedit de la bibliotheque de M. Ambroise
Firmin-Didot
in den Monuments grecs publies par l'Association pour l'encourage-
ment des etudes grecques en France
). Wenn man, wie Blass (Rh. Mus. XXXV
S. 85) mit Weils Zustimmung (Revue de philologie IV 145) thut, Vers 19
Troon liest, was dem überlieferten Troan allerdings am nächsten steht, dann
muss der Inhalt des Stückes, wie Blass auch annimmt, die Sorge Europas um
ihren vor Troia kämpfenden Sohn und ihre Klage um seinen Tod gewesen sein,
dann ist es allerdings, wie derselbe Gelehrte annimmt, auch in hohem Grade
wahrscheinlich, dass in diesem Stück Thanatos und Hypnos mit der Leiche
des Sarpedon auf der Bühne erschienen, und dann würden wir Brunns Aus-
führungen gegenüber uns einfach begnügen können, ihn auf dieses Stück zu
verweisen; denn da nach seiner Anschauung die Vasenmaler in der Auswahl
der Stoffe ähnlich verfahren wie die Tragiker, da er sogar meint, dass die
bekannte Stelle der aristotelischen Poetik über das numerische Verhältnis
der aus der Ilias und aus den "kyklischen" Epen geflossenen Dramen "auch
für die Archäologie ihre tiefe Bedeutung habe", so würde die Thatsache,
dass die Sarpedonsage dramatisch behandelt worden wäre, und nun obendrein
von Aischylos, hinreichen, seine ganze Darlegung hinfällig zu machen.
Dennoch habe ich im Texte dieses Argument deshalb nicht gebraucht, weil
die Meinung von Blass doch immer nur eine Hypothese, freilich die zunächst
liegende und wahrscheinlichste ist, und weil mir die Einwände von Bücheler
(Rh. Mus. XXXV S. 94) und Bergk (ebenda S. 248) -- mit Ausnahme des
chronologischen, über den ich urteile, wie Weil -- doch immer der Erwägung
wert erscheinen. Handelt es sich aber, wie Blass und Bücheler meinen, nicht
um den troischen Krieg, so wird man eben an die oben genannten Kriegs-
züge des Sarpedon gegen Lykien denken, das dem Kilix gehört und von
fremden Scharen (Tlepolemos und seinen Rhodier?) bedroht wird; dann ist
aber auch unbedenklich mit Bergk Tloon zu schreiben.
51) Auf sprachlichem Gebiet hat die Sonderung des Äolischen und des
Ionischen in den homerischen Gedichten nach Kirchhoffs Vorgang in muster-
gültiger Weise Hinrichs (de homericae elocutionis vestigiis aeolicis, dissertat. in-
aug.
Berlin 1875) vorgenommen; auf sagengeschichtlichem Gebiete ist die
Scheidung noch vorzunehmen, eine ebenso dringend gebotene wie dankbare
Aufgabe. Auch hier hat Kirchhoff die Wege gewiesen.

troischen Sagenkreise ganz unabhängige Gestalt mit seiner
eigentümlichen Genealogie und seinem eigenen Mythenkreise da.
Es ist evident, daſs Sarpedon der ältesten Sage vom troischen
Krieg, d. h. der äolisch-lesbischen Form derselben, fremd ge-
wesen ist; erst die Ionier51), vielleicht speziell die Milesier, haben

sinniger Entdeckung einige Verse aus dem Prolog dieses Stückes enthält
hat in der jüngsten Zeit vielfache Besprechungen dieser Tragödie hervor-
gerufen (vgl. H. Weil Un papyros inédit de la bibliothèque de M. Ambroise
Firmin-Didot
in den Monuments grecs publiés par l’Association pour l’encourage-
ment des études grecques en France
). Wenn man, wie Blaſs (Rh. Mus. XXXV
S. 85) mit Weils Zustimmung (Revue de philologie IV 145) thut, Vers 19
Τρώων liest, was dem überlieferten Τρώαν allerdings am nächsten steht, dann
muſs der Inhalt des Stückes, wie Blaſs auch annimmt, die Sorge Europas um
ihren vor Troia kämpfenden Sohn und ihre Klage um seinen Tod gewesen sein,
dann ist es allerdings, wie derselbe Gelehrte annimmt, auch in hohem Grade
wahrscheinlich, daſs in diesem Stück Thanatos und Hypnos mit der Leiche
des Sarpedon auf der Bühne erschienen, und dann würden wir Brunns Aus-
führungen gegenüber uns einfach begnügen können, ihn auf dieses Stück zu
verweisen; denn da nach seiner Anschauung die Vasenmaler in der Auswahl
der Stoffe ähnlich verfahren wie die Tragiker, da er sogar meint, daſs die
bekannte Stelle der aristotelischen Poetik über das numerische Verhältnis
der aus der Ilias und aus den „kyklischen“ Epen geflossenen Dramen „auch
für die Archäologie ihre tiefe Bedeutung habe“, so würde die Thatsache,
daſs die Sarpedonsage dramatisch behandelt worden wäre, und nun obendrein
von Aischylos, hinreichen, seine ganze Darlegung hinfällig zu machen.
Dennoch habe ich im Texte dieses Argument deshalb nicht gebraucht, weil
die Meinung von Blaſs doch immer nur eine Hypothese, freilich die zunächst
liegende und wahrscheinlichste ist, und weil mir die Einwände von Bücheler
(Rh. Mus. XXXV S. 94) und Bergk (ebenda S. 248) — mit Ausnahme des
chronologischen, über den ich urteile, wie Weil — doch immer der Erwägung
wert erscheinen. Handelt es sich aber, wie Blaſs und Bücheler meinen, nicht
um den troischen Krieg, so wird man eben an die oben genannten Kriegs-
züge des Sarpedon gegen Lykien denken, das dem Kilix gehört und von
fremden Scharen (Tlepolemos und seinen Rhodier?) bedroht wird; dann ist
aber auch unbedenklich mit Bergk Τλώων zu schreiben.
51) Auf sprachlichem Gebiet hat die Sonderung des Äolischen und des
Ionischen in den homerischen Gedichten nach Kirchhoffs Vorgang in muster-
gültiger Weise Hinrichs (de homericae elocutionis vestigiis aeolicis, dissertat. in-
aug.
Berlin 1875) vorgenommen; auf sagengeschichtlichem Gebiete ist die
Scheidung noch vorzunehmen, eine ebenso dringend gebotene wie dankbare
Aufgabe. Auch hier hat Kirchhoff die Wege gewiesen.
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[117/0131] troischen Sagenkreise ganz unabhängige Gestalt mit seiner eigentümlichen Genealogie und seinem eigenen Mythenkreise da. Es ist evident, daſs Sarpedon der ältesten Sage vom troischen Krieg, d. h. der äolisch-lesbischen Form derselben, fremd ge- wesen ist; erst die Ionier 51), vielleicht speziell die Milesier, haben 50) 51) Auf sprachlichem Gebiet hat die Sonderung des Äolischen und des Ionischen in den homerischen Gedichten nach Kirchhoffs Vorgang in muster- gültiger Weise Hinrichs (de homericae elocutionis vestigiis aeolicis, dissertat. in- aug. Berlin 1875) vorgenommen; auf sagengeschichtlichem Gebiete ist die Scheidung noch vorzunehmen, eine ebenso dringend gebotene wie dankbare Aufgabe. Auch hier hat Kirchhoff die Wege gewiesen. 50) sinniger Entdeckung einige Verse aus dem Prolog dieses Stückes enthält hat in der jüngsten Zeit vielfache Besprechungen dieser Tragödie hervor- gerufen (vgl. H. Weil Un papyros inédit de la bibliothèque de M. Ambroise Firmin-Didot in den Monuments grecs publiés par l’Association pour l’encourage- ment des études grecques en France). Wenn man, wie Blaſs (Rh. Mus. XXXV S. 85) mit Weils Zustimmung (Revue de philologie IV 145) thut, Vers 19 Τρώων liest, was dem überlieferten Τρώαν allerdings am nächsten steht, dann muſs der Inhalt des Stückes, wie Blaſs auch annimmt, die Sorge Europas um ihren vor Troia kämpfenden Sohn und ihre Klage um seinen Tod gewesen sein, dann ist es allerdings, wie derselbe Gelehrte annimmt, auch in hohem Grade wahrscheinlich, daſs in diesem Stück Thanatos und Hypnos mit der Leiche des Sarpedon auf der Bühne erschienen, und dann würden wir Brunns Aus- führungen gegenüber uns einfach begnügen können, ihn auf dieses Stück zu verweisen; denn da nach seiner Anschauung die Vasenmaler in der Auswahl der Stoffe ähnlich verfahren wie die Tragiker, da er sogar meint, daſs die bekannte Stelle der aristotelischen Poetik über das numerische Verhältnis der aus der Ilias und aus den „kyklischen“ Epen geflossenen Dramen „auch für die Archäologie ihre tiefe Bedeutung habe“, so würde die Thatsache, daſs die Sarpedonsage dramatisch behandelt worden wäre, und nun obendrein von Aischylos, hinreichen, seine ganze Darlegung hinfällig zu machen. Dennoch habe ich im Texte dieses Argument deshalb nicht gebraucht, weil die Meinung von Blaſs doch immer nur eine Hypothese, freilich die zunächst liegende und wahrscheinlichste ist, und weil mir die Einwände von Bücheler (Rh. Mus. XXXV S. 94) und Bergk (ebenda S. 248) — mit Ausnahme des chronologischen, über den ich urteile, wie Weil — doch immer der Erwägung wert erscheinen. Handelt es sich aber, wie Blaſs und Bücheler meinen, nicht um den troischen Krieg, so wird man eben an die oben genannten Kriegs- züge des Sarpedon gegen Lykien denken, das dem Kilix gehört und von fremden Scharen (Tlepolemos und seinen Rhodier?) bedroht wird; dann ist aber auch unbedenklich mit Bergk Τλώων zu schreiben.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/131>, abgerufen am 24.11.2024.