Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.das fünfzehnte Lachmannsche Lied ist ohne diese Gestalt schwer autika gar toi epeita meth Ektora potmos etoimos hatte keine Ahnung, dass erst noch ein weiterer "an Geburt 46) Anknüpfend an die Bemerkung von Lachmann, dass die Verse
P 432--458, 666--683 das Werk eines Nachdichters seien, hatte ich Thanatos S. 5 gesagt, es sei möglich, dass in diesem später hinzugefügten Zug eine Nachahmung des Memnonliedes vorliege; niemals ist es mir eingefallen, die Sarpedonepisode für jünger zu erklären als das Memnonlied. Ich verstehe deshalb nicht, wie Brunn S. 190 von einer "plötzlichen Wendung" und von einer "Einschränkung der Koncession auf die Rettung der Leiche des Mem- non" sprechen kann, da überhaupt nur von dieser die Rede war. Wie aus den weiter unten im Text angestellten Erörterungen ersichtlich, bin ich in- dessen jetzt von dieser Anschauung zurückgekommen und muss die von Lach- mann athetierten Verse für ächt und alt halten. In Folge dessen glaube ich jetzt auch, dass die Entführung des Memnon durch Eos der Ilias nach- gebildet ist. das fünfzehnte Lachmannsche Lied ist ohne diese Gestalt schwer αὐτίκα γάρ τοι ἔπειτα μεϑ̕ Ἕκτορα πότμος ἑτοῖμος hatte keine Ahnung, daſs erst noch ein weiterer „an Geburt 46) Anknüpfend an die Bemerkung von Lachmann, daſs die Verse
Π 432—458, 666—683 das Werk eines Nachdichters seien, hatte ich Thanatos S. 5 gesagt, es sei möglich, daſs in diesem später hinzugefügten Zug eine Nachahmung des Memnonliedes vorliege; niemals ist es mir eingefallen, die Sarpedonepisode für jünger zu erklären als das Memnonlied. Ich verstehe deshalb nicht, wie Brunn S. 190 von einer „plötzlichen Wendung“ und von einer „Einschränkung der Koncession auf die Rettung der Leiche des Mem- non“ sprechen kann, da überhaupt nur von dieser die Rede war. Wie aus den weiter unten im Text angestellten Erörterungen ersichtlich, bin ich in- dessen jetzt von dieser Anschauung zurückgekommen und muſs die von Lach- mann athetierten Verse für ächt und alt halten. In Folge dessen glaube ich jetzt auch, daſs die Entführung des Memnon durch Eos der Ilias nach- gebildet ist. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0128" n="114"/> das fünfzehnte Lachmannsche Lied ist ohne diese Gestalt schwer<lb/> denkbar; wie will man aber gar ohne sie fertig werden, wenn<lb/> man in der Ilias ein einheitliches Gedicht oder, wie Brunn zu<lb/> thun scheint, eine auf gemeinsamer poetischer Grundidee auf-<lb/> gebaute Reihe von Liedern sieht? Das Auftreten Memnon’s ist<lb/> hingegen in ganz eigentlichem Sinne eine Episode; denn sie ist<lb/> der älteren Sage und der älteren epischen Poesie bekanntlich<lb/> völlig fremd; der Dichter, der Thetis sagen läſst Σ 96</p><lb/> <lg type="poem"> <l>αὐτίκα γάρ τοι ἔπειτα μεϑ̕ Ἕκτορα πότμος ἑτοῖμος</l> </lg><lb/> <p>hatte keine Ahnung, daſs erst noch ein weiterer „an Geburt<lb/> Rang und Tapferkeit dem Achill durchaus ebenbürtiger Gegner<lb/> auftreten müsse, um jenen vor seinem Ende noch einmal im<lb/> vollen Glanze seines Heldentums zu zeigen.“ Als die Mem-<lb/> nonsage poetisch gestaltet wurde, müssen die von Patroklos<lb/> und Hektors Tod handelnden Lieder der Ilias wesentlich schon in<lb/> der Form abgeschlossen vorgelegen haben, in der wir sie lesen.<lb/> Denn für jeden einzelnen Zug der Memnonepisode bis zur Psy-<lb/> chostasie hinab findet sich bekanntlich in jenem Abschnitt der<lb/> Ilias das Prototyp; der Verfasser des Memnonliedes trägt nur, da<lb/> er in der Weise der Nachdichter sein Vorbild noch überbieten will,<lb/> die Farben stärker auf.<note place="foot" n="46)">Anknüpfend an die Bemerkung von Lachmann, daſs die Verse<lb/> Π 432—458, 666—683 das Werk eines Nachdichters seien, hatte ich Thanatos<lb/> S. 5 gesagt, es sei möglich, daſs in diesem später hinzugefügten Zug eine<lb/> Nachahmung des Memnonliedes vorliege; niemals ist es mir eingefallen, die<lb/> Sarpedonepisode für jünger zu erklären als das Memnonlied. Ich verstehe<lb/> deshalb nicht, wie Brunn S. 190 von einer „plötzlichen Wendung“ und von<lb/> einer „Einschränkung der Koncession auf die Rettung der Leiche des Mem-<lb/> non“ sprechen kann, da überhaupt <hi rendition="#g">nur</hi> von dieser die Rede war. Wie aus<lb/> den weiter unten im Text angestellten Erörterungen ersichtlich, bin ich in-<lb/> dessen jetzt von dieser Anschauung zurückgekommen und muſs die von Lach-<lb/> mann athetierten Verse für ächt und alt halten. In Folge dessen glaube ich<lb/> jetzt auch, daſs die Entführung des Memnon durch Eos der Ilias nach-<lb/> gebildet ist.</note> Das Alles ist so oft beobachtet und<lb/> ausgesprochen, daſs man einen Nachweis im Einzelnen an dieser<lb/> Stelle nicht erwarten wird. Daſs aber auch in der späteren Periode<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [114/0128]
das fünfzehnte Lachmannsche Lied ist ohne diese Gestalt schwer
denkbar; wie will man aber gar ohne sie fertig werden, wenn
man in der Ilias ein einheitliches Gedicht oder, wie Brunn zu
thun scheint, eine auf gemeinsamer poetischer Grundidee auf-
gebaute Reihe von Liedern sieht? Das Auftreten Memnon’s ist
hingegen in ganz eigentlichem Sinne eine Episode; denn sie ist
der älteren Sage und der älteren epischen Poesie bekanntlich
völlig fremd; der Dichter, der Thetis sagen läſst Σ 96
αὐτίκα γάρ τοι ἔπειτα μεϑ̕ Ἕκτορα πότμος ἑτοῖμος
hatte keine Ahnung, daſs erst noch ein weiterer „an Geburt
Rang und Tapferkeit dem Achill durchaus ebenbürtiger Gegner
auftreten müsse, um jenen vor seinem Ende noch einmal im
vollen Glanze seines Heldentums zu zeigen.“ Als die Mem-
nonsage poetisch gestaltet wurde, müssen die von Patroklos
und Hektors Tod handelnden Lieder der Ilias wesentlich schon in
der Form abgeschlossen vorgelegen haben, in der wir sie lesen.
Denn für jeden einzelnen Zug der Memnonepisode bis zur Psy-
chostasie hinab findet sich bekanntlich in jenem Abschnitt der
Ilias das Prototyp; der Verfasser des Memnonliedes trägt nur, da
er in der Weise der Nachdichter sein Vorbild noch überbieten will,
die Farben stärker auf. 46) Das Alles ist so oft beobachtet und
ausgesprochen, daſs man einen Nachweis im Einzelnen an dieser
Stelle nicht erwarten wird. Daſs aber auch in der späteren Periode
46) Anknüpfend an die Bemerkung von Lachmann, daſs die Verse
Π 432—458, 666—683 das Werk eines Nachdichters seien, hatte ich Thanatos
S. 5 gesagt, es sei möglich, daſs in diesem später hinzugefügten Zug eine
Nachahmung des Memnonliedes vorliege; niemals ist es mir eingefallen, die
Sarpedonepisode für jünger zu erklären als das Memnonlied. Ich verstehe
deshalb nicht, wie Brunn S. 190 von einer „plötzlichen Wendung“ und von
einer „Einschränkung der Koncession auf die Rettung der Leiche des Mem-
non“ sprechen kann, da überhaupt nur von dieser die Rede war. Wie aus
den weiter unten im Text angestellten Erörterungen ersichtlich, bin ich in-
dessen jetzt von dieser Anschauung zurückgekommen und muſs die von Lach-
mann athetierten Verse für ächt und alt halten. In Folge dessen glaube ich
jetzt auch, daſs die Entführung des Memnon durch Eos der Ilias nach-
gebildet ist.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |