Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rist, Johann: Das Friede Wünschende Teütschland. [s. l.], 1647.

Bild:
<< vorherige Seite

Nohtwendiger Vorbericht
einem Augenblikke/ Ja er stellete sich als hätte
er weder Lesen noch Schreiben gelernet/ und
solte Einer nicht gern von Geistlichen Sa-
chen/ geschweige denn von Künsten oder Wis-
senschafften/ (welche Jhm bei sothaner Ge-
sellschafft lauter Blakscheisserei hiessen) etwas
vorzubringen sich haben gelüsten lassen/ er
würde übel mit Jhme seyn ankommen. Die-
ser vornehmer Edelmann ward hernach bei
voller weise jämmerlich erschossen.

Noch auff diesen heutigen Tag kenne Jch
einen Rittmeister/ (und vielleicht etliche mehr/
welche eben dieses Sinnes/) der so wol auff
hohen als niedrigen Schulen seine Lateinische
Sprache dermahssen fertig ergriffen/ daß/
wenn er vor etlichen Jahren dieselbe redete/
man Jhme mit Lust muste zuhören/ nunmehr
aber schämet er sich derselben so sehr/ daß er
auch dem jenigen/ der Jhn/ daß er ehemahlen
ein Studente gewesen/ auch nur im Schertz
würde erinneren/ bald von seinem Degen und
einem pahr Pistolen etwas sagen würde: So
gahr ist bei vielen die Edle Wissenschafft ver-
schmähet und verachtet/ gestalt solches mit
mehr anderen Exemplen (wenn nicht die weit-
läufftigkeit es hinderte) überflüssig könte er-

wiesen

Nohtwendiger Vorbericht
einem Augenblikke/ Ja er ſtellete ſich als haͤtte
er weder Leſen noch Schreiben gelernet/ und
ſolte Einer nicht gern von Geiſtlichen Sa-
chen/ geſchweige denn von Kuͤnſten oder Wiſ-
ſenſchafften/ (welche Jhm bei ſothaner Ge-
ſellſchafft lauter Blakſcheiſſerei hieſſen) etwas
vorzubringen ſich haben geluͤſten laſſen/ er
wuͤrde uͤbel mit Jhme ſeyn ankommen. Die-
ſer vornehmer Edelmann ward hernach bei
voller weiſe jaͤmmerlich erſchoſſen.

Noch auff dieſen heutigen Tag kenne Jch
einen Rittmeiſter/ (und vielleicht etliche mehr/
welche eben dieſes Sinnes/) der ſo wol auff
hohen als niedrigen Schulen ſeine Lateiniſche
Sprache dermahſſen fertig ergriffen/ daß/
wenn er vor etlichen Jahren dieſelbe redete/
man Jhme mit Luſt muſte zuhoͤren/ nunmehr
aber ſchaͤmet er ſich derſelben ſo ſehr/ daß er
auch dem jenigen/ der Jhn/ daß er ehemahlen
ein Studente geweſen/ auch nur im Schertz
wuͤrde erinneren/ bald von ſeinem Degen und
einem pahr Piſtolen etwas ſagen wuͤrde: So
gahr iſt bei vielen die Edle Wiſſenſchafft ver-
ſchmaͤhet und verachtet/ geſtalt ſolches mit
mehr anderen Exemplen (weñ nicht die weit-
laͤufftigkeit es hinderte) uͤberfluͤſſig koͤnte er-

wieſen
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0036"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Nohtwendiger Vorbericht</hi></fw><lb/>
einem Augenblikke/ Ja <hi rendition="#k">e</hi>r &#x017F;tellete &#x017F;ich als ha&#x0364;tte<lb/><hi rendition="#k">e</hi>r weder Le&#x017F;en noch Schreiben gelernet/ und<lb/>
&#x017F;olte Einer nicht gern von Gei&#x017F;tlichen Sa-<lb/>
chen/ ge&#x017F;chweige denn von Ku&#x0364;n&#x017F;ten oder Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chafften/ (welche Jhm bei &#x017F;othaner Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafft lauter Blak&#x017F;chei&#x017F;&#x017F;erei hie&#x017F;&#x017F;en) etwas<lb/>
vorzubringen &#x017F;ich haben gelu&#x0364;&#x017F;ten la&#x017F;&#x017F;en/ <hi rendition="#k">e</hi>r<lb/>
wu&#x0364;rde u&#x0364;bel mit Jhme &#x017F;eyn ankommen. Die-<lb/>
&#x017F;er vornehmer Edelmann ward hernach bei<lb/>
voller wei&#x017F;e ja&#x0364;mmerlich er&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Noch auff die&#x017F;en heutigen Tag kenne Jch<lb/>
einen Rittmei&#x017F;ter/ (und vielleicht etliche mehr/<lb/>
welche eben die&#x017F;es Sinnes/) der &#x017F;o wol auff<lb/>
hohen als niedrigen Schulen &#x017F;eine Lateini&#x017F;che<lb/>
Sprache dermah&#x017F;&#x017F;en fertig ergriffen/ daß/<lb/>
wenn <hi rendition="#k">e</hi>r vor etlichen Jahren die&#x017F;elbe redete/<lb/>
man Jhme mit Lu&#x017F;t mu&#x017F;te zuho&#x0364;ren/ nunmehr<lb/>
aber &#x017F;cha&#x0364;met <hi rendition="#k">e</hi>r &#x017F;ich der&#x017F;elben &#x017F;o &#x017F;ehr/ daß <hi rendition="#k">e</hi>r<lb/>
auch dem jenigen/ der Jhn/ daß <hi rendition="#k">e</hi>r ehemahlen<lb/>
ein Studente gewe&#x017F;en/ auch nur im Schertz<lb/>
wu&#x0364;rde erinneren/ bald von &#x017F;einem Degen und<lb/>
einem pahr Pi&#x017F;tolen etwas &#x017F;agen wu&#x0364;rde: So<lb/>
gahr i&#x017F;t bei vielen die Edle Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft ver-<lb/>
&#x017F;chma&#x0364;het und verachtet/ ge&#x017F;talt &#x017F;olches mit<lb/>
mehr anderen Exemplen (wen&#x0303; nicht die weit-<lb/>
la&#x0364;ufftigkeit es hinderte) u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig ko&#x0364;nte er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0036] Nohtwendiger Vorbericht einem Augenblikke/ Ja er ſtellete ſich als haͤtte er weder Leſen noch Schreiben gelernet/ und ſolte Einer nicht gern von Geiſtlichen Sa- chen/ geſchweige denn von Kuͤnſten oder Wiſ- ſenſchafften/ (welche Jhm bei ſothaner Ge- ſellſchafft lauter Blakſcheiſſerei hieſſen) etwas vorzubringen ſich haben geluͤſten laſſen/ er wuͤrde uͤbel mit Jhme ſeyn ankommen. Die- ſer vornehmer Edelmann ward hernach bei voller weiſe jaͤmmerlich erſchoſſen. Noch auff dieſen heutigen Tag kenne Jch einen Rittmeiſter/ (und vielleicht etliche mehr/ welche eben dieſes Sinnes/) der ſo wol auff hohen als niedrigen Schulen ſeine Lateiniſche Sprache dermahſſen fertig ergriffen/ daß/ wenn er vor etlichen Jahren dieſelbe redete/ man Jhme mit Luſt muſte zuhoͤren/ nunmehr aber ſchaͤmet er ſich derſelben ſo ſehr/ daß er auch dem jenigen/ der Jhn/ daß er ehemahlen ein Studente geweſen/ auch nur im Schertz wuͤrde erinneren/ bald von ſeinem Degen und einem pahr Piſtolen etwas ſagen wuͤrde: So gahr iſt bei vielen die Edle Wiſſenſchafft ver- ſchmaͤhet und verachtet/ geſtalt ſolches mit mehr anderen Exemplen (weñ nicht die weit- laͤufftigkeit es hinderte) uͤberfluͤſſig koͤnte er- wieſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rist_teuetschland_1647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rist_teuetschland_1647/36
Zitationshilfe: Rist, Johann: Das Friede Wünschende Teütschland. [s. l.], 1647, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rist_teuetschland_1647/36>, abgerufen am 09.11.2024.