Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.2. Frühsaracenische Rankenornamentik. stehenden an einschlägigen pompejanischen Denkmälern kennen gelernthaben, ist durchweg entweder in bemaltem Stuck, oder in Wand- malerei, oder in Stiftmosaik ausgeführt, in keinem einzigen Falle mittels grösserer Platten. Dagegen hat man in Ländern, in denen der ge- brannte Thon die Stelle des -- fehlenden -- Steins vertreten musste, schon sehr frühzeitig bemalte Fliesen gebraucht, wie in Chaldäa und hienach in Assyrien. Aber diese emaillirten quadratischen Fliesen aus dem alten Mesopotamien zeigen keineswegs Ornamente nach un- endlichem Rapport zusammengestellt, sondern Darstellungen gegen- ständlichen Inhalts wie diejenigen aus Khorsabad (bei Place, Ninive), oder Bogenfriese mit aufgereihten vegetabilischen Ornamenten, wie in unserer Fig. 33, S. 88. Wir werden daher auch für Erscheinungen gleich Fig. 171 nicht 68) Nach de Vogüe, Syrie centrale Taf. 43.
2. Frühsaracenische Rankenornamentik. stehenden an einschlägigen pompejanischen Denkmälern kennen gelernthaben, ist durchweg entweder in bemaltem Stuck, oder in Wand- malerei, oder in Stiftmosaik ausgeführt, in keinem einzigen Falle mittels grösserer Platten. Dagegen hat man in Ländern, in denen der ge- brannte Thon die Stelle des — fehlenden — Steins vertreten musste, schon sehr frühzeitig bemalte Fliesen gebraucht, wie in Chaldäa und hienach in Assyrien. Aber diese emaillirten quadratischen Fliesen aus dem alten Mesopotamien zeigen keineswegs Ornamente nach un- endlichem Rapport zusammengestellt, sondern Darstellungen gegen- ständlichen Inhalts wie diejenigen aus Khorsabad (bei Place, Ninive), oder Bogenfriese mit aufgereihten vegetabilischen Ornamenten, wie in unserer Fig. 33, S. 88. Wir werden daher auch für Erscheinungen gleich Fig. 171 nicht 68) Nach de Vogüé, Syrie centrale Taf. 43.
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2. Frühsaracenische Rankenornamentik.
stehenden an einschlägigen pompejanischen Denkmälern kennen gelernt
haben, ist durchweg entweder in bemaltem Stuck, oder in Wand-
malerei, oder in Stiftmosaik ausgeführt, in keinem einzigen Falle mittels
grösserer Platten. Dagegen hat man in Ländern, in denen der ge-
brannte Thon die Stelle des — fehlenden — Steins vertreten musste,
schon sehr frühzeitig bemalte Fliesen gebraucht, wie in Chaldäa und
hienach in Assyrien. Aber diese emaillirten quadratischen Fliesen
aus dem alten Mesopotamien zeigen keineswegs Ornamente nach un-
endlichem Rapport zusammengestellt, sondern Darstellungen gegen-
ständlichen Inhalts wie diejenigen aus Khorsabad (bei Place, Ninive),
oder Bogenfriese mit aufgereihten vegetabilischen Ornamenten, wie in
unserer Fig. 33, S. 88.
Wir werden daher auch für Erscheinungen gleich Fig. 171 nicht
technische, sondern künstlerische Momente als die zeugenden und
bildenden anzunehmen haben. Und diese dürften im letzten Grunde
keine anderen gewesen sein, als diejenigen die zur allmählichen Ent-
naturalisirung des Akanthus und der Ranke geführt haben. In der
That laufen von nun an beide Erscheinungen parallel. Wo wir den
ersten ausgesprochenen Umbildungen des Akanthus begegnen — im
Ostrom des 5. und 6. Jahrhunderts — dort tritt uns auch die Wand-
verzierung nach dem Schema des unendlichen Rapports in häufigerer
Anwendung entgegen, — Beides etwa auf dem halben Wege der Ent-
wicklung, die erst in der saracenischen Kunst an das äusserste Ziel
gelangt ist. Fig. 144 enthält noch eine völlig in antikem Geiste kon-
cipirte, wenn auch im Einzelnen bereits stark veränderte Ranken-
ornamentik. An Fig. 145 vollzieht sich der Uebergang in ein geometri-
sches Grundschema, aber der unendliche Rapport ist doch noch recht
mangelhaft zum Ausdruck gebracht: am deutlichsten in der Halbpal-
mette unten am Rande, die man in der Phantasie zu dem vollen Fächer
einer gesprengten Palmette zu ergänzen hat. Ein vollständiges Beispiel
von unendlichem Rapport giebt aber Salzenberg a. a. O. auf Taf. XXV. 2:
in der Anordnung und selbst in den Motiven herrscht darin mehrfache
Verwandtschaft mit dem pompejanischen Beispiel Fig. 171, weshalb ich
davon keine Abbildung gebe. Einschlägiges Material ist übrigens
an Denkmälern der oströmischen Kunst so zahlreich erhalten, dass es
eine eigene Bearbeitung lohnen würde. Ich gebe daher in Fig. 173
bloss ein besonders charakteristisches Beispiel aus Betursa (Syrien) 68).
68) Nach de Vogüé, Syrie centrale Taf. 43.
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