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Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.

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Die Arabeske.

Noch eines Punktes muss hier Erwähnung geschehen, da ein still-
schweigendes Darüberhinweggehen Missdeutung erfahren könnte. Man
hat nämlich auch das Schema des unendlichen Rapports in dem ausge-
bildeten Charakter wie es uns in Fig. 171 entgegentritt, sowie alle
anderen ornamentalen Systeme aus technischen Prämissen abzuleiten
gesucht, und namentlich mit dem Plattenbelag identificirt. Diese
Hypothese beruht auf der Wahrnehmung, dass der unendliche Rapport
sich in der Regel auf polygone, vielfach sogar auf quadrate Grund-
formen zurückführen lässt, was für die Technik des Fliesenmosaiks in

[Abbildung] Fig. 172.

Skulpirte Füllung von einem römischen Gebälkstück.

der That den Vortheil mit sich brachte, dass man eine Unzahl von
Fliesen mit dem gleichen Muster brennen konnte, die einfach neben
einander gelegt, ein vollkommenes und verhältnissmässig reiches Muster
ergaben. Aber auch in diesem Falle hat man den kausalen Sachver-
halt umgekehrt. Dass die Fliesenfabrikation oder der "Plattenbelag"
sich mit Eifer dieses dekorativen Systems bemächtigte, das sich der
genannten Technik in der That ganz besonders empfahl, ist ja gewiss
nur natürlich. Dass aber der unendliche Rapport zuerst an Fliesen
Anwendung gefunden haben soll, ist schlechterdings unbewiesen. Kein
Beispiel aus römischer Zeit lässt sich dafür anführen: was wir im Vor-

Die Arabeske.

Noch eines Punktes muss hier Erwähnung geschehen, da ein still-
schweigendes Darüberhinweggehen Missdeutung erfahren könnte. Man
hat nämlich auch das Schema des unendlichen Rapports in dem ausge-
bildeten Charakter wie es uns in Fig. 171 entgegentritt, sowie alle
anderen ornamentalen Systeme aus technischen Prämissen abzuleiten
gesucht, und namentlich mit dem Plattenbelag identificirt. Diese
Hypothese beruht auf der Wahrnehmung, dass der unendliche Rapport
sich in der Regel auf polygone, vielfach sogar auf quadrate Grund-
formen zurückführen lässt, was für die Technik des Fliesenmosaiks in

[Abbildung] Fig. 172.

Skulpirte Füllung von einem römischen Gebälkstück.

der That den Vortheil mit sich brachte, dass man eine Unzahl von
Fliesen mit dem gleichen Muster brennen konnte, die einfach neben
einander gelegt, ein vollkommenes und verhältnissmässig reiches Muster
ergaben. Aber auch in diesem Falle hat man den kausalen Sachver-
halt umgekehrt. Dass die Fliesenfabrikation oder der „Plattenbelag“
sich mit Eifer dieses dekorativen Systems bemächtigte, das sich der
genannten Technik in der That ganz besonders empfahl, ist ja gewiss
nur natürlich. Dass aber der unendliche Rapport zuerst an Fliesen
Anwendung gefunden haben soll, ist schlechterdings unbewiesen. Kein
Beispiel aus römischer Zeit lässt sich dafür anführen: was wir im Vor-

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[314/0340] Die Arabeske. Noch eines Punktes muss hier Erwähnung geschehen, da ein still- schweigendes Darüberhinweggehen Missdeutung erfahren könnte. Man hat nämlich auch das Schema des unendlichen Rapports in dem ausge- bildeten Charakter wie es uns in Fig. 171 entgegentritt, sowie alle anderen ornamentalen Systeme aus technischen Prämissen abzuleiten gesucht, und namentlich mit dem Plattenbelag identificirt. Diese Hypothese beruht auf der Wahrnehmung, dass der unendliche Rapport sich in der Regel auf polygone, vielfach sogar auf quadrate Grund- formen zurückführen lässt, was für die Technik des Fliesenmosaiks in [Abbildung Fig. 172. Skulpirte Füllung von einem römischen Gebälkstück.] der That den Vortheil mit sich brachte, dass man eine Unzahl von Fliesen mit dem gleichen Muster brennen konnte, die einfach neben einander gelegt, ein vollkommenes und verhältnissmässig reiches Muster ergaben. Aber auch in diesem Falle hat man den kausalen Sachver- halt umgekehrt. Dass die Fliesenfabrikation oder der „Plattenbelag“ sich mit Eifer dieses dekorativen Systems bemächtigte, das sich der genannten Technik in der That ganz besonders empfahl, ist ja gewiss nur natürlich. Dass aber der unendliche Rapport zuerst an Fliesen Anwendung gefunden haben soll, ist schlechterdings unbewiesen. Kein Beispiel aus römischer Zeit lässt sich dafür anführen: was wir im Vor-

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Zitationshilfe: Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/340>, abgerufen am 23.12.2024.