Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.9. Das Aufkommen des Akanthus-Ornaments. lich von einander abweichen. Geht man aber der Ueberlieferung nach,so kommt man zu dem Resultate, dass alle Abbildungen im letzten Grunde auf zwei Originalaufnahmen zurückgehen, die eine von Donald- son bei Stuart and Revett, anthiqu. of Athens, Taf. 9, Fig. 3 des Tempels von Bassae, die andere von Stackelberg in dessen "Apollotempel zu Bassae" S. 44 (Fig. 117). Die Aufnahme von Donaldson empfiehlt sich scheinbar als die [Abbildung]
Fig. 117. ist da und dort gründlich verschieden gebildet. Nähere BetrachtungKapitäl von Phigalia. lehrt, dass die weiche lappige Bildung des Akanthus bei Donaldson nur auf Rechnung einer flüchtigen skizzenhaften Zeichnung gesetzt werden kann35). Dagegen erscheinen die einzelnen Blätter bei Stackel- berg (Fig. 117) völlig ebenso wie am Erechtheion gebildet. Und zwar sind es hier Akanthusvollblätter, die um die Basis des Kapitäls herum gereiht sind, und auch die untere Parthie der aufsteigenden Voluten- stengel verkleiden. Jedes einzelne Akanthusblatt zeigt hier den aus plastisch gewölbten Blättchen zusammengesetzten Fächer. Ich möchte 35) Daher möchte ich auch auf den zwickelfüllenden Akanthus in dieser Abbildung kein Gewicht legen, obzwar derselbe in seiner offenbaren Gleich- werthigkeit mit der zwickelfüllenden Palmette so recht besonders geeignet wäre, die ursprüngliche Identität von Palmettenfächer und Akanthus zu be- stätigen. Riegl, Stilfragen. 15
9. Das Aufkommen des Akanthus-Ornaments. lich von einander abweichen. Geht man aber der Ueberlieferung nach,so kommt man zu dem Resultate, dass alle Abbildungen im letzten Grunde auf zwei Originalaufnahmen zurückgehen, die eine von Donald- son bei Stuart and Revett, anthiqu. of Athens, Taf. 9, Fig. 3 des Tempels von Bassae, die andere von Stackelberg in dessen „Apollotempel zu Bassae“ S. 44 (Fig. 117). Die Aufnahme von Donaldson empfiehlt sich scheinbar als die [Abbildung]
Fig. 117. ist da und dort gründlich verschieden gebildet. Nähere BetrachtungKapitäl von Phigalia. lehrt, dass die weiche lappige Bildung des Akanthus bei Donaldson nur auf Rechnung einer flüchtigen skizzenhaften Zeichnung gesetzt werden kann35). Dagegen erscheinen die einzelnen Blätter bei Stackel- berg (Fig. 117) völlig ebenso wie am Erechtheion gebildet. Und zwar sind es hier Akanthusvollblätter, die um die Basis des Kapitäls herum gereiht sind, und auch die untere Parthie der aufsteigenden Voluten- stengel verkleiden. Jedes einzelne Akanthusblatt zeigt hier den aus plastisch gewölbten Blättchen zusammengesetzten Fächer. Ich möchte 35) Daher möchte ich auch auf den zwickelfüllenden Akanthus in dieser Abbildung kein Gewicht legen, obzwar derselbe in seiner offenbaren Gleich- werthigkeit mit der zwickelfüllenden Palmette so recht besonders geeignet wäre, die ursprüngliche Identität von Palmettenfächer und Akanthus zu be- stätigen. Riegl, Stilfragen. 15
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0251" n="225"/><fw place="top" type="header">9. Das Aufkommen des Akanthus-Ornaments.</fw><lb/> lich von einander abweichen. Geht man aber der Ueberlieferung nach,<lb/> so kommt man zu dem Resultate, dass alle Abbildungen im letzten<lb/> Grunde auf zwei Originalaufnahmen zurückgehen, die eine von <hi rendition="#g">Donald-<lb/> son</hi> bei Stuart and Revett, anthiqu. of Athens, Taf. 9, Fig. 3 des Tempels<lb/> von Bassae, die andere von <hi rendition="#g">Stackelberg</hi> in dessen „Apollotempel zu<lb/> Bassae“ S. 44 (Fig. 117).</p><lb/> <p>Die Aufnahme von Donaldson empfiehlt sich scheinbar als die<lb/> vertrauenswürdigere, da sie das Original in seinem verstümmelten Zu-<lb/> stande tale quale wiedergiebt. Dagegen hat Stackelberg dasselbe augen-<lb/> scheinlich in integrum restaurirt. Die beiden Aufnahmen weichen in<lb/> vielen Punkten wesentlich von einander ab; insbesondere der Akanthus<lb/><figure><head>Fig. 117.</head><lb/><p>Kapitäl von Phigalia.</p></figure><lb/> ist da und dort gründlich verschieden gebildet. Nähere Betrachtung<lb/> lehrt, dass die weiche lappige Bildung des Akanthus bei Donaldson<lb/> nur auf Rechnung einer flüchtigen skizzenhaften Zeichnung gesetzt<lb/> werden kann<note place="foot" n="35)">Daher möchte ich auch auf den zwickelfüllenden Akanthus in dieser<lb/> Abbildung kein Gewicht legen, obzwar derselbe in seiner offenbaren Gleich-<lb/> werthigkeit mit der zwickelfüllenden Palmette so recht besonders geeignet<lb/> wäre, die ursprüngliche Identität von Palmettenfächer und Akanthus zu be-<lb/> stätigen.</note>. Dagegen erscheinen die einzelnen Blätter bei Stackel-<lb/> berg (Fig. 117) völlig ebenso wie am Erechtheion gebildet. Und zwar<lb/> sind es hier Akanthusvollblätter, die um die Basis des Kapitäls herum<lb/> gereiht sind, und auch die untere Parthie der aufsteigenden Voluten-<lb/> stengel verkleiden. Jedes einzelne Akanthusblatt zeigt hier den aus<lb/> plastisch gewölbten Blättchen zusammengesetzten Fächer. Ich möchte<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Riegl</hi>, Stilfragen. 15</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [225/0251]
9. Das Aufkommen des Akanthus-Ornaments.
lich von einander abweichen. Geht man aber der Ueberlieferung nach,
so kommt man zu dem Resultate, dass alle Abbildungen im letzten
Grunde auf zwei Originalaufnahmen zurückgehen, die eine von Donald-
son bei Stuart and Revett, anthiqu. of Athens, Taf. 9, Fig. 3 des Tempels
von Bassae, die andere von Stackelberg in dessen „Apollotempel zu
Bassae“ S. 44 (Fig. 117).
Die Aufnahme von Donaldson empfiehlt sich scheinbar als die
vertrauenswürdigere, da sie das Original in seinem verstümmelten Zu-
stande tale quale wiedergiebt. Dagegen hat Stackelberg dasselbe augen-
scheinlich in integrum restaurirt. Die beiden Aufnahmen weichen in
vielen Punkten wesentlich von einander ab; insbesondere der Akanthus
[Abbildung Fig. 117.
Kapitäl von Phigalia.]
ist da und dort gründlich verschieden gebildet. Nähere Betrachtung
lehrt, dass die weiche lappige Bildung des Akanthus bei Donaldson
nur auf Rechnung einer flüchtigen skizzenhaften Zeichnung gesetzt
werden kann 35). Dagegen erscheinen die einzelnen Blätter bei Stackel-
berg (Fig. 117) völlig ebenso wie am Erechtheion gebildet. Und zwar
sind es hier Akanthusvollblätter, die um die Basis des Kapitäls herum
gereiht sind, und auch die untere Parthie der aufsteigenden Voluten-
stengel verkleiden. Jedes einzelne Akanthusblatt zeigt hier den aus
plastisch gewölbten Blättchen zusammengesetzten Fächer. Ich möchte
35) Daher möchte ich auch auf den zwickelfüllenden Akanthus in dieser
Abbildung kein Gewicht legen, obzwar derselbe in seiner offenbaren Gleich-
werthigkeit mit der zwickelfüllenden Palmette so recht besonders geeignet
wäre, die ursprüngliche Identität von Palmettenfächer und Akanthus zu be-
stätigen.
Riegl, Stilfragen. 15
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |