an lebendiges, vegetabilisches Schlingwerk gedacht hat, deuten die kurzen Rankenzweige an, die sich oben und unten an die Seiten der Voluten ansetzen. Auf diese Rankenzweige wird übrigens noch zurück- zukommen sein.
Wir haben nun die Art und Weise zu betrachten, wie an den melischen Vasen die vegetabilischen Einzelmotive unter einander in Verbindung gebracht erschei- nen. Das unmittelbar vorher Gesagte hat uns bereits dazu übergeleitet. Im Vordergrunde standen da die Spiralen, wo- gegen sich die Blüthenmotive bloss als Füllsel darstellten. Das Postulat der Zwickelfüllung erschien an dem gegebenen Bei- spiel als ein absolutes. Ver- gleichen wir damit Fig. 67. Wir sehen da zwei neben einan- der laufende Spiralenreihen; die Zwickel, die je zwei zusammen- stossende Spiralen im Innern bilden, erscheinen durch einen Palmettenfächer gefüllt; alle Zwickel, die sich nach Aussen öffnen, sind durch einfache Giebel geschlossen. Das egyp- tische Vorbild haben wir in Fig. 26 kennen gelernt, ein mykenisches Zwischenglied in Fig. 60. Die weitere Entwick- lung hat anscheinend daraus das doppelte Flechtband ge- macht (Fig. 68)63), das sich sehr
[Abbildung]
Fig. 67.
Gemaltes Ornament von einer melischen Vase.
häufig an archaischen, bemalten Terracotten, aber selbst noch auf spätrömischen Mosaiken findet.
Keinen wesentlichen Fortschritt über egyptischen Kunstgeist hinaus zeigt ferner derjenige Ornamentstreifen von Fig. 66, der sich unmittelbar
63) Von dem Berliner Sarkophag aus Klazomenä, Ant. Denkm. I. 44.
3. Melisches.
an lebendiges, vegetabilisches Schlingwerk gedacht hat, deuten die kurzen Rankenzweige an, die sich oben und unten an die Seiten der Voluten ansetzen. Auf diese Rankenzweige wird übrigens noch zurück- zukommen sein.
Wir haben nun die Art und Weise zu betrachten, wie an den melischen Vasen die vegetabilischen Einzelmotive unter einander in Verbindung gebracht erschei- nen. Das unmittelbar vorher Gesagte hat uns bereits dazu übergeleitet. Im Vordergrunde standen da die Spiralen, wo- gegen sich die Blüthenmotive bloss als Füllsel darstellten. Das Postulat der Zwickelfüllung erschien an dem gegebenen Bei- spiel als ein absolutes. Ver- gleichen wir damit Fig. 67. Wir sehen da zwei neben einan- der laufende Spiralenreihen; die Zwickel, die je zwei zusammen- stossende Spiralen im Innern bilden, erscheinen durch einen Palmettenfächer gefüllt; alle Zwickel, die sich nach Aussen öffnen, sind durch einfache Giebel geschlossen. Das egyp- tische Vorbild haben wir in Fig. 26 kennen gelernt, ein mykenisches Zwischenglied in Fig. 60. Die weitere Entwick- lung hat anscheinend daraus das doppelte Flechtband ge- macht (Fig. 68)63), das sich sehr
[Abbildung]
Fig. 67.
Gemaltes Ornament von einer melischen Vase.
häufig an archaischen, bemalten Terracotten, aber selbst noch auf spätrömischen Mosaiken findet.
Keinen wesentlichen Fortschritt über egyptischen Kunstgeist hinaus zeigt ferner derjenige Ornamentstreifen von Fig. 66, der sich unmittelbar
63) Von dem Berliner Sarkophag aus Klazomenä, Ant. Denkm. I. 44.
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3. Melisches.
an lebendiges, vegetabilisches Schlingwerk gedacht hat, deuten die
kurzen Rankenzweige an, die sich oben und unten an die Seiten der
Voluten ansetzen. Auf diese Rankenzweige wird übrigens noch zurück-
zukommen sein.
Wir haben nun die Art und Weise zu betrachten, wie an den
melischen Vasen die vegetabilischen Einzelmotive unter einander in
Verbindung gebracht erschei-
nen. Das unmittelbar vorher
Gesagte hat uns bereits dazu
übergeleitet. Im Vordergrunde
standen da die Spiralen, wo-
gegen sich die Blüthenmotive
bloss als Füllsel darstellten.
Das Postulat der Zwickelfüllung
erschien an dem gegebenen Bei-
spiel als ein absolutes. Ver-
gleichen wir damit Fig. 67. Wir
sehen da zwei neben einan-
der laufende Spiralenreihen; die
Zwickel, die je zwei zusammen-
stossende Spiralen im Innern
bilden, erscheinen durch einen
Palmettenfächer gefüllt; alle
Zwickel, die sich nach Aussen
öffnen, sind durch einfache
Giebel geschlossen. Das egyp-
tische Vorbild haben wir in
Fig. 26 kennen gelernt, ein
mykenisches Zwischenglied in
Fig. 60. Die weitere Entwick-
lung hat anscheinend daraus
das doppelte Flechtband ge-
macht (Fig. 68) 63), das sich sehr
[Abbildung Fig. 67.
Gemaltes Ornament von einer melischen Vase.]
häufig an archaischen, bemalten Terracotten, aber selbst noch auf
spätrömischen Mosaiken findet.
Keinen wesentlichen Fortschritt über egyptischen Kunstgeist hinaus
zeigt ferner derjenige Ornamentstreifen von Fig. 66, der sich unmittelbar
63) Von dem Berliner Sarkophag aus Klazomenä, Ant. Denkm. I. 44.
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Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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