Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.X. Eine Jungfrau wird in ein Mannsbild verändert. ALs ich mit dem Könige Carolo den Neun den zu Vitry in Champagnien war: Habe ich daselbst eine Person gesehen/ mit Nahmen Germain Garnier/ etliche nenneten ihn Germain Maria/ weil er/ als er eine Jungfrau war/ Maria hieß/ er war ein junger Mann/ wohl proportioniret und bey Leibe/ hatte einen fast dichten rohten Bart. Dieser war biß ins funfzehende Jahr seines Alters für eine Jungfrau gehalten worden/ in Betrachtung/ daß kein eintziges Merckmahl der Männlichkeit sich an ihm ereignete/ ingleichen weil er sich andern Jungfrauen in kleidung gleich hielte. Als er in vorgesetztem Alter auf dem Felde geschwinde den Säuen nachlief/ welche im Getreide giengen/ und einen Graben antraff/ wolte er darüber springen. Als er hatte gesprungen/ zur Stunde kahmen herfür und entdeckten sich die testiculi und membrum virile, welche von den Banden/ die sie gehalten/ waren loß gerissen. Dieses geschach nicht ohne Schmertzen: als er wieder nach Hause kommen/ mit Klagen und Weinen/ und von den Medicis und Barbierern ist besichtiget worden / hat man befunden/ daß sie X. Eine Jungfrau wird in ein Mannsbild verändert. ALs ich mit dem Könige Carolo den Neun den zu Vitry in Champagnien war: Habe ich daselbst eine Person gesehen/ mit Nahmen Germain Garnier/ etliche nenneten ihn Germain Maria/ weil er/ als er eine Jungfrau war/ Maria hieß/ er war ein junger Mann/ wohl proportioniret und bey Leibe/ hatte einen fast dichten rohten Bart. Dieser war biß ins funfzehende Jahr seines Alters für eine Jungfrau gehalten worden/ in Betrachtung/ daß kein eintziges Merckmahl der Männlichkeit sich an ihm ereignete/ ingleichen weil er sich andern Jungfrauen in kleidung gleich hielte. Als er in vorgesetztem Alter auf dem Felde geschwinde den Säuen nachlief/ welche im Getreide giengen/ und einen Graben antraff/ wolte er darüber springen. Als er hatte gesprungen/ zur Stunde kahmen herfür und entdeckten sich die testiculi und membrum virile, welche von den Banden/ die sie gehalten/ waren loß gerissen. Dieses geschach nicht ohne Schmertzen: als er wieder nach Hause kommen/ mit Klagen und Weinen/ und von den Medicis und Barbierern ist besichtiget worden / hat man befunden/ daß sie <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0032" n="12"/> <p>X.</p> <p>Eine Jungfrau wird in ein Mannsbild verändert.</p> <p>ALs ich mit dem Könige Carolo den Neun den zu Vitry in Champagnien war: Habe ich daselbst eine Person gesehen/ mit Nahmen Germain Garnier/ etliche nenneten ihn Germain Maria/ weil er/ als er eine Jungfrau war/ Maria hieß/ er war ein junger Mann/ wohl proportioniret und bey Leibe/ hatte einen fast dichten rohten Bart.</p> <p>Dieser war biß ins funfzehende Jahr seines Alters für eine Jungfrau gehalten worden/ in Betrachtung/ daß kein eintziges Merckmahl der Männlichkeit sich an ihm ereignete/ ingleichen weil er sich andern Jungfrauen in kleidung gleich hielte.</p> <p>Als er in vorgesetztem Alter auf dem Felde geschwinde den Säuen nachlief/ welche im Getreide giengen/ und einen Graben antraff/ wolte er darüber springen. Als er hatte gesprungen/ zur Stunde kahmen herfür und entdeckten sich die testiculi und membrum virile, welche von den Banden/ die sie gehalten/ waren loß gerissen.</p> <p>Dieses geschach nicht ohne Schmertzen: als er wieder nach Hause kommen/ mit Klagen und Weinen/ und von den Medicis und Barbierern ist besichtiget worden / hat man befunden/ daß sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0032]
X.
Eine Jungfrau wird in ein Mannsbild verändert.
ALs ich mit dem Könige Carolo den Neun den zu Vitry in Champagnien war: Habe ich daselbst eine Person gesehen/ mit Nahmen Germain Garnier/ etliche nenneten ihn Germain Maria/ weil er/ als er eine Jungfrau war/ Maria hieß/ er war ein junger Mann/ wohl proportioniret und bey Leibe/ hatte einen fast dichten rohten Bart.
Dieser war biß ins funfzehende Jahr seines Alters für eine Jungfrau gehalten worden/ in Betrachtung/ daß kein eintziges Merckmahl der Männlichkeit sich an ihm ereignete/ ingleichen weil er sich andern Jungfrauen in kleidung gleich hielte.
Als er in vorgesetztem Alter auf dem Felde geschwinde den Säuen nachlief/ welche im Getreide giengen/ und einen Graben antraff/ wolte er darüber springen. Als er hatte gesprungen/ zur Stunde kahmen herfür und entdeckten sich die testiculi und membrum virile, welche von den Banden/ die sie gehalten/ waren loß gerissen.
Dieses geschach nicht ohne Schmertzen: als er wieder nach Hause kommen/ mit Klagen und Weinen/ und von den Medicis und Barbierern ist besichtiget worden / hat man befunden/ daß sie
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