Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.Als sie nun wieder zu sich selber kam/ bald aber wieder hinsanck/ in einer langen Entzückung: Fieng sie darauf in an zu reden/ gleichsam als wenn sie sich gantz zu GOTT gewendet/ hub ihre Finger auf gen Himmel/ und redete diese Worte: O du grosser Gott/ weil deine Schönheit so groß und unglaublich ist/ ie wie lange sollen wir denn hierunten bleiben? Wenn wirstu mich doch von dieser Welt nehmen/ daß ich mich über dir freue? Als sie dieses gesagt/ thät sie/ als wenn sie bey sich selbsten auf wachete / wendete sich zu denen/ die ümb sie stunden/ und sagte: Welcher ist unter euch/ der so übel an mir thut/ daß er mich wieder in diß Jammerthal und finstere Gefängnüß fodert: Da ich doch so lieblich ruhete/ und mich erlustigte in so schönen Gärten/ als man ihm nicht kan einbilden? Ich halte nicht davor/ daß eine einfältige und ungelehrte Dirne/ wie diese war / hätte solche Reden können vorbringen/ als in einer Entzückung. Unter dessen kamen in etlichen Uber gebungen heraus grosse Flocken Haare/ mit viel weisser und dicker Materi/ wie Eyter/ bißweilen wie Tauben- oder Vogel-Koht. Als sie nun wieder zu sich selber kam/ bald aber wieder hinsanck/ in einer langen Entzückung: Fieng sie darauf in an zu reden/ gleichsam als wenn sie sich gantz zu GOTT gewendet/ hub ihre Finger auf gen Himmel/ und redete diese Worte: O du grosser Gott/ weil deine Schönheit so groß und unglaublich ist/ ie wie lange sollen wir denn hierunten bleiben? Wenn wirstu mich doch von dieser Welt nehmen/ daß ich mich über dir freue? Als sie dieses gesagt/ thät sie/ als wenn sie bey sich selbsten auf wachete / wendete sich zu denen/ die ümb sie stunden/ und sagte: Welcher ist unter euch/ der so übel an mir thut/ daß er mich wieder in diß Jammerthal und finstere Gefängnüß fodert: Da ich doch so lieblich ruhete/ und mich erlustigte in so schönen Gärten/ als man ihm nicht kan einbilden? Ich halte nicht davor/ daß eine einfältige und ungelehrte Dirne/ wie diese war / hätte solche Reden können vorbringen/ als in einer Entzückung. Unter dessen kamen in etlichen Uber gebungen heraus grosse Flocken Haare/ mit viel weisser und dicker Materi/ wie Eyter/ bißweilen wie Tauben- oder Vogel-Koht. <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0210" n="190"/> <p>Als sie nun wieder zu sich selber kam/ bald aber wieder hinsanck/ in einer langen Entzückung: Fieng sie darauf in an zu reden/ gleichsam als wenn sie sich gantz zu GOTT gewendet/ hub ihre Finger auf gen Himmel/ und redete diese Worte: O du grosser Gott/ weil deine Schönheit so groß und unglaublich ist/ ie wie lange sollen wir denn hierunten bleiben? Wenn wirstu mich doch von dieser Welt nehmen/ daß ich mich über dir freue?</p> <p>Als sie dieses gesagt/ thät sie/ als wenn sie bey sich selbsten auf wachete / wendete sich zu denen/ die ümb sie stunden/ und sagte:</p> <p>Welcher ist unter euch/ der so übel an mir thut/ daß er mich wieder in diß Jammerthal und finstere Gefängnüß fodert: Da ich doch so lieblich ruhete/ und mich erlustigte in so schönen Gärten/ als man ihm nicht kan einbilden?</p> <p>Ich halte nicht davor/ daß eine einfältige und ungelehrte Dirne/ wie diese war / hätte solche Reden können vorbringen/ als in einer Entzückung.</p> <p>Unter dessen kamen in etlichen Uber gebungen heraus grosse Flocken Haare/ mit viel weisser und dicker Materi/ wie Eyter/ bißweilen wie Tauben- oder Vogel-Koht.</p> </div> </body> </text> </TEI> [190/0210]
Als sie nun wieder zu sich selber kam/ bald aber wieder hinsanck/ in einer langen Entzückung: Fieng sie darauf in an zu reden/ gleichsam als wenn sie sich gantz zu GOTT gewendet/ hub ihre Finger auf gen Himmel/ und redete diese Worte: O du grosser Gott/ weil deine Schönheit so groß und unglaublich ist/ ie wie lange sollen wir denn hierunten bleiben? Wenn wirstu mich doch von dieser Welt nehmen/ daß ich mich über dir freue?
Als sie dieses gesagt/ thät sie/ als wenn sie bey sich selbsten auf wachete / wendete sich zu denen/ die ümb sie stunden/ und sagte:
Welcher ist unter euch/ der so übel an mir thut/ daß er mich wieder in diß Jammerthal und finstere Gefängnüß fodert: Da ich doch so lieblich ruhete/ und mich erlustigte in so schönen Gärten/ als man ihm nicht kan einbilden?
Ich halte nicht davor/ daß eine einfältige und ungelehrte Dirne/ wie diese war / hätte solche Reden können vorbringen/ als in einer Entzückung.
Unter dessen kamen in etlichen Uber gebungen heraus grosse Flocken Haare/ mit viel weisser und dicker Materi/ wie Eyter/ bißweilen wie Tauben- oder Vogel-Koht.
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Zitationshilfe: | Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richter_spectaculum_1661/210>, abgerufen am 08.07.2024. |