Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.Als er nun des Abends erfahren/ daß er morgendes Tages sein Leben enden solte: War ihm dieselbe Nacht so erschrecklich/ und von solcher Wirckung/ daß er des kommenden Tages aus dem Gefängnüß vor sitzendes Gerichte geführet wurde/ ümb des Todesurtheil anzuhören/ ihn niemand/ auch der Keyser selber nicht kennete. Denn die Furcht hatte ihn also verändert/ daß wie er vorigen Tag eine röhtlichte Farbe/ ein gelbes Haar/ liebliche Augen/ und schönes Angesicht hatte: Also war er damals worden/ wie eine Leiche/ hatte weisse Haare und einen weissen Bart/ wie ein Mann von siebentzig Jahren/ und sahe mehr einem gehenkten/ als einem lebendigen Menschen ähnlich. Der Keyser meinete/ man gienge mit Betrug ümb: Man hätte einen andern Ubelthäter an des Jungen Edelmans Stelle gestellet/ welcher noch nicht acht und zwantzig Jahr alt war: Dieserwegen ließ er geschwinde nachforschen/ woher diese wunderliche geschwinde Veränderung käme/ und ließ die Sache nahe betrachten: Endlich als er selber etwas näher diesen elenden erschrockenen Ubelthäter anschauete/ veränderte sich die Begierde einer gerechten Rache in Barmhertzigkeit: Und gleichsam als wenn er aus tieffer Bestürtzung wieder zu sich selbst kommen wäre/ sprach er: Ich wil dir deine Mißhandlung verzeihen: Und befahl/ man solte ihn loß lassen/ denn er wäre schon Als er nun des Abends erfahren/ daß er morgendes Tages sein Leben enden solte: War ihm dieselbe Nacht so erschrecklich/ und von solcher Wirckung/ daß er des kommenden Tages aus dem Gefängnüß vor sitzendes Gerichte geführet wurde/ ümb des Todesurtheil anzuhören/ ihn niemand/ auch der Keyser selber nicht kennete. Denn die Furcht hatte ihn also verändert/ daß wie er vorigen Tag eine röhtlichte Farbe/ ein gelbes Haar/ liebliche Augen/ und schönes Angesicht hatte: Also war er damals worden/ wie eine Leiche/ hatte weisse Haare und einen weissen Bart/ wie ein Mann von siebentzig Jahren/ und sahe mehr einem gehenkten/ als einem lebendigen Menschen ähnlich. Der Keyser meinete/ man gienge mit Betrug ümb: Man hätte einen andern Ubelthäter an des Jungen Edelmans Stelle gestellet/ welcher noch nicht acht und zwantzig Jahr alt war: Dieserwegen ließ er geschwinde nachforschen/ woher diese wunderliche geschwinde Veränderung käme/ und ließ die Sache nahe betrachten: Endlich als er selber etwas näher diesen elenden erschrockenen Ubelthäter anschauete/ veränderte sich die Begierde einer gerechten Rache in Barmhertzigkeit: Und gleichsam als wenn er aus tieffer Bestürtzung wieder zu sich selbst kommen wäre/ sprach er: Ich wil dir deine Mißhandlung verzeihen: Und befahl/ man solte ihn loß lassen/ denn er wäre schon <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0106" n="86"/> <p>Als er nun des Abends erfahren/ daß er morgendes Tages sein Leben enden solte: War ihm dieselbe Nacht so erschrecklich/ und von solcher Wirckung/ daß er des kommenden Tages aus dem Gefängnüß vor sitzendes Gerichte geführet wurde/ ümb des Todesurtheil anzuhören/ ihn niemand/ auch der Keyser selber nicht kennete.</p> <p>Denn die Furcht hatte ihn also verändert/ daß wie er vorigen Tag eine röhtlichte Farbe/ ein gelbes Haar/ liebliche Augen/ und schönes Angesicht hatte: Also war er damals worden/ wie eine Leiche/ hatte weisse Haare und einen weissen Bart/ wie ein Mann von siebentzig Jahren/ und sahe mehr einem gehenkten/ als einem lebendigen Menschen ähnlich.</p> <p>Der Keyser meinete/ man gienge mit Betrug ümb: Man hätte einen andern Ubelthäter an des Jungen Edelmans Stelle gestellet/ welcher noch nicht acht und zwantzig Jahr alt war: Dieserwegen ließ er geschwinde nachforschen/ woher diese wunderliche geschwinde Veränderung käme/ und ließ die Sache nahe betrachten: Endlich als er selber etwas näher diesen elenden erschrockenen Ubelthäter anschauete/ veränderte sich die Begierde einer gerechten Rache in Barmhertzigkeit: Und gleichsam als wenn er aus tieffer Bestürtzung wieder zu sich selbst kommen wäre/ sprach er: Ich wil dir deine Mißhandlung verzeihen: Und befahl/ man solte ihn loß lassen/ denn er wäre schon </p> </div> </body> </text> </TEI> [86/0106]
Als er nun des Abends erfahren/ daß er morgendes Tages sein Leben enden solte: War ihm dieselbe Nacht so erschrecklich/ und von solcher Wirckung/ daß er des kommenden Tages aus dem Gefängnüß vor sitzendes Gerichte geführet wurde/ ümb des Todesurtheil anzuhören/ ihn niemand/ auch der Keyser selber nicht kennete.
Denn die Furcht hatte ihn also verändert/ daß wie er vorigen Tag eine röhtlichte Farbe/ ein gelbes Haar/ liebliche Augen/ und schönes Angesicht hatte: Also war er damals worden/ wie eine Leiche/ hatte weisse Haare und einen weissen Bart/ wie ein Mann von siebentzig Jahren/ und sahe mehr einem gehenkten/ als einem lebendigen Menschen ähnlich.
Der Keyser meinete/ man gienge mit Betrug ümb: Man hätte einen andern Ubelthäter an des Jungen Edelmans Stelle gestellet/ welcher noch nicht acht und zwantzig Jahr alt war: Dieserwegen ließ er geschwinde nachforschen/ woher diese wunderliche geschwinde Veränderung käme/ und ließ die Sache nahe betrachten: Endlich als er selber etwas näher diesen elenden erschrockenen Ubelthäter anschauete/ veränderte sich die Begierde einer gerechten Rache in Barmhertzigkeit: Und gleichsam als wenn er aus tieffer Bestürtzung wieder zu sich selbst kommen wäre/ sprach er: Ich wil dir deine Mißhandlung verzeihen: Und befahl/ man solte ihn loß lassen/ denn er wäre schon
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