Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite


Jch habe einen Brief, sagte er, von Lady
Elisabeth Lawrance, und noch einen von
meiner Base Charlotte Montague. Doch
davon wollen wir gleich reden. Jetzt komme
ich, Jhnen wegen dessen, was ganz kürzlich zwi-
schen uns vorgefallen ist, meine demüthige Ab-
bitte zu thun.

Jch schwieg, und wunderte mich, wo er da-
mit hinaus wollte.

Jch bin ein höchst unglückliches Geschöpf,
fuhr er fort, höchst unglücklich durch meine ge-
waltige Hitze, die ich nicht bezwingen kann. - -
Sie bringt mich allezeit zu einer wolverdienten
Demüthigung. Doch ist es löblicher, seinen
Fehler zu gestehen, als darin zu verharren, wenn
man die Macht der Ueberzeugung fühlet.

Jch schwieg noch still.

Jch habe überlegt, gnädige Fräulein, was
sie mir vorgeschlagen haben, daß ich mir nem-
lich die Bedingungen gefallen lassen sollte, wel-
che sie, eine Aussohnung mit ihren Verwand-
ten auszuwürken, gut finden.

Gut, Herr Lovelace!

Und ich finde, an ihrer Seite ist alles recht,
alles billig; und an meiner Seite lauter Unge-
duld, lauter Unbedachtsamkeit.

Jch erstaunte, wie Sie leicht denken können.
Woher diese Veränderung, Herr Lovelace?
Und zwar so bald?

Jch bin so sehr überzeugt, daß Sie in allen
dem, worauf Sie zu bestehen für gut finden,

Recht


Jch habe einen Brief, ſagte er, von Lady
Eliſabeth Lawrance, und noch einen von
meiner Baſe Charlotte Montague. Doch
davon wollen wir gleich reden. Jetzt komme
ich, Jhnen wegen deſſen, was ganz kuͤrzlich zwi-
ſchen uns vorgefallen iſt, meine demuͤthige Ab-
bitte zu thun.

Jch ſchwieg, und wunderte mich, wo er da-
mit hinaus wollte.

Jch bin ein hoͤchſt ungluͤckliches Geſchoͤpf,
fuhr er fort, hoͤchſt ungluͤcklich durch meine ge-
waltige Hitze, die ich nicht bezwingen kann. ‒ ‒
Sie bringt mich allezeit zu einer wolverdienten
Demuͤthigung. Doch iſt es loͤblicher, ſeinen
Fehler zu geſtehen, als darin zu verharren, wenn
man die Macht der Ueberzeugung fuͤhlet.

Jch ſchwieg noch ſtill.

Jch habe uͤberlegt, gnaͤdige Fraͤulein, was
ſie mir vorgeſchlagen haben, daß ich mir nem-
lich die Bedingungen gefallen laſſen ſollte, wel-
che ſie, eine Ausſohnung mit ihren Verwand-
ten auszuwuͤrken, gut finden.

Gut, Herr Lovelace!

Und ich finde, an ihrer Seite iſt alles recht,
alles billig; und an meiner Seite lauter Unge-
duld, lauter Unbedachtſamkeit.

Jch erſtaunte, wie Sie leicht denken koͤnnen.
Woher dieſe Veraͤnderung, Herr Lovelace?
Und zwar ſo bald?

Jch bin ſo ſehr uͤberzeugt, daß Sie in allen
dem, worauf Sie zu beſtehen fuͤr gut finden,

Recht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0066" n="58"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jch habe einen Brief, &#x017F;agte er, von Lady<lb/><hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth Lawrance,</hi> und noch einen von<lb/>
meiner Ba&#x017F;e <hi rendition="#fr">Charlotte Montague.</hi> Doch<lb/>
davon wollen wir gleich reden. Jetzt komme<lb/>
ich, Jhnen wegen de&#x017F;&#x017F;en, was ganz ku&#x0364;rzlich zwi-<lb/>
&#x017F;chen uns vorgefallen i&#x017F;t, meine demu&#x0364;thige Ab-<lb/>
bitte zu thun.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;chwieg, und wunderte mich, wo er da-<lb/>
mit hinaus wollte.</p><lb/>
          <p>Jch bin ein ho&#x0364;ch&#x017F;t unglu&#x0364;ckliches Ge&#x017F;cho&#x0364;pf,<lb/>
fuhr er fort, ho&#x0364;ch&#x017F;t unglu&#x0364;cklich durch meine ge-<lb/>
waltige Hitze, die ich nicht bezwingen kann. &#x2012; &#x2012;<lb/>
Sie bringt mich allezeit zu einer wolverdienten<lb/>
Demu&#x0364;thigung. Doch i&#x017F;t es lo&#x0364;blicher, &#x017F;einen<lb/>
Fehler zu ge&#x017F;tehen, als darin zu verharren, wenn<lb/>
man die Macht der Ueberzeugung fu&#x0364;hlet.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;chwieg noch &#x017F;till.</p><lb/>
          <p>Jch habe u&#x0364;berlegt, gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein, was<lb/>
&#x017F;ie mir vorge&#x017F;chlagen haben, daß ich mir nem-<lb/>
lich die Bedingungen gefallen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte, wel-<lb/>
che &#x017F;ie, eine Aus&#x017F;ohnung mit ihren Verwand-<lb/>
ten auszuwu&#x0364;rken, gut finden.</p><lb/>
          <p>Gut, Herr <hi rendition="#fr">Lovelace!</hi></p><lb/>
          <p>Und ich finde, an ihrer Seite i&#x017F;t alles recht,<lb/>
alles billig; und an meiner Seite lauter Unge-<lb/>
duld, lauter Unbedacht&#x017F;amkeit.</p><lb/>
          <p>Jch er&#x017F;taunte, wie Sie leicht denken ko&#x0364;nnen.<lb/>
Woher die&#x017F;e Vera&#x0364;nderung, Herr <hi rendition="#fr">Lovelace?</hi><lb/>
Und zwar &#x017F;o bald?</p><lb/>
          <p>Jch bin &#x017F;o &#x017F;ehr u&#x0364;berzeugt, daß Sie in allen<lb/>
dem, worauf Sie zu be&#x017F;tehen fu&#x0364;r gut finden,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Recht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0066] Jch habe einen Brief, ſagte er, von Lady Eliſabeth Lawrance, und noch einen von meiner Baſe Charlotte Montague. Doch davon wollen wir gleich reden. Jetzt komme ich, Jhnen wegen deſſen, was ganz kuͤrzlich zwi- ſchen uns vorgefallen iſt, meine demuͤthige Ab- bitte zu thun. Jch ſchwieg, und wunderte mich, wo er da- mit hinaus wollte. Jch bin ein hoͤchſt ungluͤckliches Geſchoͤpf, fuhr er fort, hoͤchſt ungluͤcklich durch meine ge- waltige Hitze, die ich nicht bezwingen kann. ‒ ‒ Sie bringt mich allezeit zu einer wolverdienten Demuͤthigung. Doch iſt es loͤblicher, ſeinen Fehler zu geſtehen, als darin zu verharren, wenn man die Macht der Ueberzeugung fuͤhlet. Jch ſchwieg noch ſtill. Jch habe uͤberlegt, gnaͤdige Fraͤulein, was ſie mir vorgeſchlagen haben, daß ich mir nem- lich die Bedingungen gefallen laſſen ſollte, wel- che ſie, eine Ausſohnung mit ihren Verwand- ten auszuwuͤrken, gut finden. Gut, Herr Lovelace! Und ich finde, an ihrer Seite iſt alles recht, alles billig; und an meiner Seite lauter Unge- duld, lauter Unbedachtſamkeit. Jch erſtaunte, wie Sie leicht denken koͤnnen. Woher dieſe Veraͤnderung, Herr Lovelace? Und zwar ſo bald? Jch bin ſo ſehr uͤberzeugt, daß Sie in allen dem, worauf Sie zu beſtehen fuͤr gut finden, Recht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/66
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/66>, abgerufen am 25.11.2024.