ster unter demselben Dache ein erträgliches Le- ben führen werden?
O Herr Lovelace! Herr Lovelace! was haben sie für Leiden ausgestanden? Und alles meinetwillen, meinen sie doch! - - Jch kann sie wol nimmer dafür belohnen! - - Denken sie nicht weiter an mich, ich bitte sie - - Wie kön- nen sie noch Geduld mit mir haben? - - Nichts haben sie ihrer eigenen Aufführung zu danken, denke ich! Nichts ihren Gegenausforderungen! Nichts ihrer Entschliessung, die sie mehr als einmal erkläret haben, daß sie mit einer Fami- lie durchaus verwand seyn wollten, ohne sich so weit herunter zu lassen, daß sie diese Ver- bindung auf eine geziemende Art zu suchen däch- ten. Nichts den Mitteln, die sie angewand haben, weswegen sie jederman tadelte, und worüber sie es doch nicht der Mühe werth ach- teten, sich zu rechtfertigen. Hätte ich nicht ge- glaubt, daß man ihnen auf eine unanständige Art begegnet wäre, wie ich ihnen schon ge- sagt, nimmer hätte ich mich mit ihnen in ei- nen Briefwechsel eingelassen. (*) Der Brief- wechsel machte sie, in ihren Gedanken, si- cher, und sie trotzten nach ihrer Grosmuth mei- nen Verwandten desto mehr. Dies erweckte, (vielleicht nicht unverschuldet) meines Vaters Unwillen gegen mich, ohne welchen es meinem Bruder, bei seinem besondern Haß, und eigen- nützigen Absichten, an einem rechtmäßigen Vor-
wande
(*) Siehe Th. III. S. 64.
D 2
ſter unter demſelben Dache ein ertraͤgliches Le- ben fuͤhren werden?
O Herr Lovelace! Herr Lovelace! was haben ſie fuͤr Leiden ausgeſtanden? Und alles meinetwillen, meinen ſie doch! ‒ ‒ Jch kann ſie wol nimmer dafuͤr belohnen! ‒ ‒ Denken ſie nicht weiter an mich, ich bitte ſie ‒ ‒ Wie koͤn- nen ſie noch Geduld mit mir haben? ‒ ‒ Nichts haben ſie ihrer eigenen Auffuͤhrung zu danken, denke ich! Nichts ihren Gegenausforderungen! Nichts ihrer Entſchlieſſung, die ſie mehr als einmal erklaͤret haben, daß ſie mit einer Fami- lie durchaus verwand ſeyn wollten, ohne ſich ſo weit herunter zu laſſen, daß ſie dieſe Ver- bindung auf eine geziemende Art zu ſuchen daͤch- ten. Nichts den Mitteln, die ſie angewand haben, weswegen ſie jederman tadelte, und woruͤber ſie es doch nicht der Muͤhe werth ach- teten, ſich zu rechtfertigen. Haͤtte ich nicht ge- glaubt, daß man ihnen auf eine unanſtaͤndige Art begegnet waͤre, wie ich ihnen ſchon ge- ſagt, nimmer haͤtte ich mich mit ihnen in ei- nen Briefwechſel eingelaſſen. (*) Der Brief- wechſel machte ſie, in ihren Gedanken, ſi- cher, und ſie trotzten nach ihrer Grosmuth mei- nen Verwandten deſto mehr. Dies erweckte, (vielleicht nicht unverſchuldet) meines Vaters Unwillen gegen mich, ohne welchen es meinem Bruder, bei ſeinem beſondern Haß, und eigen- nuͤtzigen Abſichten, an einem rechtmaͤßigen Vor-
wande
(*) Siehe Th. III. S. 64.
D 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><p><pbfacs="#f0059"n="51"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>ſter unter demſelben Dache ein ertraͤgliches Le-<lb/>
ben fuͤhren werden?</p><lb/><p>O Herr <hirendition="#fr">Lovelace!</hi> Herr <hirendition="#fr">Lovelace!</hi> was<lb/>
haben ſie fuͤr Leiden ausgeſtanden? Und alles<lb/>
meinetwillen, meinen ſie doch! ‒‒ Jch kann ſie<lb/>
wol nimmer dafuͤr belohnen! ‒‒ Denken ſie<lb/>
nicht weiter an mich, ich bitte ſie ‒‒ Wie koͤn-<lb/>
nen ſie noch Geduld mit mir haben? ‒‒ Nichts<lb/>
haben ſie ihrer eigenen Auffuͤhrung zu danken,<lb/>
denke ich! Nichts ihren Gegenausforderungen!<lb/>
Nichts ihrer Entſchlieſſung, die ſie mehr als<lb/>
einmal erklaͤret haben, daß ſie mit einer Fami-<lb/>
lie durchaus verwand ſeyn wollten, ohne ſich<lb/>ſo weit herunter zu laſſen, daß ſie dieſe Ver-<lb/>
bindung auf eine geziemende Art zu ſuchen daͤch-<lb/>
ten. Nichts den Mitteln, die ſie angewand<lb/>
haben, weswegen ſie jederman tadelte, und<lb/>
woruͤber ſie es doch nicht der Muͤhe werth ach-<lb/>
teten, ſich zu rechtfertigen. Haͤtte ich nicht ge-<lb/>
glaubt, daß man ihnen auf eine unanſtaͤndige<lb/>
Art begegnet waͤre, wie ich ihnen ſchon ge-<lb/>ſagt, nimmer haͤtte ich mich mit ihnen in ei-<lb/>
nen Briefwechſel eingelaſſen. <noteplace="foot"n="(*)">Siehe Th. <hirendition="#aq">III.</hi> S. 64.</note> Der Brief-<lb/>
wechſel machte ſie, in ihren Gedanken, ſi-<lb/>
cher, und ſie trotzten nach ihrer Grosmuth mei-<lb/>
nen Verwandten deſto mehr. Dies erweckte,<lb/>
(vielleicht nicht unverſchuldet) meines Vaters<lb/>
Unwillen gegen mich, ohne welchen es meinem<lb/>
Bruder, bei ſeinem beſondern Haß, und eigen-<lb/>
nuͤtzigen Abſichten, an einem rechtmaͤßigen Vor-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">wande</fw><lb/></p></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[51/0059]
ſter unter demſelben Dache ein ertraͤgliches Le-
ben fuͤhren werden?
O Herr Lovelace! Herr Lovelace! was
haben ſie fuͤr Leiden ausgeſtanden? Und alles
meinetwillen, meinen ſie doch! ‒ ‒ Jch kann ſie
wol nimmer dafuͤr belohnen! ‒ ‒ Denken ſie
nicht weiter an mich, ich bitte ſie ‒ ‒ Wie koͤn-
nen ſie noch Geduld mit mir haben? ‒ ‒ Nichts
haben ſie ihrer eigenen Auffuͤhrung zu danken,
denke ich! Nichts ihren Gegenausforderungen!
Nichts ihrer Entſchlieſſung, die ſie mehr als
einmal erklaͤret haben, daß ſie mit einer Fami-
lie durchaus verwand ſeyn wollten, ohne ſich
ſo weit herunter zu laſſen, daß ſie dieſe Ver-
bindung auf eine geziemende Art zu ſuchen daͤch-
ten. Nichts den Mitteln, die ſie angewand
haben, weswegen ſie jederman tadelte, und
woruͤber ſie es doch nicht der Muͤhe werth ach-
teten, ſich zu rechtfertigen. Haͤtte ich nicht ge-
glaubt, daß man ihnen auf eine unanſtaͤndige
Art begegnet waͤre, wie ich ihnen ſchon ge-
ſagt, nimmer haͤtte ich mich mit ihnen in ei-
nen Briefwechſel eingelaſſen. (*) Der Brief-
wechſel machte ſie, in ihren Gedanken, ſi-
cher, und ſie trotzten nach ihrer Grosmuth mei-
nen Verwandten deſto mehr. Dies erweckte,
(vielleicht nicht unverſchuldet) meines Vaters
Unwillen gegen mich, ohne welchen es meinem
Bruder, bei ſeinem beſondern Haß, und eigen-
nuͤtzigen Abſichten, an einem rechtmaͤßigen Vor-
wande
(*) Siehe Th. III. S. 64.
D 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/59>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.