lichkeit, durch ihr eignes Beispiel, und durch nachsolgende Erinnerungen, die sie mir bei Ge- legenheit, wiewol in geheim, machte.
"Wolan, liebes Kind, sollen wir Sie bei "ihrem Worte halten? Sollen wir glauben, "daß Sie nur ganz mittelmäßig singen? Jst "aber die Gefälligkeit, eine so würdige Gesell- "schaft zu verbinden, nicht der Geschick- "lichkeit im Singen vorzuziehen? Und soll "ein junges Frauenzimmer sich nicht bemühen, "einen Mangel ihrer Erziehung dadurch gut zu "machen, daß sie sich in einer andern Vollkom- "menheit hervorthut?"
Wiederum sagte sie: "Sie müssen wenigstens "einen Versuch machen, um uns zu überzeu- "gen, daß Sie nicht singen können; und "dann wollen wir Jhnen so wenig jetzo als "künftig mit unserm Bitten weiter beschwerlich "fallen."
Ein andres mal: "Jch weiß, Sie werden "uns den Gefallen gleich thun. Denn was "richten Sie mit ihren Entschuldigungen aus? "Nichts als daß Sie unsre Erwartung vermeh- "ren, und es sich selbst schwerer machen, sie zu "vergnügen."
Zu einer andern Zeit: "Jst diese Geschick- "lichkeit nicht ein Theil Jhrer Erziehung, "liebste Freundinn? Wie sollen wir denn, oh- "ne Jhnen zunahe zu thun, Jhre Entschuldi- "gungen erklären?"
Einst
lichkeit, durch ihr eignes Beiſpiel, und durch nachſolgende Erinnerungen, die ſie mir bei Ge- legenheit, wiewol in geheim, machte.
„Wolan, liebes Kind, ſollen wir Sie bei „ihrem Worte halten? Sollen wir glauben, „daß Sie nur ganz mittelmaͤßig ſingen? Jſt „aber die Gefaͤlligkeit, eine ſo wuͤrdige Geſell- „ſchaft zu verbinden, nicht der Geſchick- „lichkeit im Singen vorzuziehen? Und ſoll „ein junges Frauenzimmer ſich nicht bemuͤhen, „einen Mangel ihrer Erziehung dadurch gut zu „machen, daß ſie ſich in einer andern Vollkom- „menheit hervorthut?”
Wiederum ſagte ſie: „Sie muͤſſen wenigſtens „einen Verſuch machen, um uns zu uͤberzeu- „gen, daß Sie nicht ſingen koͤnnen; und „dann wollen wir Jhnen ſo wenig jetzo als „kuͤnftig mit unſerm Bitten weiter beſchwerlich „fallen.”
Ein andres mal: „Jch weiß, Sie werden „uns den Gefallen gleich thun. Denn was „richten Sie mit ihren Entſchuldigungen aus? „Nichts als daß Sie unſre Erwartung vermeh- „ren, und es ſich ſelbſt ſchwerer machen, ſie zu „vergnuͤgen.”
Zu einer andern Zeit: „Jſt dieſe Geſchick- „lichkeit nicht ein Theil Jhrer Erziehung, „liebſte Freundinn? Wie ſollen wir denn, oh- „ne Jhnen zunahe zu thun, Jhre Entſchuldi- „gungen erklaͤren?”
Einſt
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lichkeit, durch ihr eignes Beiſpiel, und durch
nachſolgende Erinnerungen, die ſie mir bei Ge-
legenheit, wiewol in geheim, machte.
„Wolan, liebes Kind, ſollen wir Sie bei
„ihrem Worte halten? Sollen wir glauben,
„daß Sie nur ganz mittelmaͤßig ſingen? Jſt
„aber die Gefaͤlligkeit, eine ſo wuͤrdige Geſell-
„ſchaft zu verbinden, nicht der Geſchick-
„lichkeit im Singen vorzuziehen? Und ſoll
„ein junges Frauenzimmer ſich nicht bemuͤhen,
„einen Mangel ihrer Erziehung dadurch gut zu
„machen, daß ſie ſich in einer andern Vollkom-
„menheit hervorthut?”
Wiederum ſagte ſie: „Sie muͤſſen wenigſtens
„einen Verſuch machen, um uns zu uͤberzeu-
„gen, daß Sie nicht ſingen koͤnnen; und
„dann wollen wir Jhnen ſo wenig jetzo als
„kuͤnftig mit unſerm Bitten weiter beſchwerlich
„fallen.”
Ein andres mal: „Jch weiß, Sie werden
„uns den Gefallen gleich thun. Denn was
„richten Sie mit ihren Entſchuldigungen aus?
„Nichts als daß Sie unſre Erwartung vermeh-
„ren, und es ſich ſelbſt ſchwerer machen, ſie zu
„vergnuͤgen.”
Zu einer andern Zeit: „Jſt dieſe Geſchick-
„lichkeit nicht ein Theil Jhrer Erziehung,
„liebſte Freundinn? Wie ſollen wir denn, oh-
„ne Jhnen zunahe zu thun, Jhre Entſchuldi-
„gungen erklaͤren?”
Einſt
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/295>, abgerufen am 16.07.2024.
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