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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

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wie der ihrige allerdings war, indem sie so
würdige Aeltern und Verwandten um ei-
nen so niederträchtigen Menschen, als Herr
Lovelace ist, verließ. Doch was soll man
sagen? Sagt uns nicht der göttliche Vir-
gil:

Improbe Amor, quid non mortalia pecto-
ra cogis?

Jch meines Theils war nur gar zu sehr in
Sorgen, (denn wir haben, wie Ew. Hochwol-
gebohren leicht denken können, auf Akade-
mien grosse Gelegenheiten,
die mensch-
liche Natur
aus Büchern zu kennen, wel-
che die stille Frucht der Weisheit weiser
Männer
sind, wie ich es wol nennen mag,
(Haurit aquam cribro, qui discere vult
sine libro)

ohne von dem Geräusch und den Eitelkeiten
unterbrochen
zu werden, welche sich in den
persönlichen Umgang mischen, den man (in
dieser unruhigen Welt) nicht geniessen kann,
als bei einem Glase Wein, wo man hun-
dert närrische Dinge
gegen eines höret, das
angemerket zu werden verdienet. Jch, sage ich,
war nur gar zu sehr in Sorgen, daß einem so
grossen Fehltrit
noch grössere und ärgere
folgen möchten. Denn Dero Horaz und
mein Horaz, der angenehmste Scribent, der
je unter den Heiden gelebet hat, (in der Ly-
rischen Art der Dichtkunst
zu sagen; Denn
sonst müßten freilich Homer und Virgil in

ihrer
Q 5



wie der ihrige allerdings war, indem ſie ſo
wuͤrdige Aeltern und Verwandten um ei-
nen ſo niedertraͤchtigen Menſchen, als Herr
Lovelace iſt, verließ. Doch was ſoll man
ſagen? Sagt uns nicht der goͤttliche Vir-
gil:

Improbe Amor, quid non mortalia pecto-
ra cogis?

Jch meines Theils war nur gar zu ſehr in
Sorgen, (denn wir haben, wie Ew. Hochwol-
gebohren leicht denken koͤnnen, auf Akade-
mien groſſe Gelegenheiten,
die menſch-
liche Natur
aus Buͤchern zu kennen, wel-
che die ſtille Frucht der Weisheit weiſer
Maͤnner
ſind, wie ich es wol nennen mag,
(Haurit aquam cribro, qui diſcere vult
ſine libro)

ohne von dem Geraͤuſch und den Eitelkeiten
unterbrochen
zu werden, welche ſich in den
perſoͤnlichen Umgang miſchen, den man (in
dieſer unruhigen Welt) nicht genieſſen kann,
als bei einem Glaſe Wein, wo man hun-
dert naͤrriſche Dinge
gegen eines hoͤret, das
angemerket zu werden verdienet. Jch, ſage ich,
war nur gar zu ſehr in Sorgen, daß einem ſo
groſſen Fehltrit
noch groͤſſere und aͤrgere
folgen moͤchten. Denn Dero Horaz und
mein Horaz, der angenehmſte Scribent, der
je unter den Heiden gelebet hat, (in der Ly-
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zu ſagen; Denn
ſonſt muͤßten freilich Homer und Virgil in

ihrer
Q 5
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[249/0257] wie der ihrige allerdings war, indem ſie ſo wuͤrdige Aeltern und Verwandten um ei- nen ſo niedertraͤchtigen Menſchen, als Herr Lovelace iſt, verließ. Doch was ſoll man ſagen? Sagt uns nicht der goͤttliche Vir- gil: Improbe Amor, quid non mortalia pecto- ra cogis? Jch meines Theils war nur gar zu ſehr in Sorgen, (denn wir haben, wie Ew. Hochwol- gebohren leicht denken koͤnnen, auf Akade- mien groſſe Gelegenheiten, die menſch- liche Natur aus Buͤchern zu kennen, wel- che die ſtille Frucht der Weisheit weiſer Maͤnner ſind, wie ich es wol nennen mag, (Haurit aquam cribro, qui diſcere vult ſine libro) ohne von dem Geraͤuſch und den Eitelkeiten unterbrochen zu werden, welche ſich in den perſoͤnlichen Umgang miſchen, den man (in dieſer unruhigen Welt) nicht genieſſen kann, als bei einem Glaſe Wein, wo man hun- dert naͤrriſche Dinge gegen eines hoͤret, das angemerket zu werden verdienet. Jch, ſage ich, war nur gar zu ſehr in Sorgen, daß einem ſo groſſen Fehltrit noch groͤſſere und aͤrgere folgen moͤchten. Denn Dero Horaz und mein Horaz, der angenehmſte Scribent, der je unter den Heiden gelebet hat, (in der Ly- riſchen Art der Dichtkunſt zu ſagen; Denn ſonſt muͤßten freilich Homer und Virgil in ihrer Q 5

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/257>, abgerufen am 22.11.2024.