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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

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einem unschätzbaren Werth würde dann solch
ein Brief, wie der meinige, gehalten wer-
den? Und wer weiß, ob nicht dieser Lord
(der noch am Leben ist) wenn er einen Brief,
der mit einer solchen Kette von Edelge-
steinen
glänzet, zu Gesicht bekommen sollte,
den Verfasser in seine Dienste nehmen wür-
de, um ihn immer bei der Hand zu haben;
und auf die Art ein Mittel abgäbe, auf eine
oder andre Art, bekannt zu werden? Und ich
nehme mir die Freiheit zu sagen, daß (in die-
ser jetzigen argen Welt) ein Mann von gründ-
licher Gelehrsamkeit,
nur eine solche Em-
pfelung
gebrauchet, um sein Glück zu machen.

Jch hoffe, werthester Freund, daß die Fräu-
lein nicht sterben wird. Denn es würde mir
sehr nahe gehen, um so viel mehr, weil ich
unglücklicher Weise ihre Aufführung nach-
theilig
beschrieben habe. Sie würden, nebst
ihren Aeltern und Verwandten, sich die
Sache aus eben dem Grunde, zu Gemüthe zie-
hen. Es sind in der That sehr reiche und
sehr würdige Edelleute!

Jch muß Jhnen aber gleich sagen, sie hat-
ten die Sache gegen die Fräulein so weit ge-
trieben, daß ich in meinem Herzen versichert
bin, wie lieb es ihnen gewesen seyn muß, in
meinem Bericht ihre Rechtfertigung zu fin-
den; und daß sie würden weniger mit mir
zufrieden gewesen seyn, wenn ich vortheil-
haft
berichtet hätte, da sie sie doch in ihren

Herzen



einem unſchaͤtzbaren Werth wuͤrde dann ſolch
ein Brief, wie der meinige, gehalten wer-
den? Und wer weiß, ob nicht dieſer Lord
(der noch am Leben iſt) wenn er einen Brief,
der mit einer ſolchen Kette von Edelge-
ſteinen
glaͤnzet, zu Geſicht bekommen ſollte,
den Verfaſſer in ſeine Dienſte nehmen wuͤr-
de, um ihn immer bei der Hand zu haben;
und auf die Art ein Mittel abgaͤbe, auf eine
oder andre Art, bekannt zu werden? Und ich
nehme mir die Freiheit zu ſagen, daß (in die-
ſer jetzigen argen Welt) ein Mann von gruͤnd-
licher Gelehrſamkeit,
nur eine ſolche Em-
pfelung
gebrauchet, um ſein Gluͤck zu machen.

Jch hoffe, wertheſter Freund, daß die Fraͤu-
lein nicht ſterben wird. Denn es wuͤrde mir
ſehr nahe gehen, um ſo viel mehr, weil ich
ungluͤcklicher Weiſe ihre Auffuͤhrung nach-
theilig
beſchrieben habe. Sie wuͤrden, nebſt
ihren Aeltern und Verwandten, ſich die
Sache aus eben dem Grunde, zu Gemuͤthe zie-
hen. Es ſind in der That ſehr reiche und
ſehr wuͤrdige Edelleute!

Jch muß Jhnen aber gleich ſagen, ſie hat-
ten die Sache gegen die Fraͤulein ſo weit ge-
trieben, daß ich in meinem Herzen verſichert
bin, wie lieb es ihnen geweſen ſeyn muß, in
meinem Bericht ihre Rechtfertigung zu fin-
den; und daß ſie wuͤrden weniger mit mir
zufrieden geweſen ſeyn, wenn ich vortheil-
haft
berichtet haͤtte, da ſie ſie doch in ihren

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[240/0248] einem unſchaͤtzbaren Werth wuͤrde dann ſolch ein Brief, wie der meinige, gehalten wer- den? Und wer weiß, ob nicht dieſer Lord (der noch am Leben iſt) wenn er einen Brief, der mit einer ſolchen Kette von Edelge- ſteinen glaͤnzet, zu Geſicht bekommen ſollte, den Verfaſſer in ſeine Dienſte nehmen wuͤr- de, um ihn immer bei der Hand zu haben; und auf die Art ein Mittel abgaͤbe, auf eine oder andre Art, bekannt zu werden? Und ich nehme mir die Freiheit zu ſagen, daß (in die- ſer jetzigen argen Welt) ein Mann von gruͤnd- licher Gelehrſamkeit, nur eine ſolche Em- pfelung gebrauchet, um ſein Gluͤck zu machen. Jch hoffe, wertheſter Freund, daß die Fraͤu- lein nicht ſterben wird. Denn es wuͤrde mir ſehr nahe gehen, um ſo viel mehr, weil ich ungluͤcklicher Weiſe ihre Auffuͤhrung nach- theilig beſchrieben habe. Sie wuͤrden, nebſt ihren Aeltern und Verwandten, ſich die Sache aus eben dem Grunde, zu Gemuͤthe zie- hen. Es ſind in der That ſehr reiche und ſehr wuͤrdige Edelleute! Jch muß Jhnen aber gleich ſagen, ſie hat- ten die Sache gegen die Fraͤulein ſo weit ge- trieben, daß ich in meinem Herzen verſichert bin, wie lieb es ihnen geweſen ſeyn muß, in meinem Bericht ihre Rechtfertigung zu fin- den; und daß ſie wuͤrden weniger mit mir zufrieden geweſen ſeyn, wenn ich vortheil- haft berichtet haͤtte, da ſie ſie doch in ihren Herzen

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/248>, abgerufen am 22.11.2024.