da er seinen Unwillen gegen ihre Verwandten ausgedrückt hatte, weil sie sich etwas eingebildet; ei- ne Sache, die, wie er vorgiebt, seine ganze Seele wider sie aufge- bracht hätte, daß sie sich derglei- chen zu denken unterstanden.
Aber habe ich nicht Ursache, sagt er, böse zu seyn, daß sie diese meine Zärtlichkeit nicht rühmet, da sie so hurtig ist, mich für jedes Ver- sehen in Kleinigkeiten zur Rechenschaft zu zie- hen? Jnzwischen kann ich sie, denke ich, ent- schuldigen, wenn ich grosmüthig überlege, (denn grosmüthig bin ich, das ist sicher, weil es ge- gen mich selbst gehet) daß, weil ihr Gemüth die Quintessenz von aller Zärtlichkeit ist, ihr der geringste Mangel derselben anstößig seyn muß; denn was mir so sehr ausserordentlich vorkommt, wenn ich es finde, das ist ihr zu bekannt, als daß sie es, als etwas ausserordentliches, bemer- ken sollte.
Er bildet sich auf seine Geschichte von dem Hause, und der jungen Wit- we etwas ein, die die Eigenthü- merin davon wäre, und welche er Fretchville nennet. Er lässet den Herrn Belford im Zweifel, ob es etwas würkliches oder erdichtetes ist.
Er meldet seine verschiednen Vorschlä- ge, die er wegen der Trauung mit
solchem
da er ſeinen Unwillen gegen ihre Verwandten ausgedruͤckt hatte, weil ſie ſich etwas eingebildet; ei- ne Sache, die, wie er vorgiebt, ſeine ganze Seele wider ſie aufge- bracht haͤtte, daß ſie ſich derglei- chen zu denken unterſtanden.
Aber habe ich nicht Urſache, ſagt er, boͤſe zu ſeyn, daß ſie dieſe meine Zaͤrtlichkeit nicht ruͤhmet, da ſie ſo hurtig iſt, mich fuͤr jedes Ver- ſehen in Kleinigkeiten zur Rechenſchaft zu zie- hen? Jnzwiſchen kann ich ſie, denke ich, ent- ſchuldigen, wenn ich grosmuͤthig uͤberlege, (denn grosmuͤthig bin ich, das iſt ſicher, weil es ge- gen mich ſelbſt gehet) daß, weil ihr Gemuͤth die Quinteſſenz von aller Zaͤrtlichkeit iſt, ihr der geringſte Mangel derſelben anſtoͤßig ſeyn muß; denn was mir ſo ſehr auſſerordentlich vorkommt, wenn ich es finde, das iſt ihr zu bekannt, als daß ſie es, als etwas auſſerordentliches, bemer- ken ſollte.
Er bildet ſich auf ſeine Geſchichte von dem Hauſe, und der jungen Wit- we etwas ein, die die Eigenthuͤ- merin davon waͤre, und welche er Fretchville nennet. Er laͤſſet den Herrn Belford im Zweifel, ob es etwas wuͤrkliches oder erdichtetes iſt.
Er meldet ſeine verſchiednen Vorſchlaͤ- ge, die er wegen der Trauung mit
ſolchem
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[108/0116]
da er ſeinen Unwillen gegen ihre
Verwandten ausgedruͤckt hatte,
weil ſie ſich etwas eingebildet; ei-
ne Sache, die, wie er vorgiebt,
ſeine ganze Seele wider ſie aufge-
bracht haͤtte, daß ſie ſich derglei-
chen zu denken unterſtanden.
Aber habe ich nicht Urſache, ſagt er, boͤſe
zu ſeyn, daß ſie dieſe meine Zaͤrtlichkeit nicht
ruͤhmet, da ſie ſo hurtig iſt, mich fuͤr jedes Ver-
ſehen in Kleinigkeiten zur Rechenſchaft zu zie-
hen? Jnzwiſchen kann ich ſie, denke ich, ent-
ſchuldigen, wenn ich grosmuͤthig uͤberlege, (denn
grosmuͤthig bin ich, das iſt ſicher, weil es ge-
gen mich ſelbſt gehet) daß, weil ihr Gemuͤth
die Quinteſſenz von aller Zaͤrtlichkeit iſt, ihr der
geringſte Mangel derſelben anſtoͤßig ſeyn muß;
denn was mir ſo ſehr auſſerordentlich vorkommt,
wenn ich es finde, das iſt ihr zu bekannt, als
daß ſie es, als etwas auſſerordentliches, bemer-
ken ſollte.
Er bildet ſich auf ſeine Geſchichte von
dem Hauſe, und der jungen Wit-
we etwas ein, die die Eigenthuͤ-
merin davon waͤre, und welche er
Fretchville nennet. Er laͤſſet den
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Er meldet ſeine verſchiednen Vorſchlaͤ-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/116>, abgerufen am 16.07.2024.
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