O! mein Herr, fuhr sie fort, ich bin jämmer- lich gequälet worden. Jhr Freund, der mich nicht mit Ehren leben lassen wollte, will mich nicht in Friede sterben lassen - - Sie sehen, wie ich mich befinde - - Jst nicht eine große Verände- rung in dieser Woche mit mir vorgegangen? - - Aber es dienet alles zum Besten. - - Jedoch, wenn ich mir das Leben wünschen sollte, müßte ich sagen, daß ihr Freund, ihr unmenschlicher Freund, mir großen Schaden gethan hat.
Sie war so gar schwach, so kurz von Athem, und ihre Worte und die Art, womit sie sie vor- brachte, waren so sehr beweglich, daß ich genö- thigt ward, von ihr wegzuspatzieren. Die bey- den Frauen und ihre Wärterinn wandten auch ihre Gesichter weg und weinten.
Jch, gnadige Fräulein, versetzte ich, habe seit der Zeit, da ich sie gesehen, das traurigste Schau- spiel verschiedne Tage nach einander vor Augen gehabt. Mein armer Freund Belton ist nicht mehr am Leben. Er verschied gestern frühe in so schrecklicher Todesangst, daß der Eindruck, den es in mir zurückgelassen, mein Gemüth so geschwä- chet hat - - Jch wollte sie nicht gern auf die Gedanken bringen, daß meine Betrübniß von der Schwachheit, worinn ich sie sahe, herrührte, aus Furcht, ich möchte dadurch ihren Muth nieder- schlagen.
Das dienet nur dazu, Herr Belford, fiel sie mir in die Rede, daß es gestärket werde: wo- fern der Eindruck gehörig angewandt wird - -
Es
O! mein Herr, fuhr ſie fort, ich bin jaͤmmer- lich gequaͤlet worden. Jhr Freund, der mich nicht mit Ehren leben laſſen wollte, will mich nicht in Friede ſterben laſſen ‒ ‒ Sie ſehen, wie ich mich befinde ‒ ‒ Jſt nicht eine große Veraͤnde- rung in dieſer Woche mit mir vorgegangen? ‒ ‒ Aber es dienet alles zum Beſten. ‒ ‒ Jedoch, wenn ich mir das Leben wuͤnſchen ſollte, muͤßte ich ſagen, daß ihr Freund, ihr unmenſchlicher Freund, mir großen Schaden gethan hat.
Sie war ſo gar ſchwach, ſo kurz von Athem, und ihre Worte und die Art, womit ſie ſie vor- brachte, waren ſo ſehr beweglich, daß ich genoͤ- thigt ward, von ihr wegzuſpatzieren. Die bey- den Frauen und ihre Waͤrterinn wandten auch ihre Geſichter weg und weinten.
Jch, gnadige Fraͤulein, verſetzte ich, habe ſeit der Zeit, da ich ſie geſehen, das traurigſte Schau- ſpiel verſchiedne Tage nach einander vor Augen gehabt. Mein armer Freund Belton iſt nicht mehr am Leben. Er verſchied geſtern fruͤhe in ſo ſchrecklicher Todesangſt, daß der Eindruck, den es in mir zuruͤckgelaſſen, mein Gemuͤth ſo geſchwaͤ- chet hat ‒ ‒ Jch wollte ſie nicht gern auf die Gedanken bringen, daß meine Betruͤbniß von der Schwachheit, worinn ich ſie ſahe, herruͤhrte, aus Furcht, ich moͤchte dadurch ihren Muth nieder- ſchlagen.
Das dienet nur dazu, Herr Belford, fiel ſie mir in die Rede, daß es geſtaͤrket werde: wo- fern der Eindruck gehoͤrig angewandt wird ‒ ‒
Es
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O! mein Herr, fuhr ſie fort, ich bin jaͤmmer-
lich gequaͤlet worden. Jhr Freund, der mich
nicht mit Ehren leben laſſen wollte, will mich nicht
in Friede ſterben laſſen ‒ ‒ Sie ſehen, wie ich
mich befinde ‒ ‒ Jſt nicht eine große Veraͤnde-
rung in dieſer Woche mit mir vorgegangen? ‒ ‒
Aber es dienet alles zum Beſten. ‒ ‒ Jedoch,
wenn ich mir das Leben wuͤnſchen ſollte, muͤßte ich
ſagen, daß ihr Freund, ihr unmenſchlicher Freund,
mir großen Schaden gethan hat.
Sie war ſo gar ſchwach, ſo kurz von Athem,
und ihre Worte und die Art, womit ſie ſie vor-
brachte, waren ſo ſehr beweglich, daß ich genoͤ-
thigt ward, von ihr wegzuſpatzieren. Die bey-
den Frauen und ihre Waͤrterinn wandten auch
ihre Geſichter weg und weinten.
Jch, gnadige Fraͤulein, verſetzte ich, habe ſeit
der Zeit, da ich ſie geſehen, das traurigſte Schau-
ſpiel verſchiedne Tage nach einander vor Augen
gehabt. Mein armer Freund Belton iſt nicht
mehr am Leben. Er verſchied geſtern fruͤhe in ſo
ſchrecklicher Todesangſt, daß der Eindruck, den es
in mir zuruͤckgelaſſen, mein Gemuͤth ſo geſchwaͤ-
chet hat ‒ ‒ Jch wollte ſie nicht gern auf die
Gedanken bringen, daß meine Betruͤbniß von der
Schwachheit, worinn ich ſie ſahe, herruͤhrte, aus
Furcht, ich moͤchte dadurch ihren Muth nieder-
ſchlagen.
Das dienet nur dazu, Herr Belford, fiel ſie
mir in die Rede, daß es geſtaͤrket werde: wo-
fern der Eindruck gehoͤrig angewandt wird ‒ ‒
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/88>, abgerufen am 22.11.2024.
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