An Herrn Wilhelm Morden, als ein Einschluß von dem Obigen.
München, den ten Nov.
Mein Herr.
Jch habe mit ziemlicher Verwunderung gehöret, daß Sie für gut befunden haben, einige dro- hende Ausdrückungen gegen mich auszustossen.
Es würde mir sehr lieb gewesen seyn, wenn Sie geglaubt hätten, daß ich wegen des Unrechts, das ich dem vortrefflichsten Frauenzimmer gethan habe, in meinem eigenen Gemüthe Strafe genug hätte; und wenn es möglich gewesen wäre, daß zwo Personen, die eine so eifrige Liebe gegen eine und eben dieselbe Person hegten; sonderlich da ich gern nach meinem äußersten Vermögen das gethane Unrecht ersetzen wollte; mit einander, wo nicht als Freunde, dennoch auf eine solche Art, ge- lebt hätten, daß keiner von beyden in den Ver- druß gesetzt wäre, von Drohungen zu hören, die in seiner Abwesenheit wider ihn ausgestossen wor- den; welche ein jeder von beyden billig verachten müßte, wenn er nicht geneigt wäre, darauf zu merken.
Wofern nun, mein Herr, das, was ich gehö- ret habe, bloß von einer hitzigen Gemüthsart, oder von einem aufsteigenden Zorn, da noch der Verlust, welcher mir unter allen, die ich jemals ge-
litten,
Siebenter Theil. H h h
An Herrn Wilhelm Morden, als ein Einſchluß von dem Obigen.
Muͤnchen, den ten Nov.
Mein Herr.
Jch habe mit ziemlicher Verwunderung gehoͤret, daß Sie fuͤr gut befunden haben, einige dro- hende Ausdruͤckungen gegen mich auszuſtoſſen.
Es wuͤrde mir ſehr lieb geweſen ſeyn, wenn Sie geglaubt haͤtten, daß ich wegen des Unrechts, das ich dem vortrefflichſten Frauenzimmer gethan habe, in meinem eigenen Gemuͤthe Strafe genug haͤtte; und wenn es moͤglich geweſen waͤre, daß zwo Perſonen, die eine ſo eifrige Liebe gegen eine und eben dieſelbe Perſon hegten; ſonderlich da ich gern nach meinem aͤußerſten Vermoͤgen das gethane Unrecht erſetzen wollte; mit einander, wo nicht als Freunde, dennoch auf eine ſolche Art, ge- lebt haͤtten, daß keiner von beyden in den Ver- druß geſetzt waͤre, von Drohungen zu hoͤren, die in ſeiner Abweſenheit wider ihn ausgeſtoſſen wor- den; welche ein jeder von beyden billig verachten muͤßte, wenn er nicht geneigt waͤre, darauf zu merken.
Wofern nun, mein Herr, das, was ich gehoͤ- ret habe, bloß von einer hitzigen Gemuͤthsart, oder von einem aufſteigenden Zorn, da noch der Verluſt, welcher mir unter allen, die ich jemals ge-
litten,
Siebenter Theil. H h h
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An Herrn Wilhelm Morden,
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Einſchluß von dem Obigen.
Muͤnchen, den [FORMEL]ten Nov.
Mein Herr.
Jch habe mit ziemlicher Verwunderung gehoͤret,
daß Sie fuͤr gut befunden haben, einige dro-
hende Ausdruͤckungen gegen mich auszuſtoſſen.
Es wuͤrde mir ſehr lieb geweſen ſeyn, wenn
Sie geglaubt haͤtten, daß ich wegen des Unrechts,
das ich dem vortrefflichſten Frauenzimmer gethan
habe, in meinem eigenen Gemuͤthe Strafe genug
haͤtte; und wenn es moͤglich geweſen waͤre, daß
zwo Perſonen, die eine ſo eifrige Liebe gegen eine
und eben dieſelbe Perſon hegten; ſonderlich da
ich gern nach meinem aͤußerſten Vermoͤgen das
gethane Unrecht erſetzen wollte; mit einander, wo
nicht als Freunde, dennoch auf eine ſolche Art, ge-
lebt haͤtten, daß keiner von beyden in den Ver-
druß geſetzt waͤre, von Drohungen zu hoͤren, die
in ſeiner Abweſenheit wider ihn ausgeſtoſſen wor-
den; welche ein jeder von beyden billig verachten
muͤßte, wenn er nicht geneigt waͤre, darauf zu
merken.
Wofern nun, mein Herr, das, was ich gehoͤ-
ret habe, bloß von einer hitzigen Gemuͤthsart,
oder von einem aufſteigenden Zorn, da noch der
Verluſt, welcher mir unter allen, die ich jemals ge-
litten,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 849. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/855>, abgerufen am 22.11.2024.
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