geheuchelt Jhre vorige und gegenwärtige Gesin- nung gegen das ledige und das eheliche Leben schrei- ben. Wo die Fräulein, von der ich, als der Te- stamentsverweser Jhrer unnachahmlichen Freun- dinn so geehret werde, Fehler hat: so sind gewiß niemals Fehler so liebenswürdig an einem Frauen- zimmer gewesen! - - Wie viel liebenswürdiger sind sie, in der That, als die Tugenden vieler von Jhrem Geschlechte!
Jn die Hände eines solchen Frauenzimmers, hätte ich es wohl wagen können, den Brief des Obristen ohne Abschrift, oder Auslassung einer Stelle, gelangen zu lassen. Dieser würdige Ca- vallier bewundert Sie ausnehmend: und seine Warnung ist bloß die Wirkung seiner Höflichkeit und Achtung gegen Sie gewesen.
Jch übersende Jhnen, gnädige Fräulein, ei- nen Brief von dem Lord M. an mich, und die Abschriften von dreyen andern, die jenem zu Fol- ge geschrieben sind. Aus diesen werden Sie des Herrn Lovelacens Abreise von England, und an- dere Umstände, die Sie zu wissen begierig seyn werden, ersehen.
Haben Sie die Güte, von ihrem Jnhalt das- jenige bey sich zu behalten, was Sie nach Jhrer eignen Klugheit für etwas halten werden, das sonst niemand sehen muß.
Jch bin, gnädige Fräulein, mit der tiefesten und dankgeflissensten Ehrfurcht
Jhr getreuer und verbundenst gehorsamster Diener, Johann Belford.
Der
geheuchelt Jhre vorige und gegenwaͤrtige Geſin- nung gegen das ledige und das eheliche Leben ſchrei- ben. Wo die Fraͤulein, von der ich, als der Te- ſtamentsverweſer Jhrer unnachahmlichen Freun- dinn ſo geehret werde, Fehler hat: ſo ſind gewiß niemals Fehler ſo liebenswuͤrdig an einem Frauen- zimmer geweſen! ‒ ‒ Wie viel liebenswuͤrdiger ſind ſie, in der That, als die Tugenden vieler von Jhrem Geſchlechte!
Jn die Haͤnde eines ſolchen Frauenzimmers, haͤtte ich es wohl wagen koͤnnen, den Brief des Obriſten ohne Abſchrift, oder Auslaſſung einer Stelle, gelangen zu laſſen. Dieſer wuͤrdige Ca- vallier bewundert Sie ausnehmend: und ſeine Warnung iſt bloß die Wirkung ſeiner Hoͤflichkeit und Achtung gegen Sie geweſen.
Jch uͤberſende Jhnen, gnaͤdige Fraͤulein, ei- nen Brief von dem Lord M. an mich, und die Abſchriften von dreyen andern, die jenem zu Fol- ge geſchrieben ſind. Aus dieſen werden Sie des Herrn Lovelacens Abreiſe von England, und an- dere Umſtaͤnde, die Sie zu wiſſen begierig ſeyn werden, erſehen.
Haben Sie die Guͤte, von ihrem Jnhalt das- jenige bey ſich zu behalten, was Sie nach Jhrer eignen Klugheit fuͤr etwas halten werden, das ſonſt niemand ſehen muß.
Jch bin, gnaͤdige Fraͤulein, mit der tiefeſten und dankgefliſſenſten Ehrfurcht
Jhr getreuer und verbundenſt gehorſamſter Diener, Johann Belford.
Der
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geheuchelt Jhre vorige und gegenwaͤrtige Geſin-
nung gegen das ledige und das eheliche Leben ſchrei-
ben. Wo die Fraͤulein, von der ich, als der Te-
ſtamentsverweſer Jhrer unnachahmlichen Freun-
dinn ſo geehret werde, Fehler hat: ſo ſind gewiß
niemals Fehler ſo liebenswuͤrdig an einem Frauen-
zimmer geweſen! ‒ ‒ Wie viel liebenswuͤrdiger
ſind ſie, in der That, als die Tugenden vieler von
Jhrem Geſchlechte!
Jn die Haͤnde eines ſolchen Frauenzimmers,
haͤtte ich es wohl wagen koͤnnen, den Brief des
Obriſten ohne Abſchrift, oder Auslaſſung einer
Stelle, gelangen zu laſſen. Dieſer wuͤrdige Ca-
vallier bewundert Sie ausnehmend: und ſeine
Warnung iſt bloß die Wirkung ſeiner Hoͤflichkeit
und Achtung gegen Sie geweſen.
Jch uͤberſende Jhnen, gnaͤdige Fraͤulein, ei-
nen Brief von dem Lord M. an mich, und die
Abſchriften von dreyen andern, die jenem zu Fol-
ge geſchrieben ſind. Aus dieſen werden Sie des
Herrn Lovelacens Abreiſe von England, und an-
dere Umſtaͤnde, die Sie zu wiſſen begierig ſeyn
werden, erſehen.
Haben Sie die Guͤte, von ihrem Jnhalt das-
jenige bey ſich zu behalten, was Sie nach Jhrer
eignen Klugheit fuͤr etwas halten werden, das
ſonſt niemand ſehen muß.
Jch bin, gnaͤdige Fraͤulein, mit der tiefeſten
und dankgefliſſenſten Ehrfurcht
Jhr getreuer und verbundenſt gehorſamſter Diener,
Johann Belford.
Der
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 781. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/787>, abgerufen am 29.11.2024.
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