einen so versuchten und getreuen Knecht so willig aus seinen Diensten lassen, und dir erlauben will, deinem neuen Entwurf so ruhig nachzugehen, so daß kein Aergerniß Platz findet, und alle Ver- suchung aufhöret; wenn du endlich, nachdem dei- ne Besserung bewähret und durch die Zeit bewie- sen ist, heyrathest und ein ehrbares Leben führest: - - so kann ich nicht anders sagen, Belford, als daß du gute Hoffnung hast, wo alles dieß Wenn wirklich in Erfüllung gehet, ein glückseliger Mann zu seyn!
Alles, was ich denke, wie ich dir in meinem letzten Schreiben eröffnet, ist dieses, daß der Teu- fel seinen eigenen Vortheil zu gut kennet, dich so leicht wegzulassen. Du sagst mir selbst, daß wir nicht Buße thun können, wenn wir wollen. Und ich habe es in der That so befunden. Denn in meinen guten Zwischenstunden faßte ich gute Ent- schließungen: aber da die Gesundheit mir ihre fröhliche Seite zeigte und mir die Aussicht auf meine Genesung öffnete, stellten sich alle meine alte Neigungen und Begierden wieder ein; und dieser Brief wird dich vielleicht gänzlich überzeu- gen, daß ich ein so wilder Kerl bin, als ich jemals gewesen, oder auf dem Wege bin, es zu seyn.
Du fragst mich sehr ernsthaft, ob nach dem schwachen Abrisse, den du mir gemacht hast, dein neuer Entwurf zu deiner künftigen Lebensart al- len denen, welchen wir so lange nachgegangen sind, nicht unendlich weit vorzuziehen sey? - - Wahrlich, Bruder - - Jch muß mich besin-
nen
einen ſo verſuchten und getreuen Knecht ſo willig aus ſeinen Dienſten laſſen, und dir erlauben will, deinem neuen Entwurf ſo ruhig nachzugehen, ſo daß kein Aergerniß Platz findet, und alle Ver- ſuchung aufhoͤret; wenn du endlich, nachdem dei- ne Beſſerung bewaͤhret und durch die Zeit bewie- ſen iſt, heyratheſt und ein ehrbares Leben fuͤhreſt: ‒ ‒ ſo kann ich nicht anders ſagen, Belford, als daß du gute Hoffnung haſt, wo alles dieß Wenn wirklich in Erfuͤllung gehet, ein gluͤckſeliger Mann zu ſeyn!
Alles, was ich denke, wie ich dir in meinem letzten Schreiben eroͤffnet, iſt dieſes, daß der Teu- fel ſeinen eigenen Vortheil zu gut kennet, dich ſo leicht wegzulaſſen. Du ſagſt mir ſelbſt, daß wir nicht Buße thun koͤnnen, wenn wir wollen. Und ich habe es in der That ſo befunden. Denn in meinen guten Zwiſchenſtunden faßte ich gute Ent- ſchließungen: aber da die Geſundheit mir ihre froͤhliche Seite zeigte und mir die Ausſicht auf meine Geneſung oͤffnete, ſtellten ſich alle meine alte Neigungen und Begierden wieder ein; und dieſer Brief wird dich vielleicht gaͤnzlich uͤberzeu- gen, daß ich ein ſo wilder Kerl bin, als ich jemals geweſen, oder auf dem Wege bin, es zu ſeyn.
Du fragſt mich ſehr ernſthaft, ob nach dem ſchwachen Abriſſe, den du mir gemacht haſt, dein neuer Entwurf zu deiner kuͤnftigen Lebensart al- len denen, welchen wir ſo lange nachgegangen ſind, nicht unendlich weit vorzuziehen ſey? ‒ ‒ Wahrlich, Bruder ‒ ‒ Jch muß mich beſin-
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einen ſo verſuchten und getreuen Knecht ſo willig
aus ſeinen Dienſten laſſen, und dir erlauben will,
deinem neuen Entwurf ſo ruhig nachzugehen, ſo
daß kein Aergerniß Platz findet, und alle Ver-
ſuchung aufhoͤret; wenn du endlich, nachdem dei-
ne Beſſerung bewaͤhret und durch die Zeit bewie-
ſen iſt, heyratheſt und ein ehrbares Leben fuͤhreſt:
‒ ‒ ſo kann ich nicht anders ſagen, Belford, als
daß du gute Hoffnung haſt, wo alles dieß Wenn
wirklich in Erfuͤllung gehet, ein gluͤckſeliger Mann
zu ſeyn!
Alles, was ich denke, wie ich dir in meinem
letzten Schreiben eroͤffnet, iſt dieſes, daß der Teu-
fel ſeinen eigenen Vortheil zu gut kennet, dich ſo
leicht wegzulaſſen. Du ſagſt mir ſelbſt, daß wir
nicht Buße thun koͤnnen, wenn wir wollen. Und
ich habe es in der That ſo befunden. Denn in
meinen guten Zwiſchenſtunden faßte ich gute Ent-
ſchließungen: aber da die Geſundheit mir ihre
froͤhliche Seite zeigte und mir die Ausſicht auf
meine Geneſung oͤffnete, ſtellten ſich alle meine
alte Neigungen und Begierden wieder ein; und
dieſer Brief wird dich vielleicht gaͤnzlich uͤberzeu-
gen, daß ich ein ſo wilder Kerl bin, als ich jemals
geweſen, oder auf dem Wege bin, es zu ſeyn.
Du fragſt mich ſehr ernſthaft, ob nach dem
ſchwachen Abriſſe, den du mir gemacht haſt, dein
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 718. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/724>, abgerufen am 27.11.2024.
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