Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



was ist denn wohl in demselben; und in der That
in der Welt; das werth wäre, deswegen zu le-
ben? - - Allein sollte ich nicht erst durch ein oder
das andere meisterliche Unglück sie und mich an
ihrer verfluchten Familie rächen?

Das verfluchte Weib, sagt man mir, hat ihr
Bein gebrochen. Warum ist es nicht ihr Hals
gewesen? - - Alles, alles, ausgenommen, was
von ihren Verwandten herkommt, ist die Schuld
dieses Weibes und ihrer höllischen Nymphen.
Je größer die Tugend, desto edler der Sieg,
war ein Lehrspruch, den sie ewig im Munde hat-
ten. - - Jch habe es verschiedene male im Sinn
gehabt, das verfluchte Haus in Brand zu stecken
und an den Thüren und Fenstern Wache zu hal-
ten, damit kein einziger Teufel in demselben der
verzehrenden Flamme entgehen möchte. Wäre
das Haus von andern abgesondert gewesen: so
hätte ich es gewiß gethan.

Allein, es scheint, das alte Ungeheur ist auf
dem Wege ihren Lohn, ohne meine Hülfe, zu be-
kommen. Man hat einen entsetzlichen Brief in
Absicht auf sie von jemand bekommen - - Von
euch, vermuthe ich - - Zu entsetzlich für mich, sa-
gen sie, daß ich ihn itzo sehen sollte (*).

Sie regieren mich hier als ein Kind in Leit-
riemen. Jedoch ich habe so viel in meinem Fie-
ber ausgestanden, daß ich sie gern ertrage, bis mir
leidlich wohl seyn wird.

Gegen-
(*) Man sehe den vorhergehenden LXXVIIIten
Brief.



was iſt denn wohl in demſelben; und in der That
in der Welt; das werth waͤre, deswegen zu le-
ben? ‒ ‒ Allein ſollte ich nicht erſt durch ein oder
das andere meiſterliche Ungluͤck ſie und mich an
ihrer verfluchten Familie raͤchen?

Das verfluchte Weib, ſagt man mir, hat ihr
Bein gebrochen. Warum iſt es nicht ihr Hals
geweſen? ‒ ‒ Alles, alles, ausgenommen, was
von ihren Verwandten herkommt, iſt die Schuld
dieſes Weibes und ihrer hoͤlliſchen Nymphen.
Je groͤßer die Tugend, deſto edler der Sieg,
war ein Lehrſpruch, den ſie ewig im Munde hat-
ten. ‒ ‒ Jch habe es verſchiedene male im Sinn
gehabt, das verfluchte Haus in Brand zu ſtecken
und an den Thuͤren und Fenſtern Wache zu hal-
ten, damit kein einziger Teufel in demſelben der
verzehrenden Flamme entgehen moͤchte. Waͤre
das Haus von andern abgeſondert geweſen: ſo
haͤtte ich es gewiß gethan.

Allein, es ſcheint, das alte Ungeheur iſt auf
dem Wege ihren Lohn, ohne meine Huͤlfe, zu be-
kommen. Man hat einen entſetzlichen Brief in
Abſicht auf ſie von jemand bekommen ‒ ‒ Von
euch, vermuthe ich ‒ ‒ Zu entſetzlich fuͤr mich, ſa-
gen ſie, daß ich ihn itzo ſehen ſollte (*).

Sie regieren mich hier als ein Kind in Leit-
riemen. Jedoch ich habe ſo viel in meinem Fie-
ber ausgeſtanden, daß ich ſie gern ertrage, bis mir
leidlich wohl ſeyn wird.

Gegen-
(*) Man ſehe den vorhergehenden LXXVIIIten
Brief.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0691" n="685"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
was i&#x017F;t denn wohl in dem&#x017F;elben; und in der That<lb/>
in der Welt; das werth wa&#x0364;re, deswegen zu le-<lb/>
ben? &#x2012; &#x2012; Allein &#x017F;ollte ich nicht er&#x017F;t durch ein oder<lb/>
das andere mei&#x017F;terliche Unglu&#x0364;ck &#x017F;ie und mich an<lb/>
ihrer verfluchten Familie ra&#x0364;chen?</p><lb/>
            <p>Das verfluchte Weib, &#x017F;agt man mir, hat ihr<lb/>
Bein gebrochen. Warum i&#x017F;t es nicht ihr Hals<lb/>
gewe&#x017F;en? &#x2012; &#x2012; Alles, alles, ausgenommen, was<lb/>
von ihren Verwandten herkommt, i&#x017F;t die Schuld<lb/>
die&#x017F;es Weibes und ihrer ho&#x0364;lli&#x017F;chen Nymphen.<lb/><hi rendition="#fr">Je gro&#x0364;ßer die Tugend, de&#x017F;to edler der Sieg,</hi><lb/>
war ein Lehr&#x017F;pruch, den &#x017F;ie ewig im Munde hat-<lb/>
ten. &#x2012; &#x2012; Jch habe es ver&#x017F;chiedene male im Sinn<lb/>
gehabt, das verfluchte Haus in Brand zu &#x017F;tecken<lb/>
und an den Thu&#x0364;ren und Fen&#x017F;tern Wache zu hal-<lb/>
ten, damit kein einziger Teufel in dem&#x017F;elben der<lb/>
verzehrenden Flamme entgehen mo&#x0364;chte. Wa&#x0364;re<lb/>
das Haus von andern abge&#x017F;ondert gewe&#x017F;en: &#x017F;o<lb/>
ha&#x0364;tte ich es gewiß gethan.</p><lb/>
            <p>Allein, es &#x017F;cheint, das alte Ungeheur i&#x017F;t auf<lb/>
dem Wege ihren Lohn, ohne meine Hu&#x0364;lfe, zu be-<lb/>
kommen. Man hat einen ent&#x017F;etzlichen Brief in<lb/>
Ab&#x017F;icht auf &#x017F;ie von jemand bekommen &#x2012; &#x2012; Von<lb/>
euch, vermuthe ich &#x2012; &#x2012; Zu ent&#x017F;etzlich fu&#x0364;r mich, &#x017F;a-<lb/>
gen &#x017F;ie, daß ich ihn itzo &#x017F;ehen &#x017F;ollte <note place="foot" n="(*)">Man &#x017F;ehe den vorhergehenden <hi rendition="#aq">LXXVIII</hi>ten<lb/>
Brief.</note>.</p><lb/>
            <p>Sie regieren mich hier als ein Kind in Leit-<lb/>
riemen. Jedoch ich habe &#x017F;o viel in meinem Fie-<lb/>
ber ausge&#x017F;tanden, daß ich &#x017F;ie gern ertrage, bis mir<lb/>
leidlich wohl &#x017F;eyn wird.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Gegen-</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[685/0691] was iſt denn wohl in demſelben; und in der That in der Welt; das werth waͤre, deswegen zu le- ben? ‒ ‒ Allein ſollte ich nicht erſt durch ein oder das andere meiſterliche Ungluͤck ſie und mich an ihrer verfluchten Familie raͤchen? Das verfluchte Weib, ſagt man mir, hat ihr Bein gebrochen. Warum iſt es nicht ihr Hals geweſen? ‒ ‒ Alles, alles, ausgenommen, was von ihren Verwandten herkommt, iſt die Schuld dieſes Weibes und ihrer hoͤlliſchen Nymphen. Je groͤßer die Tugend, deſto edler der Sieg, war ein Lehrſpruch, den ſie ewig im Munde hat- ten. ‒ ‒ Jch habe es verſchiedene male im Sinn gehabt, das verfluchte Haus in Brand zu ſtecken und an den Thuͤren und Fenſtern Wache zu hal- ten, damit kein einziger Teufel in demſelben der verzehrenden Flamme entgehen moͤchte. Waͤre das Haus von andern abgeſondert geweſen: ſo haͤtte ich es gewiß gethan. Allein, es ſcheint, das alte Ungeheur iſt auf dem Wege ihren Lohn, ohne meine Huͤlfe, zu be- kommen. Man hat einen entſetzlichen Brief in Abſicht auf ſie von jemand bekommen ‒ ‒ Von euch, vermuthe ich ‒ ‒ Zu entſetzlich fuͤr mich, ſa- gen ſie, daß ich ihn itzo ſehen ſollte (*). Sie regieren mich hier als ein Kind in Leit- riemen. Jedoch ich habe ſo viel in meinem Fie- ber ausgeſtanden, daß ich ſie gern ertrage, bis mir leidlich wohl ſeyn wird. Gegen- (*) Man ſehe den vorhergehenden LXXVIIIten Brief.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/691
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/691>, abgerufen am 25.11.2024.