Gewissensunruhe und Schrecken seyn: und Sie werden wünschen, daß es Jhnen frey stünde, sich um die Vernichtung zu vergleichen, um nur da- mit los zu kommen.
Bedenken Sie, mein Herr, daß ich zu dem, was ich schreibe, keine andere Bewegursache ha- ben kann, als ihren eignen Vortheil und die Si- cherheit anderer unschuldigen Personen, die durch Jhre gottlose Künste und Meineide ins Garn ge- zogen werden können. Sie finden in meinen Wünschen für Jhre künftige Wohlfarth nicht die Wünsche einer flehenden Gattinn, welche Sie, so wohl um ihrer selbst willen als um Jhretwillen, zu bewegen suche, daß Sie diesen Wandel bessern mögen. Nein, meine Wünsche sind ohne Absicht auf irgend einen Vortheil für mich selbst, und unverdienet. Allein ich würde meiner eignen Buße nicht trauen: wenn ich im Stande wäre zu wünschen, Böses mit Bösem zu vergelten - - wenn, so scheuslich auch Jhre Beleidigungen ge- gen mich gewesen sind, ich nicht eben so vergeben könnte, als ich wünsche, daß mir vergeben werde.
Jch wiederhohle daher, daß ich Jhnen ver- gebe. Gott der Allmächtige wolle Jhnen auch vergeben! Jch habe so gar, indem ich dieses schrei- be, keinen andern hauptsächlichen Verdruß, als den mir der Kummer macht, welchen ich meinen Eltern verursachet habe, die so lange, bis ich Sie kennen lernte, die gütigsten Eltern von der Welt waren; den mir das Aergerniß macht, welches ich den andern Zweigen von meiner Familie ge-
geben;
Siebenter Theil. U u
Gewiſſensunruhe und Schrecken ſeyn: und Sie werden wuͤnſchen, daß es Jhnen frey ſtuͤnde, ſich um die Vernichtung zu vergleichen, um nur da- mit los zu kommen.
Bedenken Sie, mein Herr, daß ich zu dem, was ich ſchreibe, keine andere Bewegurſache ha- ben kann, als ihren eignen Vortheil und die Si- cherheit anderer unſchuldigen Perſonen, die durch Jhre gottloſe Kuͤnſte und Meineide ins Garn ge- zogen werden koͤnnen. Sie finden in meinen Wuͤnſchen fuͤr Jhre kuͤnftige Wohlfarth nicht die Wuͤnſche einer flehenden Gattinn, welche Sie, ſo wohl um ihrer ſelbſt willen als um Jhretwillen, zu bewegen ſuche, daß Sie dieſen Wandel beſſern moͤgen. Nein, meine Wuͤnſche ſind ohne Abſicht auf irgend einen Vortheil fuͤr mich ſelbſt, und unverdienet. Allein ich wuͤrde meiner eignen Buße nicht trauen: wenn ich im Stande waͤre zu wuͤnſchen, Boͤſes mit Boͤſem zu vergelten ‒ ‒ wenn, ſo ſcheuslich auch Jhre Beleidigungen ge- gen mich geweſen ſind, ich nicht eben ſo vergeben koͤnnte, als ich wuͤnſche, daß mir vergeben werde.
Jch wiederhohle daher, daß ich Jhnen ver- gebe. Gott der Allmaͤchtige wolle Jhnen auch vergeben! Jch habe ſo gar, indem ich dieſes ſchrei- be, keinen andern hauptſaͤchlichen Verdruß, als den mir der Kummer macht, welchen ich meinen Eltern verurſachet habe, die ſo lange, bis ich Sie kennen lernte, die guͤtigſten Eltern von der Welt waren; den mir das Aergerniß macht, welches ich den andern Zweigen von meiner Familie ge-
geben;
Siebenter Theil. U u
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Gewiſſensunruhe und Schrecken ſeyn: und Sie
werden wuͤnſchen, daß es Jhnen frey ſtuͤnde, ſich
um die Vernichtung zu vergleichen, um nur da-
mit los zu kommen.
Bedenken Sie, mein Herr, daß ich zu dem,
was ich ſchreibe, keine andere Bewegurſache ha-
ben kann, als ihren eignen Vortheil und die Si-
cherheit anderer unſchuldigen Perſonen, die durch
Jhre gottloſe Kuͤnſte und Meineide ins Garn ge-
zogen werden koͤnnen. Sie finden in meinen
Wuͤnſchen fuͤr Jhre kuͤnftige Wohlfarth nicht die
Wuͤnſche einer flehenden Gattinn, welche Sie, ſo
wohl um ihrer ſelbſt willen als um Jhretwillen,
zu bewegen ſuche, daß Sie dieſen Wandel beſſern
moͤgen. Nein, meine Wuͤnſche ſind ohne Abſicht
auf irgend einen Vortheil fuͤr mich ſelbſt, und
unverdienet. Allein ich wuͤrde meiner eignen
Buße nicht trauen: wenn ich im Stande waͤre
zu wuͤnſchen, Boͤſes mit Boͤſem zu vergelten ‒ ‒
wenn, ſo ſcheuslich auch Jhre Beleidigungen ge-
gen mich geweſen ſind, ich nicht eben ſo vergeben
koͤnnte, als ich wuͤnſche, daß mir vergeben werde.
Jch wiederhohle daher, daß ich Jhnen ver-
gebe. Gott der Allmaͤchtige wolle Jhnen auch
vergeben! Jch habe ſo gar, indem ich dieſes ſchrei-
be, keinen andern hauptſaͤchlichen Verdruß, als
den mir der Kummer macht, welchen ich meinen
Eltern verurſachet habe, die ſo lange, bis ich Sie
kennen lernte, die guͤtigſten Eltern von der Welt
waren; den mir das Aergerniß macht, welches
ich den andern Zweigen von meiner Familie ge-
geben;
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/679>, abgerufen am 22.11.2024.
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