daß Sie Jhre unsterbliche Seele deswegen in Ge- fahr setzten: da Jhre gottlosen Absichten nicht anders, als durch den vorsetzlichen Bruch der feyerlichsten Gelübde, die jemals von einer Manns- person gethan sind, und mit Hülfe einer Gewalt- thätigkeit und Schandthat, die einem Wesen von menschlicher Natur unanständig ist, ins Werk zu richten waren.
Jch wünsche daher noch einmal, daß Sie beyzeiten Jhren Wandel bedenken mögen. Jhr schmeichelhafter Traum kann nicht lange währen. Jhre gegenwärtige Lebensart kann Jhnen nicht länger Vergnügen machen, als so lange Sie sich alles Nachsinnens oder Ueberlegens erwehren können. Eine verstockte Unempfindlichkeit ist der einzige Grund, worauf Jhre innerliche Ruhe gebauet ist. Wenn einmal eine gefährliche Krank- heit über Sie kommt; wenn einmal kräftige Ge- wissensangst bey Jhnen ausbricht: wie erschreck- lich wird alsdenn Jhr Zustand seyn! Wie elend werden Sie alsdenn den Sieg befinden, daß Sie im Stande gewesen sind, durch eine Reihe von scheuslichen Meineiden und ausgesonnenen Schandthaten, unter dem Namen der Galanterie oder listiger Streiche, ein armes unerfahrnes jun- ges Frauenzimmer zu berücken, das vielleicht, bis es Sie kennen lernte, von nichts als von ihrer Pflicht wußte! - - Sie werden sich nicht einer guten Handlung in der Stunde der Angst zu er- innern haben, nicht eine rechtschaffene Absicht wis- sen, darauf Sie sich besinnen könnten. Alles wird
Gewis-
daß Sie Jhre unſterbliche Seele deswegen in Ge- fahr ſetzten: da Jhre gottloſen Abſichten nicht anders, als durch den vorſetzlichen Bruch der feyerlichſten Geluͤbde, die jemals von einer Manns- perſon gethan ſind, und mit Huͤlfe einer Gewalt- thaͤtigkeit und Schandthat, die einem Weſen von menſchlicher Natur unanſtaͤndig iſt, ins Werk zu richten waren.
Jch wuͤnſche daher noch einmal, daß Sie beyzeiten Jhren Wandel bedenken moͤgen. Jhr ſchmeichelhafter Traum kann nicht lange waͤhren. Jhre gegenwaͤrtige Lebensart kann Jhnen nicht laͤnger Vergnuͤgen machen, als ſo lange Sie ſich alles Nachſinnens oder Ueberlegens erwehren koͤnnen. Eine verſtockte Unempfindlichkeit iſt der einzige Grund, worauf Jhre innerliche Ruhe gebauet iſt. Wenn einmal eine gefaͤhrliche Krank- heit uͤber Sie kommt; wenn einmal kraͤftige Ge- wiſſensangſt bey Jhnen ausbricht: wie erſchreck- lich wird alsdenn Jhr Zuſtand ſeyn! Wie elend werden Sie alsdenn den Sieg befinden, daß Sie im Stande geweſen ſind, durch eine Reihe von ſcheuslichen Meineiden und ausgeſonnenen Schandthaten, unter dem Namen der Galanterie oder liſtiger Streiche, ein armes unerfahrnes jun- ges Frauenzimmer zu beruͤcken, das vielleicht, bis es Sie kennen lernte, von nichts als von ihrer Pflicht wußte! ‒ ‒ Sie werden ſich nicht einer guten Handlung in der Stunde der Angſt zu er- innern haben, nicht eine rechtſchaffene Abſicht wiſ- ſen, darauf Sie ſich beſinnen koͤnnten. Alles wird
Gewiſ-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0678"n="672"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
daß Sie Jhre unſterbliche Seele deswegen in Ge-<lb/>
fahr ſetzten: da Jhre gottloſen Abſichten nicht<lb/>
anders, als durch den vorſetzlichen Bruch der<lb/>
feyerlichſten Geluͤbde, die jemals von einer Manns-<lb/>
perſon gethan ſind, und mit Huͤlfe einer Gewalt-<lb/>
thaͤtigkeit und Schandthat, die einem Weſen von<lb/>
menſchlicher Natur unanſtaͤndig iſt, ins Werk zu<lb/>
richten waren.</p><lb/><p>Jch wuͤnſche daher noch einmal, daß Sie<lb/>
beyzeiten Jhren Wandel bedenken moͤgen. Jhr<lb/>ſchmeichelhafter Traum kann nicht lange waͤhren.<lb/>
Jhre gegenwaͤrtige Lebensart kann Jhnen nicht<lb/>
laͤnger Vergnuͤgen machen, als ſo lange Sie ſich<lb/>
alles Nachſinnens oder Ueberlegens erwehren<lb/>
koͤnnen. Eine verſtockte Unempfindlichkeit iſt<lb/>
der einzige Grund, worauf Jhre innerliche Ruhe<lb/>
gebauet iſt. Wenn einmal eine gefaͤhrliche Krank-<lb/>
heit uͤber Sie kommt; wenn einmal kraͤftige Ge-<lb/>
wiſſensangſt bey Jhnen ausbricht: wie erſchreck-<lb/>
lich wird alsdenn Jhr Zuſtand ſeyn! Wie elend<lb/>
werden Sie alsdenn den Sieg befinden, daß Sie<lb/>
im Stande geweſen ſind, durch eine Reihe von<lb/>ſcheuslichen Meineiden und ausgeſonnenen<lb/>
Schandthaten, unter dem Namen der Galanterie<lb/>
oder liſtiger Streiche, ein armes unerfahrnes jun-<lb/>
ges Frauenzimmer zu beruͤcken, das vielleicht, bis<lb/>
es Sie kennen lernte, von nichts als von ihrer<lb/>
Pflicht wußte! ‒‒ Sie werden ſich nicht einer<lb/>
guten Handlung in der Stunde der Angſt zu er-<lb/>
innern haben, nicht eine rechtſchaffene Abſicht wiſ-<lb/>ſen, darauf Sie ſich beſinnen koͤnnten. Alles wird<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Gewiſ-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[672/0678]
daß Sie Jhre unſterbliche Seele deswegen in Ge-
fahr ſetzten: da Jhre gottloſen Abſichten nicht
anders, als durch den vorſetzlichen Bruch der
feyerlichſten Geluͤbde, die jemals von einer Manns-
perſon gethan ſind, und mit Huͤlfe einer Gewalt-
thaͤtigkeit und Schandthat, die einem Weſen von
menſchlicher Natur unanſtaͤndig iſt, ins Werk zu
richten waren.
Jch wuͤnſche daher noch einmal, daß Sie
beyzeiten Jhren Wandel bedenken moͤgen. Jhr
ſchmeichelhafter Traum kann nicht lange waͤhren.
Jhre gegenwaͤrtige Lebensart kann Jhnen nicht
laͤnger Vergnuͤgen machen, als ſo lange Sie ſich
alles Nachſinnens oder Ueberlegens erwehren
koͤnnen. Eine verſtockte Unempfindlichkeit iſt
der einzige Grund, worauf Jhre innerliche Ruhe
gebauet iſt. Wenn einmal eine gefaͤhrliche Krank-
heit uͤber Sie kommt; wenn einmal kraͤftige Ge-
wiſſensangſt bey Jhnen ausbricht: wie erſchreck-
lich wird alsdenn Jhr Zuſtand ſeyn! Wie elend
werden Sie alsdenn den Sieg befinden, daß Sie
im Stande geweſen ſind, durch eine Reihe von
ſcheuslichen Meineiden und ausgeſonnenen
Schandthaten, unter dem Namen der Galanterie
oder liſtiger Streiche, ein armes unerfahrnes jun-
ges Frauenzimmer zu beruͤcken, das vielleicht, bis
es Sie kennen lernte, von nichts als von ihrer
Pflicht wußte! ‒ ‒ Sie werden ſich nicht einer
guten Handlung in der Stunde der Angſt zu er-
innern haben, nicht eine rechtſchaffene Abſicht wiſ-
ſen, darauf Sie ſich beſinnen koͤnnten. Alles wird
Gewiſ-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/678>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.