sich ein anhaltender Kummer merken: und er bat mich, ihm sein Bezeigen das letzte mal, als ich da war, zu gute zu halten.
Meine Base Arabella kam völlig in Thränen und Betrübniß zu mir. O Herr Vetter! sagte sie, und hing sich an meinen Arm - - Jch darf ihnen keine Fragen thun! - - Ueber die Heranna- hung des Leichenwagens, meynte sie vermuthlich.
Jch selbst war voller Kummer und setzte mich, ohne weiter zu gehen oder zu reden, in den Vor- saal auf den ersten Stuhl nieder.
Der Bruder setzte sich an der einen, die Schwe- ster an der andern Seite bey mir. Beyde schwie- gen stille. Die letztere weinte.
Herr Anton Harlowe kam bald hernach zu mir. Sein Gesicht war mit Spuren des Herze- leids bedecket. Er bat mich in den Saal zu ge- hen, wo, wie er sagte, alle seine Mittraurige wären.
Jch begleitete ihn hinein. Mein Vetter Ja- kob und meine Base Arabella folgten mir nach.
Den Augenblick, da ich in den Saal hinein- trat, brach, so zu sagen, ein vollkommenes Concert von traurigen Klagen aus.
Mein Vetter Harlowe, der lieben Fräulein Vater, sagte, so bald als er mich sahe: O Herr Vetter, Herr Vetter, von unserer ganzen Familie sind sie der einzige, der sich nichts vorzuwerfen hat! - - Sie sind ein glücklicher Mann!
Die arme Mutter neigte ihren Kopf gegen mich in sprachloser Traurigkeit, und saß mit ihrem Schnupftuch vor den Augen in der einen Hand:
die
ſich ein anhaltender Kummer merken: und er bat mich, ihm ſein Bezeigen das letzte mal, als ich da war, zu gute zu halten.
Meine Baſe Arabella kam voͤllig in Thraͤnen und Betruͤbniß zu mir. O Herr Vetter! ſagte ſie, und hing ſich an meinen Arm ‒ ‒ Jch darf ihnen keine Fragen thun! ‒ ‒ Ueber die Heranna- hung des Leichenwagens, meynte ſie vermuthlich.
Jch ſelbſt war voller Kummer und ſetzte mich, ohne weiter zu gehen oder zu reden, in den Vor- ſaal auf den erſten Stuhl nieder.
Der Bruder ſetzte ſich an der einen, die Schwe- ſter an der andern Seite bey mir. Beyde ſchwie- gen ſtille. Die letztere weinte.
Herr Anton Harlowe kam bald hernach zu mir. Sein Geſicht war mit Spuren des Herze- leids bedecket. Er bat mich in den Saal zu ge- hen, wo, wie er ſagte, alle ſeine Mittraurige waͤren.
Jch begleitete ihn hinein. Mein Vetter Ja- kob und meine Baſe Arabella folgten mir nach.
Den Augenblick, da ich in den Saal hinein- trat, brach, ſo zu ſagen, ein vollkommenes Concert von traurigen Klagen aus.
Mein Vetter Harlowe, der lieben Fraͤulein Vater, ſagte, ſo bald als er mich ſahe: O Herr Vetter, Herr Vetter, von unſerer ganzen Familie ſind ſie der einzige, der ſich nichts vorzuwerfen hat! ‒ ‒ Sie ſind ein gluͤcklicher Mann!
Die arme Mutter neigte ihren Kopf gegen mich in ſprachloſer Traurigkeit, und ſaß mit ihrem Schnupftuch vor den Augen in der einen Hand:
die
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ſich ein anhaltender Kummer merken: und er bat
mich, ihm ſein Bezeigen das letzte mal, als ich da
war, zu gute zu halten.
Meine Baſe Arabella kam voͤllig in Thraͤnen
und Betruͤbniß zu mir. O Herr Vetter! ſagte
ſie, und hing ſich an meinen Arm ‒ ‒ Jch darf
ihnen keine Fragen thun! ‒ ‒ Ueber die Heranna-
hung des Leichenwagens, meynte ſie vermuthlich.
Jch ſelbſt war voller Kummer und ſetzte mich,
ohne weiter zu gehen oder zu reden, in den Vor-
ſaal auf den erſten Stuhl nieder.
Der Bruder ſetzte ſich an der einen, die Schwe-
ſter an der andern Seite bey mir. Beyde ſchwie-
gen ſtille. Die letztere weinte.
Herr Anton Harlowe kam bald hernach zu
mir. Sein Geſicht war mit Spuren des Herze-
leids bedecket. Er bat mich in den Saal zu ge-
hen, wo, wie er ſagte, alle ſeine Mittraurige waͤren.
Jch begleitete ihn hinein. Mein Vetter Ja-
kob und meine Baſe Arabella folgten mir nach.
Den Augenblick, da ich in den Saal hinein-
trat, brach, ſo zu ſagen, ein vollkommenes Concert
von traurigen Klagen aus.
Mein Vetter Harlowe, der lieben Fraͤulein
Vater, ſagte, ſo bald als er mich ſahe: O Herr
Vetter, Herr Vetter, von unſerer ganzen Familie
ſind ſie der einzige, der ſich nichts vorzuwerfen hat!
‒ ‒ Sie ſind ein gluͤcklicher Mann!
Die arme Mutter neigte ihren Kopf gegen
mich in ſprachloſer Traurigkeit, und ſaß mit ihrem
Schnupftuch vor den Augen in der einen Hand:
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/572>, abgerufen am 22.11.2024.
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