Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



Behältniß und für den Weingeist sorgen, bis ich
ein güldnes dazu gemacht bekommen kam.

Jch will ihre Papiere zu mir nehmen. Da
niemand ihrem Angedenken so vollkommen Ge-
rechtigkeit thun kann, als ich, und ich meiner selbst
nicht schonen will: wer kann denn der Welt wohl
besser zeigen, was sie gewesen ist, und was für ein
Bösewicht der, welcher ihr übel begegnen konnte?
Und die Welt soll auch sehen, was für unversöhn-
liche und unwürdige Eltern sie gehabt hat.

Alles soll der Länge nach beschrieben werden.
Nichts soll geringer gemacht werden. Keine
Namen, keine Handlungen sollen versteckt werden.
Denn da ich selbst die ärgste Person dabey vor-
stellen werde, und ein Recht habe mit mir selbst
so umzugehen, als sonst niemand thun soll: wer
will mir dann Einhalt thun? Wer darf mich zur
Rechenschaft fordern?

Melde mir, ob die verdammte alte Mutter noch
unter der Rache des Teufels leidet - - ob das
alte Thier todt, oder lebendig ist? Ein oder das
andere Unglück, das ein merkliches Beyspiel gebe,
muß ich noch anrichten. Meine Rache soll den
Teufel und alle, die mir von der grausamen harlo-
weischen Familie zuwider sind, von dem Erdbo-
den fegen. Ganze Hecatomben müssen der ab-
geschiednen Seele meiner Clarissa Lovelacinn auf-
geopfert werden.

Wenn auch ihr letzter Wille in einigen Stü-
cken dem meinigen entgegen laufen sollte: so er-
warte ich doch, daß man mir gehorche. Jch will

das
L l 3



Behaͤltniß und fuͤr den Weingeiſt ſorgen, bis ich
ein guͤldnes dazu gemacht bekommen kam.

Jch will ihre Papiere zu mir nehmen. Da
niemand ihrem Angedenken ſo vollkommen Ge-
rechtigkeit thun kann, als ich, und ich meiner ſelbſt
nicht ſchonen will: wer kann denn der Welt wohl
beſſer zeigen, was ſie geweſen iſt, und was fuͤr ein
Boͤſewicht der, welcher ihr uͤbel begegnen konnte?
Und die Welt ſoll auch ſehen, was fuͤr unverſoͤhn-
liche und unwuͤrdige Eltern ſie gehabt hat.

Alles ſoll der Laͤnge nach beſchrieben werden.
Nichts ſoll geringer gemacht werden. Keine
Namen, keine Handlungen ſollen verſteckt werden.
Denn da ich ſelbſt die aͤrgſte Perſon dabey vor-
ſtellen werde, und ein Recht habe mit mir ſelbſt
ſo umzugehen, als ſonſt niemand thun ſoll: wer
will mir dann Einhalt thun? Wer darf mich zur
Rechenſchaft fordern?

Melde mir, ob die verdammte alte Mutter noch
unter der Rache des Teufels leidet ‒ ‒ ob das
alte Thier todt, oder lebendig iſt? Ein oder das
andere Ungluͤck, das ein merkliches Beyſpiel gebe,
muß ich noch anrichten. Meine Rache ſoll den
Teufel und alle, die mir von der grauſamen harlo-
weiſchen Familie zuwider ſind, von dem Erdbo-
den fegen. Ganze Hecatomben muͤſſen der ab-
geſchiednen Seele meiner Clariſſa Lovelacinn auf-
geopfert werden.

Wenn auch ihr letzter Wille in einigen Stuͤ-
cken dem meinigen entgegen laufen ſollte: ſo er-
warte ich doch, daß man mir gehorche. Jch will

das
L l 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0539" n="533"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Beha&#x0364;ltniß und fu&#x0364;r den Weingei&#x017F;t &#x017F;orgen, bis ich<lb/>
ein gu&#x0364;ldnes dazu gemacht bekommen kam.</p><lb/>
            <p>Jch will ihre Papiere zu mir nehmen. Da<lb/>
niemand ihrem Angedenken &#x017F;o vollkommen Ge-<lb/>
rechtigkeit thun kann, als ich, und ich meiner &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nicht &#x017F;chonen will: wer kann denn der Welt wohl<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er zeigen, was &#x017F;ie gewe&#x017F;en i&#x017F;t, und was fu&#x0364;r ein<lb/>
Bo&#x0364;&#x017F;ewicht der, welcher ihr u&#x0364;bel begegnen konnte?<lb/>
Und die Welt &#x017F;oll auch &#x017F;ehen, was fu&#x0364;r unver&#x017F;o&#x0364;hn-<lb/>
liche und unwu&#x0364;rdige Eltern &#x017F;ie gehabt hat.</p><lb/>
            <p>Alles &#x017F;oll der La&#x0364;nge nach be&#x017F;chrieben werden.<lb/>
Nichts &#x017F;oll geringer gemacht werden. Keine<lb/>
Namen, keine Handlungen &#x017F;ollen ver&#x017F;teckt werden.<lb/>
Denn da ich &#x017F;elb&#x017F;t die a&#x0364;rg&#x017F;te Per&#x017F;on dabey vor-<lb/>
&#x017F;tellen werde, und ein Recht habe mit mir &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o umzugehen, als &#x017F;on&#x017F;t niemand thun &#x017F;oll: wer<lb/>
will mir dann Einhalt thun? Wer darf mich zur<lb/>
Rechen&#x017F;chaft fordern?</p><lb/>
            <p>Melde mir, ob die verdammte alte Mutter noch<lb/>
unter der Rache des Teufels leidet &#x2012; &#x2012; ob das<lb/>
alte Thier todt, oder lebendig i&#x017F;t? Ein oder das<lb/>
andere Unglu&#x0364;ck, das ein merkliches Bey&#x017F;piel gebe,<lb/>
muß ich noch anrichten. Meine Rache &#x017F;oll den<lb/>
Teufel und alle, die mir von der grau&#x017F;amen harlo-<lb/>
wei&#x017F;chen Familie zuwider &#x017F;ind, von dem Erdbo-<lb/>
den fegen. Ganze Hecatomben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en der ab-<lb/>
ge&#x017F;chiednen Seele meiner Clari&#x017F;&#x017F;a Lovelacinn auf-<lb/>
geopfert werden.</p><lb/>
            <p>Wenn auch ihr letzter Wille in einigen Stu&#x0364;-<lb/>
cken dem meinigen entgegen laufen &#x017F;ollte: &#x017F;o er-<lb/>
warte ich doch, daß man mir gehorche. Jch will<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 3</fw><fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[533/0539] Behaͤltniß und fuͤr den Weingeiſt ſorgen, bis ich ein guͤldnes dazu gemacht bekommen kam. Jch will ihre Papiere zu mir nehmen. Da niemand ihrem Angedenken ſo vollkommen Ge- rechtigkeit thun kann, als ich, und ich meiner ſelbſt nicht ſchonen will: wer kann denn der Welt wohl beſſer zeigen, was ſie geweſen iſt, und was fuͤr ein Boͤſewicht der, welcher ihr uͤbel begegnen konnte? Und die Welt ſoll auch ſehen, was fuͤr unverſoͤhn- liche und unwuͤrdige Eltern ſie gehabt hat. Alles ſoll der Laͤnge nach beſchrieben werden. Nichts ſoll geringer gemacht werden. Keine Namen, keine Handlungen ſollen verſteckt werden. Denn da ich ſelbſt die aͤrgſte Perſon dabey vor- ſtellen werde, und ein Recht habe mit mir ſelbſt ſo umzugehen, als ſonſt niemand thun ſoll: wer will mir dann Einhalt thun? Wer darf mich zur Rechenſchaft fordern? Melde mir, ob die verdammte alte Mutter noch unter der Rache des Teufels leidet ‒ ‒ ob das alte Thier todt, oder lebendig iſt? Ein oder das andere Ungluͤck, das ein merkliches Beyſpiel gebe, muß ich noch anrichten. Meine Rache ſoll den Teufel und alle, die mir von der grauſamen harlo- weiſchen Familie zuwider ſind, von dem Erdbo- den fegen. Ganze Hecatomben muͤſſen der ab- geſchiednen Seele meiner Clariſſa Lovelacinn auf- geopfert werden. Wenn auch ihr letzter Wille in einigen Stuͤ- cken dem meinigen entgegen laufen ſollte: ſo er- warte ich doch, daß man mir gehorche. Jch will das L l 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/539
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/539>, abgerufen am 22.11.2024.