chem ich vormals ein so großes Antheil hatte, und welches ich mehr als mein eignes schätzen will, will ich haben. Jch will es in Weingeist auf behalten. Es soll niemals aus meinem Gesichte kommen: und alle Begräbnißkosten sollen auch auf mich fallen.
Gewiß keine Seele wird mir mein Recht auf sie streitig machen. Wem gehörte sie im Leben? Wem gehöret sie im Tode, anders als mir? - - Jhre verfluchten Eltern, deren unmenschliche Grausamkeit gegen sie, sonder Zweifel, die wahre Ursache ihres Todes gewesen ist, haben sich ihrer seit langer Zeit entsaget. Sie verließ dieselben um meinetwillen. Sie wählte mich also: und ich war ihr Mann. Wie? wenn ich ihr gleich als ein Betrüger begegnet habe? Bezahle ich itzo nicht dafür? Würde sie nicht die meinige gewesen seyn, wenn ich ihr nicht so begegnet hätte? Das wird kein Mensch streiten. Und hat sie mir nicht vergeben? - - Jch bin also in statu, quo prius, mit ihr - - Nicht wahr? - - als wenn ich sie niemals beleidigt hätte? Wem kann sie denn zugehören, außer mir?
Jch will Euch von der Vollziehung ihres Testaments und von allen Euren Sorgen be- freyen.
Wisset, Belford, und laßt Euch gesagt seyn, daß ich hiemit wirklich Euch und jedermann aller Sorge und Mühe ihretwegen erlasse. Jhr letzes Testament will ich selbst vollziehen.
Es ist kein Vertrag, keine Ehestiftung zwi- schen uns gewesen: und sie ist die meinige, wie
Jhr
chem ich vormals ein ſo großes Antheil hatte, und welches ich mehr als mein eignes ſchaͤtzen will, will ich haben. Jch will es in Weingeiſt auf behalten. Es ſoll niemals aus meinem Geſichte kommen: und alle Begraͤbnißkoſten ſollen auch auf mich fallen.
Gewiß keine Seele wird mir mein Recht auf ſie ſtreitig machen. Wem gehoͤrte ſie im Leben? Wem gehoͤret ſie im Tode, anders als mir? ‒ ‒ Jhre verfluchten Eltern, deren unmenſchliche Grauſamkeit gegen ſie, ſonder Zweifel, die wahre Urſache ihres Todes geweſen iſt, haben ſich ihrer ſeit langer Zeit entſaget. Sie verließ dieſelben um meinetwillen. Sie waͤhlte mich alſo: und ich war ihr Mann. Wie? wenn ich ihr gleich als ein Betruͤger begegnet habe? Bezahle ich itzo nicht dafuͤr? Wuͤrde ſie nicht die meinige geweſen ſeyn, wenn ich ihr nicht ſo begegnet haͤtte? Das wird kein Menſch ſtreiten. Und hat ſie mir nicht vergeben? ‒ ‒ Jch bin alſo in ſtatu, quo prius, mit ihr ‒ ‒ Nicht wahr? ‒ ‒ als wenn ich ſie niemals beleidigt haͤtte? Wem kann ſie denn zugehoͤren, außer mir?
Jch will Euch von der Vollziehung ihres Teſtaments und von allen Euren Sorgen be- freyen.
Wiſſet, Belford, und laßt Euch geſagt ſeyn, daß ich hiemit wirklich Euch und jedermann aller Sorge und Muͤhe ihretwegen erlaſſe. Jhr letzes Teſtament will ich ſelbſt vollziehen.
Es iſt kein Vertrag, keine Eheſtiftung zwi- ſchen uns geweſen: und ſie iſt die meinige, wie
Jhr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0536"n="530"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
chem ich vormals ein ſo großes Antheil hatte, und<lb/>
welches ich mehr als mein eignes ſchaͤtzen will, <hirendition="#fr">will<lb/>
ich</hi> haben. Jch will es in Weingeiſt auf behalten.<lb/>
Es ſoll niemals aus meinem Geſichte kommen: und<lb/>
alle Begraͤbnißkoſten ſollen auch auf mich fallen.</p><lb/><p>Gewiß keine Seele wird mir mein Recht auf<lb/>ſie ſtreitig machen. Wem gehoͤrte ſie im Leben?<lb/>
Wem gehoͤret ſie im Tode, anders als mir? ‒‒<lb/>
Jhre verfluchten Eltern, deren unmenſchliche<lb/>
Grauſamkeit gegen ſie, ſonder Zweifel, die <hirendition="#fr">wahre</hi><lb/>
Urſache ihres Todes geweſen iſt, haben ſich ihrer<lb/>ſeit langer Zeit entſaget. Sie verließ <hirendition="#fr">dieſelben</hi> um<lb/><hirendition="#fr">meinetwillen.</hi> Sie waͤhlte <hirendition="#fr">mich</hi> alſo: und ich<lb/>
war ihr Mann. Wie? wenn ich ihr gleich als<lb/>
ein Betruͤger begegnet habe? Bezahle ich itzo<lb/>
nicht dafuͤr? Wuͤrde ſie nicht die meinige geweſen<lb/>ſeyn, wenn ich ihr nicht ſo begegnet haͤtte? Das<lb/>
wird kein Menſch ſtreiten. Und hat ſie mir nicht<lb/>
vergeben? ‒‒ Jch bin alſo <hirendition="#aq">in ſtatu, quo prius,</hi><lb/>
mit ihr ‒‒ Nicht wahr? ‒‒ als wenn ich ſie<lb/>
niemals beleidigt haͤtte? Wem kann ſie denn<lb/>
zugehoͤren, außer mir?</p><lb/><p>Jch will Euch von der Vollziehung ihres<lb/>
Teſtaments und von allen Euren Sorgen be-<lb/>
freyen.</p><lb/><p>Wiſſet, Belford, und laßt Euch geſagt ſeyn,<lb/>
daß ich hiemit wirklich Euch und jedermann aller<lb/>
Sorge und Muͤhe ihretwegen erlaſſe. Jhr letzes<lb/>
Teſtament will ich ſelbſt vollziehen.</p><lb/><p>Es iſt kein Vertrag, keine Eheſtiftung zwi-<lb/>ſchen uns geweſen: und ſie iſt die meinige, wie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jhr</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[530/0536]
chem ich vormals ein ſo großes Antheil hatte, und
welches ich mehr als mein eignes ſchaͤtzen will, will
ich haben. Jch will es in Weingeiſt auf behalten.
Es ſoll niemals aus meinem Geſichte kommen: und
alle Begraͤbnißkoſten ſollen auch auf mich fallen.
Gewiß keine Seele wird mir mein Recht auf
ſie ſtreitig machen. Wem gehoͤrte ſie im Leben?
Wem gehoͤret ſie im Tode, anders als mir? ‒ ‒
Jhre verfluchten Eltern, deren unmenſchliche
Grauſamkeit gegen ſie, ſonder Zweifel, die wahre
Urſache ihres Todes geweſen iſt, haben ſich ihrer
ſeit langer Zeit entſaget. Sie verließ dieſelben um
meinetwillen. Sie waͤhlte mich alſo: und ich
war ihr Mann. Wie? wenn ich ihr gleich als
ein Betruͤger begegnet habe? Bezahle ich itzo
nicht dafuͤr? Wuͤrde ſie nicht die meinige geweſen
ſeyn, wenn ich ihr nicht ſo begegnet haͤtte? Das
wird kein Menſch ſtreiten. Und hat ſie mir nicht
vergeben? ‒ ‒ Jch bin alſo in ſtatu, quo prius,
mit ihr ‒ ‒ Nicht wahr? ‒ ‒ als wenn ich ſie
niemals beleidigt haͤtte? Wem kann ſie denn
zugehoͤren, außer mir?
Jch will Euch von der Vollziehung ihres
Teſtaments und von allen Euren Sorgen be-
freyen.
Wiſſet, Belford, und laßt Euch geſagt ſeyn,
daß ich hiemit wirklich Euch und jedermann aller
Sorge und Muͤhe ihretwegen erlaſſe. Jhr letzes
Teſtament will ich ſelbſt vollziehen.
Es iſt kein Vertrag, keine Eheſtiftung zwi-
ſchen uns geweſen: und ſie iſt die meinige, wie
Jhr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/536>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.