Der sechs und siebzigste Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Uxbridge, Sonnab. den 9ten Sept.
Bruder.
Jch finde es schlechterdings für gut, daß meine allezeit werthe und geliebte Fräulein, ge- öffnet und einbalsamiret werde. Es muß also- bald geschehen - - noch diesen Nachmittag. Eu- er Bekannter, Tomkins, und der alte Anderson von hier, den ich mitbringen will, sollen die Wundärzte seyn. Jch habe mit dem letztern desfalls ge- redet.
Jch will selbst zusehen, daß alles mit dem Wohlstande, den die Sache und die geheiligte Per- son meiner Geliebten erfordert, geschehe.
Alles, was geschehen kann, die reizende Schöne vor der Verwesung zu bewahren, soll auch geschehen. Und wenn sie in ihren ersten Staub zurückfallen will, oder nicht länger gehal- ten werden kann: so will ich sie in mein Familien- grab zwischen meinem eignen Vater und Mutter gelegt haben. Jch selbst bin die Hauptperson un- ter den Leidtragenden: wie in meiner Seele, also auch in meiner Person. Allein ihr Herz, auf welches ich so unstreitige Ansprüche habe, an wel-
chem
Siebenter Theil. L l
Der ſechs und ſiebzigſte Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Uxbridge, Sonnab. den 9ten Sept.
Bruder.
Jch finde es ſchlechterdings fuͤr gut, daß meine allezeit werthe und geliebte Fraͤulein, ge- oͤffnet und einbalſamiret werde. Es muß alſo- bald geſchehen ‒ ‒ noch dieſen Nachmittag. Eu- er Bekannter, Tomkins, und der alte Anderſon von hier, den ich mitbringen will, ſollen die Wundaͤrzte ſeyn. Jch habe mit dem letztern desfalls ge- redet.
Jch will ſelbſt zuſehen, daß alles mit dem Wohlſtande, den die Sache und die geheiligte Per- ſon meiner Geliebten erfordert, geſchehe.
Alles, was geſchehen kann, die reizende Schoͤne vor der Verweſung zu bewahren, ſoll auch geſchehen. Und wenn ſie in ihren erſten Staub zuruͤckfallen will, oder nicht laͤnger gehal- ten werden kann: ſo will ich ſie in mein Familien- grab zwiſchen meinem eignen Vater und Mutter gelegt haben. Jch ſelbſt bin die Hauptperſon un- ter den Leidtragenden: wie in meiner Seele, alſo auch in meiner Perſon. Allein ihr Herz, auf welches ich ſo unſtreitige Anſpruͤche habe, an wel-
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Siebenter Theil. L l
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Der ſechs und ſiebzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Uxbridge, Sonnab. den 9ten Sept.
Bruder.
Jch finde es ſchlechterdings fuͤr gut, daß meine
allezeit werthe und geliebte Fraͤulein, ge-
oͤffnet und einbalſamiret werde. Es muß alſo-
bald geſchehen ‒ ‒ noch dieſen Nachmittag. Eu-
er Bekannter, Tomkins, und der alte Anderſon von
hier, den ich mitbringen will, ſollen die Wundaͤrzte
ſeyn. Jch habe mit dem letztern desfalls ge-
redet.
Jch will ſelbſt zuſehen, daß alles mit dem
Wohlſtande, den die Sache und die geheiligte Per-
ſon meiner Geliebten erfordert, geſchehe.
Alles, was geſchehen kann, die reizende
Schoͤne vor der Verweſung zu bewahren, ſoll
auch geſchehen. Und wenn ſie in ihren erſten
Staub zuruͤckfallen will, oder nicht laͤnger gehal-
ten werden kann: ſo will ich ſie in mein Familien-
grab zwiſchen meinem eignen Vater und Mutter
gelegt haben. Jch ſelbſt bin die Hauptperſon un-
ter den Leidtragenden: wie in meiner Seele, alſo
auch in meiner Perſon. Allein ihr Herz, auf
welches ich ſo unſtreitige Anſpruͤche habe, an wel-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/535>, abgerufen am 22.11.2024.
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