"Kinde zu beweinen; und daß sie in kurzem, wenn "meine Geschichte völlig bekannt wird, den Trost "haben werden, zu erfahren, daß mein Leiden "mehr zu meiner Ehre, als zu meiner Schande "ausschlagen werde.
"Diese Betrachtungen werden, wie ich hoffe, "ihren zeitlichen Verlust eines Kindes unter "dreyen, das noch dazu in so unglückliche Um- "stände gerathen war, zu einer Sache machen, "bey der sie mehr Ursache haben sich zu trösten, "als sich zu betrüben: und das um so viel mehr, "da wir die Hoffnung haben können, dereinst wie- "der zusammen zu kommen, daß uns weder Zei- "ten noch Beleidigungen zu trennen vermögend "seyn werden.
Sie beschließet diesen Brief mit einer Anrede an ihre Base Dörtchen Hervey, die sie ihre lieb- reiche Base nennet: und erinnert sich mit Dank- barkeit des Antheils, das sie an ihrer Trübsal ge- nommen. - - "O meine wertheste Base! lassen "Sie Jhr Herz gegen diese Teuschereyen, die "meiner zeitlichen Glückseligkeit zum Verderben "ausgeschlagen sind, auf der Huth seyn! - - "Das Mittleiden, welches Sie gegen mich bewie- "sen haben, zeigt eine sanfte Natur an, die Sie "vielleicht Unglücksfällen unterwerfen kann, wo "Sie Jhrem Auge erlauben, Jhren Verstand zu "verleiten - - Allein eine genaue Beobachtung "Jhrer kindlichen Pflicht, und die Befehle einer "so klugen Mutter, als Sie das Glück haben zu "verehren, wird, sonderlich da sie durch ein so be-
"trübtes
„Kinde zu beweinen; und daß ſie in kurzem, wenn „meine Geſchichte voͤllig bekannt wird, den Troſt „haben werden, zu erfahren, daß mein Leiden „mehr zu meiner Ehre, als zu meiner Schande „ausſchlagen werde.
„Dieſe Betrachtungen werden, wie ich hoffe, „ihren zeitlichen Verluſt eines Kindes unter „dreyen, das noch dazu in ſo ungluͤckliche Um- „ſtaͤnde gerathen war, zu einer Sache machen, „bey der ſie mehr Urſache haben ſich zu troͤſten, „als ſich zu betruͤben: und das um ſo viel mehr, „da wir die Hoffnung haben koͤnnen, dereinſt wie- „der zuſammen zu kommen, daß uns weder Zei- „ten noch Beleidigungen zu trennen vermoͤgend „ſeyn werden.
Sie beſchließet dieſen Brief mit einer Anrede an ihre Baſe Doͤrtchen Hervey, die ſie ihre lieb- reiche Baſe nennet: und erinnert ſich mit Dank- barkeit des Antheils, das ſie an ihrer Truͤbſal ge- nommen. ‒ ‒ „O meine wertheſte Baſe! laſſen „Sie Jhr Herz gegen dieſe Teuſchereyen, die „meiner zeitlichen Gluͤckſeligkeit zum Verderben „ausgeſchlagen ſind, auf der Huth ſeyn! ‒ ‒ „Das Mittleiden, welches Sie gegen mich bewie- „ſen haben, zeigt eine ſanfte Natur an, die Sie „vielleicht Ungluͤcksfaͤllen unterwerfen kann, wo „Sie Jhrem Auge erlauben, Jhren Verſtand zu „verleiten ‒ ‒ Allein eine genaue Beobachtung „Jhrer kindlichen Pflicht, und die Befehle einer „ſo klugen Mutter, als Sie das Gluͤck haben zu „verehren, wird, ſonderlich da ſie durch ein ſo be-
„truͤbtes
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[507/0513]
„Kinde zu beweinen; und daß ſie in kurzem, wenn
„meine Geſchichte voͤllig bekannt wird, den Troſt
„haben werden, zu erfahren, daß mein Leiden
„mehr zu meiner Ehre, als zu meiner Schande
„ausſchlagen werde.
„Dieſe Betrachtungen werden, wie ich hoffe,
„ihren zeitlichen Verluſt eines Kindes unter
„dreyen, das noch dazu in ſo ungluͤckliche Um-
„ſtaͤnde gerathen war, zu einer Sache machen,
„bey der ſie mehr Urſache haben ſich zu troͤſten,
„als ſich zu betruͤben: und das um ſo viel mehr,
„da wir die Hoffnung haben koͤnnen, dereinſt wie-
„der zuſammen zu kommen, daß uns weder Zei-
„ten noch Beleidigungen zu trennen vermoͤgend
„ſeyn werden.
Sie beſchließet dieſen Brief mit einer Anrede
an ihre Baſe Doͤrtchen Hervey, die ſie ihre lieb-
reiche Baſe nennet: und erinnert ſich mit Dank-
barkeit des Antheils, das ſie an ihrer Truͤbſal ge-
nommen. ‒ ‒ „O meine wertheſte Baſe! laſſen
„Sie Jhr Herz gegen dieſe Teuſchereyen, die
„meiner zeitlichen Gluͤckſeligkeit zum Verderben
„ausgeſchlagen ſind, auf der Huth ſeyn! ‒ ‒
„Das Mittleiden, welches Sie gegen mich bewie-
„ſen haben, zeigt eine ſanfte Natur an, die Sie
„vielleicht Ungluͤcksfaͤllen unterwerfen kann, wo
„Sie Jhrem Auge erlauben, Jhren Verſtand zu
„verleiten ‒ ‒ Allein eine genaue Beobachtung
„Jhrer kindlichen Pflicht, und die Befehle einer
„ſo klugen Mutter, als Sie das Gluͤck haben zu
„verehren, wird, ſonderlich da ſie durch ein ſo be-
„truͤbtes
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/513>, abgerufen am 22.11.2024.
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