Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



gestüme Hitze bey Euch eine Erniedrigung zuwe-
ge gebracht? - - Eine nur allzu natürliche
Folge.

Erlaubet mir also, werther Bruder, daß ich
Euch vor einer aufwallenden Hitze, und einer unge-
stümen Heftigkeit, so bald sie erreget wird; sie ist
aber bey Euch so leicht zu erregen; warne: vor
einer Heftigkeit, die Euch in unerwartete Schwie-
rigkeiten stürzen kann, und wobey es eine Sünde
ist, wenn man sie nicht zu bändigen suchet. Gott
verleihe Euch, um Eurer eignen so wohl gegen-
wärtigen als zukünftigen Ruhe und Wohlfarth
willen, das Vermögen, es zu thun! Er verleihe
Euch dasselbe auch um Eurer Familie willen, in
welcher alle Euren Fehler einsehen, aber zu zärt-
lich sind, gegen Euch davon zu reden.

Was mich betrifft, mein lieber Bruder: so
ist meine Strafe bequem gewesen und zu rechter
Zeit gekommen. Gott hat mir Gnade gegeben,
mir mein Leiden gehörig zu Nutze zu machen. Jch
habe beyzeiten Reue empfunden. Jch habe den
Menschen niemals halb so sehr geliebet, als ich
seine Handlungen hassete, so bald ich sahe, was er
zu thun im Stande wäre. Jch überließ mein
ganzes Herz einer bessern Hoffnung. Gott segne-
te meine Buße und mein Vertrauen auf Jhn:
und nun unterstehe ich mich zu sagen, ich bin
glücklich.

Der Himmel erhalte Euch in Wohlergehen,
Gesundheit und Ehre, und verlängere Eure Tage
zu einem Troste und zu einer Stütze für Eure ge-

ehrteste
J i 2



geſtuͤme Hitze bey Euch eine Erniedrigung zuwe-
ge gebracht? ‒ ‒ Eine nur allzu natuͤrliche
Folge.

Erlaubet mir alſo, werther Bruder, daß ich
Euch vor einer aufwallenden Hitze, und einer unge-
ſtuͤmen Heftigkeit, ſo bald ſie erreget wird; ſie iſt
aber bey Euch ſo leicht zu erregen; warne: vor
einer Heftigkeit, die Euch in unerwartete Schwie-
rigkeiten ſtuͤrzen kann, und wobey es eine Suͤnde
iſt, wenn man ſie nicht zu baͤndigen ſuchet. Gott
verleihe Euch, um Eurer eignen ſo wohl gegen-
waͤrtigen als zukuͤnftigen Ruhe und Wohlfarth
willen, das Vermoͤgen, es zu thun! Er verleihe
Euch daſſelbe auch um Eurer Familie willen, in
welcher alle Euren Fehler einſehen, aber zu zaͤrt-
lich ſind, gegen Euch davon zu reden.

Was mich betrifft, mein lieber Bruder: ſo
iſt meine Strafe bequem geweſen und zu rechter
Zeit gekommen. Gott hat mir Gnade gegeben,
mir mein Leiden gehoͤrig zu Nutze zu machen. Jch
habe beyzeiten Reue empfunden. Jch habe den
Menſchen niemals halb ſo ſehr geliebet, als ich
ſeine Handlungen haſſete, ſo bald ich ſahe, was er
zu thun im Stande waͤre. Jch uͤberließ mein
ganzes Herz einer beſſern Hoffnung. Gott ſegne-
te meine Buße und mein Vertrauen auf Jhn:
und nun unterſtehe ich mich zu ſagen, ich bin
gluͤcklich.

Der Himmel erhalte Euch in Wohlergehen,
Geſundheit und Ehre, und verlaͤngere Eure Tage
zu einem Troſte und zu einer Stuͤtze fuͤr Eure ge-

ehrteſte
J i 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0505" n="499"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ge&#x017F;tu&#x0364;me Hitze bey Euch eine Erniedrigung zuwe-<lb/>
ge gebracht? &#x2012; &#x2012; Eine nur allzu natu&#x0364;rliche<lb/>
Folge.</p><lb/>
          <p>Erlaubet mir al&#x017F;o, werther Bruder, daß ich<lb/>
Euch vor einer aufwallenden Hitze, und einer unge-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;men Heftigkeit, &#x017F;o bald &#x017F;ie erreget wird; &#x017F;ie i&#x017F;t<lb/>
aber bey Euch &#x017F;o <hi rendition="#fr">leicht</hi> zu erregen; warne: vor<lb/>
einer Heftigkeit, die Euch in unerwartete Schwie-<lb/>
rigkeiten &#x017F;tu&#x0364;rzen kann, und wobey es eine Su&#x0364;nde<lb/>
i&#x017F;t, wenn man &#x017F;ie nicht zu ba&#x0364;ndigen &#x017F;uchet. Gott<lb/>
verleihe Euch, um Eurer eignen &#x017F;o wohl gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtigen als zuku&#x0364;nftigen Ruhe und Wohlfarth<lb/>
willen, das Vermo&#x0364;gen, es zu thun! Er verleihe<lb/>
Euch da&#x017F;&#x017F;elbe auch um Eurer Familie willen, in<lb/>
welcher alle Euren Fehler ein&#x017F;ehen, aber zu za&#x0364;rt-<lb/>
lich &#x017F;ind, gegen Euch davon zu reden.</p><lb/>
          <p>Was mich betrifft, mein lieber Bruder: &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t meine Strafe bequem gewe&#x017F;en und zu rechter<lb/>
Zeit gekommen. Gott hat mir Gnade gegeben,<lb/>
mir mein Leiden geho&#x0364;rig zu Nutze zu machen. Jch<lb/>
habe beyzeiten Reue empfunden. Jch habe den<lb/>
Men&#x017F;chen niemals halb &#x017F;o &#x017F;ehr geliebet, als ich<lb/>
&#x017F;eine Handlungen ha&#x017F;&#x017F;ete, &#x017F;o bald ich &#x017F;ahe, was er<lb/>
zu thun im Stande wa&#x0364;re. Jch u&#x0364;berließ mein<lb/>
ganzes <hi rendition="#fr">Herz</hi> einer be&#x017F;&#x017F;ern Hoffnung. Gott &#x017F;egne-<lb/>
te meine Buße und mein Vertrauen auf Jhn:<lb/>
und nun unter&#x017F;tehe ich mich zu &#x017F;agen, <hi rendition="#fr">ich bin<lb/>
glu&#x0364;cklich.</hi></p><lb/>
          <p>Der Himmel erhalte Euch in Wohlergehen,<lb/>
Ge&#x017F;undheit und Ehre, und verla&#x0364;ngere Eure Tage<lb/>
zu einem Tro&#x017F;te und zu einer Stu&#x0364;tze fu&#x0364;r Eure ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J i 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ehrte&#x017F;te</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[499/0505] geſtuͤme Hitze bey Euch eine Erniedrigung zuwe- ge gebracht? ‒ ‒ Eine nur allzu natuͤrliche Folge. Erlaubet mir alſo, werther Bruder, daß ich Euch vor einer aufwallenden Hitze, und einer unge- ſtuͤmen Heftigkeit, ſo bald ſie erreget wird; ſie iſt aber bey Euch ſo leicht zu erregen; warne: vor einer Heftigkeit, die Euch in unerwartete Schwie- rigkeiten ſtuͤrzen kann, und wobey es eine Suͤnde iſt, wenn man ſie nicht zu baͤndigen ſuchet. Gott verleihe Euch, um Eurer eignen ſo wohl gegen- waͤrtigen als zukuͤnftigen Ruhe und Wohlfarth willen, das Vermoͤgen, es zu thun! Er verleihe Euch daſſelbe auch um Eurer Familie willen, in welcher alle Euren Fehler einſehen, aber zu zaͤrt- lich ſind, gegen Euch davon zu reden. Was mich betrifft, mein lieber Bruder: ſo iſt meine Strafe bequem geweſen und zu rechter Zeit gekommen. Gott hat mir Gnade gegeben, mir mein Leiden gehoͤrig zu Nutze zu machen. Jch habe beyzeiten Reue empfunden. Jch habe den Menſchen niemals halb ſo ſehr geliebet, als ich ſeine Handlungen haſſete, ſo bald ich ſahe, was er zu thun im Stande waͤre. Jch uͤberließ mein ganzes Herz einer beſſern Hoffnung. Gott ſegne- te meine Buße und mein Vertrauen auf Jhn: und nun unterſtehe ich mich zu ſagen, ich bin gluͤcklich. Der Himmel erhalte Euch in Wohlergehen, Geſundheit und Ehre, und verlaͤngere Eure Tage zu einem Troſte und zu einer Stuͤtze fuͤr Eure ge- ehrteſte J i 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/505
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/505>, abgerufen am 22.11.2024.