schlecht befinden; und es ist uns leid, daß die Sa- chen so weit gerathen sind.
Wir kennen Jhre Gaben, meine Wertheste, und wissen, wie rührend Sie schreiben konnten, so oft es Jhnen beliebte; so daß Jhnen niemand je- mals etwas abschlagen konnte: und da wir glaub- ten, daß Sie sich auf Jhre Feder verließen, und uns gar nicht in den Sinn kam, daß es so schlecht mit Jhnen wäre, und daß Sie ein so ordentliches Leben geführet hätten, und so wahre Reue empfän- den; so sind wir, ein jeder von uns, Jhr Bruder und alle, sehr darum bekümmert, daß wir so stren- ge gewesen sind. Vergeben Sie mir mein An- theil daran, meine liebste Clärchen. Jch bin Jhr anderer Vater, das wissen Sie: und Sie pflegten mich zu lieben.
Jch hoffe, Sie werden bald im Stande seyn herunterzukommen, und werden nach einiger Zeit, wenn Jhre gütigen Eltern sich Jhrer entbrechen können, auf einen ganzen Monat zu mir kommen, und mein Herz vergnügen, wie Sie zu thun pflegten. Wo Sie aber, Krankheit wegen, nicht so bald herunter kommen können, als wir wünschen: so will ich zu Jhnen hinaufreisen; denn mich verlangt, Sie zu sehen. Mich hat in mei- nem Leben niemals mehr verlanget, Sie zu sehen: und Sie haben mir doch allezeit am Herzen gelegen.
Mein Bruder Anton verlangt, daß ich seine herzliche Empfehlung an Sie mache, und giebt einmüthig mit mir die zärtlichste Versicherung,
daß
ſchlecht befinden; und es iſt uns leid, daß die Sa- chen ſo weit gerathen ſind.
Wir kennen Jhre Gaben, meine Wertheſte, und wiſſen, wie ruͤhrend Sie ſchreiben konnten, ſo oft es Jhnen beliebte; ſo daß Jhnen niemand je- mals etwas abſchlagen konnte: und da wir glaub- ten, daß Sie ſich auf Jhre Feder verließen, und uns gar nicht in den Sinn kam, daß es ſo ſchlecht mit Jhnen waͤre, und daß Sie ein ſo ordentliches Leben gefuͤhret haͤtten, und ſo wahre Reue empfaͤn- den; ſo ſind wir, ein jeder von uns, Jhr Bruder und alle, ſehr darum bekuͤmmert, daß wir ſo ſtren- ge geweſen ſind. Vergeben Sie mir mein An- theil daran, meine liebſte Claͤrchen. Jch bin Jhr anderer Vater, das wiſſen Sie: und Sie pflegten mich zu lieben.
Jch hoffe, Sie werden bald im Stande ſeyn herunterzukommen, und werden nach einiger Zeit, wenn Jhre guͤtigen Eltern ſich Jhrer entbrechen koͤnnen, auf einen ganzen Monat zu mir kommen, und mein Herz vergnuͤgen, wie Sie zu thun pflegten. Wo Sie aber, Krankheit wegen, nicht ſo bald herunter kommen koͤnnen, als wir wuͤnſchen: ſo will ich zu Jhnen hinaufreiſen; denn mich verlangt, Sie zu ſehen. Mich hat in mei- nem Leben niemals mehr verlanget, Sie zu ſehen: und Sie haben mir doch allezeit am Herzen gelegen.
Mein Bruder Anton verlangt, daß ich ſeine herzliche Empfehlung an Sie mache, und giebt einmuͤthig mit mir die zaͤrtlichſte Verſicherung,
daß
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ſchlecht befinden; und es iſt uns leid, daß die Sa-
chen ſo weit gerathen ſind.
Wir kennen Jhre Gaben, meine Wertheſte,
und wiſſen, wie ruͤhrend Sie ſchreiben konnten, ſo
oft es Jhnen beliebte; ſo daß Jhnen niemand je-
mals etwas abſchlagen konnte: und da wir glaub-
ten, daß Sie ſich auf Jhre Feder verließen, und
uns gar nicht in den Sinn kam, daß es ſo ſchlecht
mit Jhnen waͤre, und daß Sie ein ſo ordentliches
Leben gefuͤhret haͤtten, und ſo wahre Reue empfaͤn-
den; ſo ſind wir, ein jeder von uns, Jhr Bruder
und alle, ſehr darum bekuͤmmert, daß wir ſo ſtren-
ge geweſen ſind. Vergeben Sie mir mein An-
theil daran, meine liebſte Claͤrchen. Jch bin
Jhr anderer Vater, das wiſſen Sie: und Sie
pflegten mich zu lieben.
Jch hoffe, Sie werden bald im Stande ſeyn
herunterzukommen, und werden nach einiger Zeit,
wenn Jhre guͤtigen Eltern ſich Jhrer entbrechen
koͤnnen, auf einen ganzen Monat zu mir kommen,
und mein Herz vergnuͤgen, wie Sie zu thun
pflegten. Wo Sie aber, Krankheit wegen,
nicht ſo bald herunter kommen koͤnnen, als wir
wuͤnſchen: ſo will ich zu Jhnen hinaufreiſen; denn
mich verlangt, Sie zu ſehen. Mich hat in mei-
nem Leben niemals mehr verlanget, Sie zu ſehen:
und Sie haben mir doch allezeit am Herzen
gelegen.
Mein Bruder Anton verlangt, daß ich ſeine
herzliche Empfehlung an Sie mache, und giebt
einmuͤthig mit mir die zaͤrtlichſte Verſicherung,
daß
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/480>, abgerufen am 25.11.2024.
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