wie beglückt ich sterbe - - und daß ich wünsche, daß seine letzten Stunden eben so seyn mögen, als die meinigen.
Nun schwieg sie wieder einige Augenblicke stille: und darauf fing sie von neuem an zu reden - - Mein Gesicht verläßt mich! - - Nur allein ihre Stimmen - - denn wir rühmten beyde ihre christliche, ihre göttliche Gemüthsfas- sung, ob gleich in eben so gebrochner Sprache, als die ihrige war - - Und die Stimme der Traurig- keit ist bey allen einerley. Jst dieß nicht des Hrn. Mordens Hand? - - Dabey drückte sie eine von seinen Händen mit der ihrigen, die er eben losge- lassen hatte - - Welche ist Herrn Belfords? - - Hiemit reckte sie ihre andere Hand aus. Jch gab ihr die meinige. Gott, der Allmächtige, seg- ne sie beyde, sprach sie, und mache sie beyde - - in ihrer letzten Stunde - - denn sie müssen da- zu kommen - - - so glücklich, als ich bin.
Sie hielte wieder inne: weil ihr Athem kür- zer ward. Nach wenigen Minuten aber fuhr sie fort. Und nun, mein liebster Herr Vetter, geben sie mir ihre Hand - - näher - - noch näher - - So zog sie sie zu sich und drückte sie mit ih- ren sterbenden Lippen - - Gott erhalte sie, mein werther, werther Herr, in seinem Schutze - - Und noch einmal, nehmen sie die erkenntlichste Danksagung von mir an - - und sagen meiner lieben Fräulein Howe - - und würdigen meine rechtschaffene Fr. Norton, sie zu sehen, und ihr zu sagen - - Sie wird dereinst, ich fürchte nicht,
ob
wie begluͤckt ich ſterbe ‒ ‒ und daß ich wuͤnſche, daß ſeine letzten Stunden eben ſo ſeyn moͤgen, als die meinigen.
Nun ſchwieg ſie wieder einige Augenblicke ſtille: und darauf fing ſie von neuem an zu reden ‒ ‒ Mein Geſicht verlaͤßt mich! ‒ ‒ Nur allein ihre Stimmen ‒ ‒ denn wir ruͤhmten beyde ihre chriſtliche, ihre goͤttliche Gemuͤthsfaſ- ſung, ob gleich in eben ſo gebrochner Sprache, als die ihrige war ‒ ‒ Und die Stimme der Traurig- keit iſt bey allen einerley. Jſt dieß nicht des Hrn. Mordens Hand? ‒ ‒ Dabey druͤckte ſie eine von ſeinen Haͤnden mit der ihrigen, die er eben losge- laſſen hatte ‒ ‒ Welche iſt Herrn Belfords? ‒ ‒ Hiemit reckte ſie ihre andere Hand aus. Jch gab ihr die meinige. Gott, der Allmaͤchtige, ſeg- ne ſie beyde, ſprach ſie, und mache ſie beyde ‒ ‒ in ihrer letzten Stunde ‒ ‒ denn ſie muͤſſen da- zu kommen ‒ ‒ ‒ ſo gluͤcklich, als ich bin.
Sie hielte wieder inne: weil ihr Athem kuͤr- zer ward. Nach wenigen Minuten aber fuhr ſie fort. Und nun, mein liebſter Herr Vetter, geben ſie mir ihre Hand ‒ ‒ naͤher ‒ ‒ noch naͤher ‒ ‒ So zog ſie ſie zu ſich und druͤckte ſie mit ih- ren ſterbenden Lippen ‒ ‒ Gott erhalte ſie, mein werther, werther Herr, in ſeinem Schutze ‒ ‒ Und noch einmal, nehmen ſie die erkenntlichſte Dankſagung von mir an ‒ ‒ und ſagen meiner lieben Fraͤulein Howe ‒ ‒ und wuͤrdigen meine rechtſchaffene Fr. Norton, ſie zu ſehen, und ihr zu ſagen ‒ ‒ Sie wird dereinſt, ich fuͤrchte nicht,
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wie begluͤckt ich ſterbe ‒ ‒ und daß ich wuͤnſche,
daß ſeine letzten Stunden eben ſo ſeyn moͤgen, als
die meinigen.
Nun ſchwieg ſie wieder einige Augenblicke
ſtille: und darauf fing ſie von neuem an zu reden
‒ ‒ Mein Geſicht verlaͤßt mich! ‒ ‒ Nur allein
ihre Stimmen ‒ ‒ denn wir ruͤhmten beyde
ihre chriſtliche, ihre goͤttliche Gemuͤthsfaſ-
ſung, ob gleich in eben ſo gebrochner Sprache, als
die ihrige war ‒ ‒ Und die Stimme der Traurig-
keit iſt bey allen einerley. Jſt dieß nicht des Hrn.
Mordens Hand? ‒ ‒ Dabey druͤckte ſie eine von
ſeinen Haͤnden mit der ihrigen, die er eben losge-
laſſen hatte ‒ ‒ Welche iſt Herrn Belfords?
‒ ‒ Hiemit reckte ſie ihre andere Hand aus. Jch
gab ihr die meinige. Gott, der Allmaͤchtige, ſeg-
ne ſie beyde, ſprach ſie, und mache ſie beyde ‒ ‒
in ihrer letzten Stunde ‒ ‒ denn ſie muͤſſen da-
zu kommen ‒ ‒ ‒ ſo gluͤcklich, als ich bin.
Sie hielte wieder inne: weil ihr Athem kuͤr-
zer ward. Nach wenigen Minuten aber fuhr ſie
fort. Und nun, mein liebſter Herr Vetter, geben
ſie mir ihre Hand ‒ ‒ naͤher ‒ ‒ noch naͤher
‒ ‒ So zog ſie ſie zu ſich und druͤckte ſie mit ih-
ren ſterbenden Lippen ‒ ‒ Gott erhalte ſie, mein
werther, werther Herr, in ſeinem Schutze ‒ ‒
Und noch einmal, nehmen ſie die erkenntlichſte
Dankſagung von mir an ‒ ‒ und ſagen meiner
lieben Fraͤulein Howe ‒ ‒ und wuͤrdigen meine
rechtſchaffene Fr. Norton, ſie zu ſehen, und ihr
zu ſagen ‒ ‒ Sie wird dereinſt, ich fuͤrchte nicht,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/466>, abgerufen am 25.11.2024.
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