Jedoch aber beredet sie mich noch, damit ich nicht unglücklich gerühret werden möchte, wenn ich meine Furcht nur allzu wohl gerechtfertigt finden sollte, die Rückkunft dieses Bothen zu erwarten, der unser geschwindestes Pferd reitet. - - Gott bringe ihn baldigst mit guten Zeitungen zurück - - Sonst - - Aber, ach! meine allerliebste, allerliebste Freundinn, was sonst! - - Nur eine Zeile von Jhrer Hand durch ihn! - - Senden Sie mir nur eine Zeile, in der Sie mir befehlen, Jhnen aufzuwarten. - - Jch will mich den Au- genblick, eben den Augenblick, da ich sie bekomme, auf den Weg machen. -- Jch bin itzo schon wirklich in Bereitschaft es zu thun! - - Und wo Sie mich so lieben, als ich Sie liebe: so wird der Anblick von mir Sie für meine Hoffnung wieder lebendig machen. Aber warum, warum bin ich nicht eher hinauf gekommen: da ich dieß denken kann?
Gnädiger Himmel! versage mir auf mein Gebeth zu einer Zeit, die so vieles für mich ent- scheiden soll, nicht meine Erinnererinn, meine Rathgeberinn.
Allein mich deucht, Jhre Schreibart und Ge- danken hangen allzu wohl zusammen, haben all- zu viel Leben und Munterkeit, daß sie zu so vieler Verzweifelung, als die wackelnde Feder zu dro- hen scheinet, Ursache geben könnten.
Es ist mir leid, daß ich nicht zu Hause gewe- sen bin; so viel muß ich noch beyfügen, ob der Bediente gleich schon zu Pferde vor der Thür ist;
als
Jedoch aber beredet ſie mich noch, damit ich nicht ungluͤcklich geruͤhret werden moͤchte, wenn ich meine Furcht nur allzu wohl gerechtfertigt finden ſollte, die Ruͤckkunft dieſes Bothen zu erwarten, der unſer geſchwindeſtes Pferd reitet. ‒ ‒ Gott bringe ihn baldigſt mit guten Zeitungen zuruͤck ‒ ‒ Sonſt ‒ ‒ Aber, ach! meine allerliebſte, allerliebſte Freundinn, was ſonſt! ‒ ‒ Nur eine Zeile von Jhrer Hand durch ihn! ‒ ‒ Senden Sie mir nur eine Zeile, in der Sie mir befehlen, Jhnen aufzuwarten. ‒ ‒ Jch will mich den Au- genblick, eben den Augenblick, da ich ſie bekomme, auf den Weg machen. ‒‒ Jch bin itzo ſchon wirklich in Bereitſchaft es zu thun! ‒ ‒ Und wo Sie mich ſo lieben, als ich Sie liebe: ſo wird der Anblick von mir Sie fuͤr meine Hoffnung wieder lebendig machen. Aber warum, warum bin ich nicht eher hinauf gekommen: da ich dieß denken kann?
Gnaͤdiger Himmel! verſage mir auf mein Gebeth zu einer Zeit, die ſo vieles fuͤr mich ent- ſcheiden ſoll, nicht meine Erinnererinn, meine Rathgeberinn.
Allein mich deucht, Jhre Schreibart und Ge- danken hangen allzu wohl zuſammen, haben all- zu viel Leben und Munterkeit, daß ſie zu ſo vieler Verzweifelung, als die wackelnde Feder zu dro- hen ſcheinet, Urſache geben koͤnnten.
Es iſt mir leid, daß ich nicht zu Hauſe gewe- ſen bin; ſo viel muß ich noch beyfuͤgen, ob der Bediente gleich ſchon zu Pferde vor der Thuͤr iſt;
als
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Jedoch aber beredet ſie mich noch, damit ich
nicht ungluͤcklich geruͤhret werden moͤchte, wenn ich
meine Furcht nur allzu wohl gerechtfertigt finden
ſollte, die Ruͤckkunft dieſes Bothen zu erwarten,
der unſer geſchwindeſtes Pferd reitet. ‒ ‒ Gott
bringe ihn baldigſt mit guten Zeitungen zuruͤck
‒ ‒ Sonſt ‒ ‒ Aber, ach! meine allerliebſte,
allerliebſte Freundinn, was ſonſt! ‒ ‒ Nur eine
Zeile von Jhrer Hand durch ihn! ‒ ‒ Senden
Sie mir nur eine Zeile, in der Sie mir befehlen,
Jhnen aufzuwarten. ‒ ‒ Jch will mich den Au-
genblick, eben den Augenblick, da ich ſie bekomme,
auf den Weg machen. ‒‒ Jch bin itzo ſchon wirklich
in Bereitſchaft es zu thun! ‒ ‒ Und wo Sie mich
ſo lieben, als ich Sie liebe: ſo wird der Anblick
von mir Sie fuͤr meine Hoffnung wieder lebendig
machen. Aber warum, warum bin ich nicht
eher hinauf gekommen: da ich dieß denken
kann?
Gnaͤdiger Himmel! verſage mir auf mein
Gebeth zu einer Zeit, die ſo vieles fuͤr mich ent-
ſcheiden ſoll, nicht meine Erinnererinn, meine
Rathgeberinn.
Allein mich deucht, Jhre Schreibart und Ge-
danken hangen allzu wohl zuſammen, haben all-
zu viel Leben und Munterkeit, daß ſie zu ſo vieler
Verzweifelung, als die wackelnde Feder zu dro-
hen ſcheinet, Urſache geben koͤnnten.
Es iſt mir leid, daß ich nicht zu Hauſe gewe-
ſen bin; ſo viel muß ich noch beyfuͤgen, ob der
Bediente gleich ſchon zu Pferde vor der Thuͤr iſt;
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/421>, abgerufen am 22.11.2024.
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