die triumphirende Bezwingerinn! Sie ist allezeit über mich erhaben gewesen! - - Und soll sie mich nun so unendlich weit unter sich zurücklassen!
Heyrathen, und dadurch alles wieder gut machen, bleibt allezeit frey. Dieß war Vorstellung, wodurch ich Nichtswürdiger mich bey mir selbst rechtfertigte. Jch suchte ihr eine erniedrigende Empfindlichkeit beyzubringen. Jch suchte sie von den Sternen, mit welchen ihr strah- lendes Haupt umgeben war, herunterzuziehen, da- mit meine Gattinn, die so weit über mich erhaben wäre, mich nicht allzu sehr verachten möchte - - Dieß war ein Stück von meinem kriechenden Nei- de, der sich von meiner noch mehr kriechenden Furcht, geringer zu seyn, herschrieb - - Dennoch behauptet sie von Schritt zu Schritt, von einem Unglück zu dem andern, ihren Vorzug, der sie über mich erhebet, und bricht, wie die Sonne, mit desto größerem Schein auf mich hervor, weil sie von denen Wolken bedeckt gewesen ist, welche sie auf mein Anstiften umzogen haben - - Und nun will sie mir so entgehen! - - So, daß mir keine Möglichkeit übrig gelassen wird, das Böse, welches ich ihr zugefüget habe, wieder gut zu machen! - - Keine Erleichterung für die Vorwürfe, welche ich mir selbst machen muß! - - Keine Gelegenheit, den Tadel mit ihr zu theilen! - -
Sage ihr, o! sage ihr, Belford, daß ihre Gebethe und Wünsche, ihre ausbündig großmü- thige Gebethe und Wünsche nicht vergebens seyn sollen: daß ich Reue fühlen kann und wirklich
fühle
die triumphirende Bezwingerinn! Sie iſt allezeit uͤber mich erhaben geweſen! ‒ ‒ Und ſoll ſie mich nun ſo unendlich weit unter ſich zuruͤcklaſſen!
Heyrathen, und dadurch alles wieder gut machen, bleibt allezeit frey. Dieß war Vorſtellung, wodurch ich Nichtswuͤrdiger mich bey mir ſelbſt rechtfertigte. Jch ſuchte ihr eine erniedrigende Empfindlichkeit beyzubringen. Jch ſuchte ſie von den Sternen, mit welchen ihr ſtrah- lendes Haupt umgeben war, herunterzuziehen, da- mit meine Gattinn, die ſo weit uͤber mich erhaben waͤre, mich nicht allzu ſehr verachten moͤchte ‒ ‒ Dieß war ein Stuͤck von meinem kriechenden Nei- de, der ſich von meiner noch mehr kriechenden Furcht, geringer zu ſeyn, herſchrieb ‒ ‒ Dennoch behauptet ſie von Schritt zu Schritt, von einem Ungluͤck zu dem andern, ihren Vorzug, der ſie uͤber mich erhebet, und bricht, wie die Sonne, mit deſto groͤßerem Schein auf mich hervor, weil ſie von denen Wolken bedeckt geweſen iſt, welche ſie auf mein Anſtiften umzogen haben ‒ ‒ Und nun will ſie mir ſo entgehen! ‒ ‒ So, daß mir keine Moͤglichkeit uͤbrig gelaſſen wird, das Boͤſe, welches ich ihr zugefuͤget habe, wieder gut zu machen! ‒ ‒ Keine Erleichterung fuͤr die Vorwuͤrfe, welche ich mir ſelbſt machen muß! ‒ ‒ Keine Gelegenheit, den Tadel mit ihr zu theilen! ‒ ‒
Sage ihr, o! ſage ihr, Belford, daß ihre Gebethe und Wuͤnſche, ihre ausbuͤndig großmuͤ- thige Gebethe und Wuͤnſche nicht vergebens ſeyn ſollen: daß ich Reue fuͤhlen kann und wirklich
fuͤhle
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die triumphirende Bezwingerinn! Sie iſt allezeit
uͤber mich erhaben geweſen! ‒ ‒ Und ſoll ſie mich
nun ſo unendlich weit unter ſich zuruͤcklaſſen!
Heyrathen, und dadurch alles wieder
gut machen, bleibt allezeit frey. Dieß war
Vorſtellung, wodurch ich Nichtswuͤrdiger mich
bey mir ſelbſt rechtfertigte. Jch ſuchte ihr eine
erniedrigende Empfindlichkeit beyzubringen. Jch
ſuchte ſie von den Sternen, mit welchen ihr ſtrah-
lendes Haupt umgeben war, herunterzuziehen, da-
mit meine Gattinn, die ſo weit uͤber mich erhaben
waͤre, mich nicht allzu ſehr verachten moͤchte ‒ ‒
Dieß war ein Stuͤck von meinem kriechenden Nei-
de, der ſich von meiner noch mehr kriechenden
Furcht, geringer zu ſeyn, herſchrieb ‒ ‒ Dennoch
behauptet ſie von Schritt zu Schritt, von einem
Ungluͤck zu dem andern, ihren Vorzug, der ſie
uͤber mich erhebet, und bricht, wie die Sonne, mit
deſto groͤßerem Schein auf mich hervor, weil ſie
von denen Wolken bedeckt geweſen iſt, welche ſie
auf mein Anſtiften umzogen haben ‒ ‒ Und nun
will ſie mir ſo entgehen! ‒ ‒ So, daß mir keine
Moͤglichkeit uͤbrig gelaſſen wird, das Boͤſe, welches
ich ihr zugefuͤget habe, wieder gut zu machen! ‒ ‒
Keine Erleichterung fuͤr die Vorwuͤrfe, welche ich
mir ſelbſt machen muß! ‒ ‒ Keine Gelegenheit,
den Tadel mit ihr zu theilen! ‒ ‒
Sage ihr, o! ſage ihr, Belford, daß ihre
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thige Gebethe und Wuͤnſche nicht vergebens ſeyn
ſollen: daß ich Reue fuͤhlen kann und wirklich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/408>, abgerufen am 22.11.2024.
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